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Standpunkte Offene Verwaltungsdaten: Qualität rechnet sich

Christian Rupp, CIO MACH AG
Christian Rupp, CIO MACH AG Foto: A. Leisner/digilabs20

Offene Daten sind keine Last für die Verwaltung, sondern generieren Mehrwert und sparen im besten Fall sogar Kosten. Man müsse von einer Strategie in die Umsetzung kommen, sagt Christian Rupp von der MACH AG. Viele Best-Practice-Beispiele aus Österreich und Deutschland würden den Weg weisen.

von Christian Rupp

veröffentlicht am 17.01.2020

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Offene Daten finden wir heutzutage bereits in vielen beliebten Anwendungen, wie Geo- oder Verkehrsdaten in Routenplanern oder CO2-Daten in Umweltapplikationen. In Zeiten der Digitalisierung sind offene Daten eine wichtige Schlüsselressource. Häufig angeführte Vorteile sind neben Transparenz und der Förderung von Beteiligungsprozessen die Schaffung eines ökonomischen und gesellschaftlichen Mehrwertes.

Die öffentliche Verwaltung erhebt tagtäglich eine Vielzahl von Daten. Offene Verwaltungsdaten (Open Government Data – OGD) sind nicht-personenbezogene Daten, die von öffentlichen Stellen gesammelt, erstellt oder bezahlt wurden. Die Daten stehen der Allgemeinheit kostenlos (abhängig vom Lizenzmodell) zur freien Nutzung, Weiterverarbeitung oder Verbreitung zur Verfügung, um Transparenz und Teilhabe bei der Datennutzung zu ermöglichen. Sind die Daten sogar in maschinenlesbarer Form verfügbar, kann eine umso höhere Wertschöpfung erfolgen.

OGD ist die Grundlage für Open Government, welches eine umfassende Neugestaltung von Politik- und Verwaltungshandeln im Sinne eines modernen Public Managements beziehungsweise von Public Governance darstellt. Es gibt aber auch Open Data aus nicht-staatlichen Quellen wie NGOs, Zivilgesellschaft oder Privatunternehmen. Der Begriff Shared Data steht für die gemeinsame Datennutzung zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor.

Seit 2015 bewertet die Europäische Kommission jährlich den Open-Data-Reifegrad der EU-Mitgliedstaaten. Irland, Frankreich und Spanien gelten als „Trend-Setter“. Hingegen sind Österreich und Deutschland, noch vor kurzem „OGD Fast-Tracker“, mittlerweile nur mehr „Follower“. Im Global Open Data Index liegt übrigens Taiwan überlegen an der Spitze von 94 Staaten. 

OGD als neuen „Rohstoff“ hat auch die EU für sich erkannt. Die überarbeitete EU Public-Sector-Information-Richtlinie (PSI-RL EU 2019/1024) zur Förderung unionsweiter Informationsdienstleistungen und eines einheitlichen Informationsmarkts beziehungsweise die Weiterverwendung von Informationen des öffentlichen Sektors trat am 16.07.2019 in Kraft. Die Umsetzungsfrist von zwei Jahren endet am 17.07.2021. Die bestehenden Regeln und Pflichten zur Datenweitergabe wurden auch auf öffentliche Unternehmen erweitert und die EU-Kommission zusätzlich ermächtigt, „hochwertige Datensätze“ (HD) zu definieren.

Dokumente allein sind zu wenig, es geht um die Daten dahinter

Ein Beispiel: 2017 wurden in einem Open-Data-Tauglichkeits-Screening verfügbarer Datenbestände in Österreich auf Bundesebene 700 Datensätze erfasst, welche zu 60 Prozent sofort ohne weiteren Aufwand als OGD veröffentlicht werden könnten. Bei nur 40 Prozent wären weitere Analysen vor Veröffentlichung zur Nutzung erforderlich.

Zudem wurde bei dem Screening aufgezeigt, dass ein Großteil der Daten in Form von Berichten schon veröffentlicht ist – zum Beispiel auf Webseiten der Ministerien in PDF-Dokumenten (nicht maschinenlesbar). Es geht allerdings bei OGD vielmehr um die den Berichten zugrundeliegenden Daten, welche in einem gemeinsamen Portal in einheitlichen Formaten abrufbar sind. Österreich wurde zum Beispiel bereits 2014 für sein data.gv.at Portal mit dem UN Public Service Award ausgezeichnet. Als Input für das Screening diente das bewährte Open-Government-Vorgehensmodell des österreichischen Zentrums für Verwaltungsforschung (KDZ).

Das „Cooperation OGD Österreich“ Modell mit rund 30.000 Datensätzen und 500 Anwendungen von über 1.000 Organisationen zeigt, dass der kontinuierliche Austausch mit den Datennutzern, Entwicklern, Journalisten, Wissenschaftlern, Bürgern, Start-ups und ziviligesellschaftlichen Organisationen die Anzahl der Anwendungen erheblich erhöht und damit auch die Nutzung. Gleiches gilt für Wettbewerbe oder Hackathons zur Bewerbung von OGD.

OGD kann sich rechnen

Die IT-Investitionen, die nötig sind, um mehr Transparenz zu schaffen, sind relativ klein. Die dadurch ausgelösten Verbesserungen können wesentlich signifikanter sein. Eine Anfrage über „FragDenStaat“ hat Anfang Dezember 2019 etwa ergeben, dass der „Kita-Navigator“ (ein Kartenanzeiger für Kita-Einrichtungen) auf berlin.de eine halbe Million Euro gekostet hat. Das Pendant in Wien, der „kigafinder.at“, hat im Vergleich dazu Null Euro für die öffentliche Hand gekostet, da offene Daten verwendet wurden. Plattformen wie offenerhaushalt.at liefern in Österreich visualisiert den Ergebnis- und Finanzierungshaushalt von Kommunen.

Das Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) hat in Deutschland die Kernelemente eines Open-Government-Data-Ökosystems mit Motivation, Bereitstellung, Nutzungsinteressen und Akzeptanz sowie dem wichtigen Punkt Kooperation folgerichtig beschrieben. Die Kritik, dass offene Daten nur selten genutzt werden, ist insofern richtig, da noch zu wenige im Umgang mit OGD geschult sind. Es reicht nicht aus, beliebige Daten unstrukturiert, veraltet, unvollständig oder uneinheitlich zu veröffentlichen. Die Lizenzfrage und der Zugriff auf gemeinsame Metadaten sind für die Nutzung essenziell. Die im österreichischen Datenportal data.gv.at eingestellten Daten sind fast zu 100 Prozent unter der Lizenz CC-BY 4.0 veröffentlicht, sprich die Daten können in jedwedem Format oder Medium vervielfältigt und weiterverbreitet sowie bearbeitet werden und zwar für beliebige Zwecke, sogar kommerziell.

Aber auch selten genutzte Daten bieten vielleicht für einige Personen einen Mehrwert. Sind diese es weniger Wert, veröffentlicht zu werden? Am Ende geht es vor allem um die Qualität der Daten, nicht um die Quantität.

OGD erhöht Transparenz und schafft Basis für Geschäftschancen

Das Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung enthielt bereits 2017 die Zielsetzung, bis Ende 2020 alle Daten der öffentlichen Verwaltung nach Möglichkeit als Open Data zur Verfügung zu stellen. Auch im österreichischen Regierungsprogramm 2020 findet sich ein wichtiger Open Data Punkt, nämlich die freie Veröffentlichung aller Routendaten der Verkehrsverbünde.

Die deutsche Bundesregierung geht sogar noch einen Schritt weiter und verspricht eine Datenstrategie zur verantwortungsvollen, effektiven und nachhaltigen Nutzung, um Innovationspotenziale zu heben. Erfolgreiche Beispiele gibt es nicht nur in Österreich. Weitere Beispiele sind das Hamburger Transparenzportal, offenewahldaten.de, die Kooperation von offenedaten.moers.de mit der dortigen Hochschule, oder die Open-Data-Dienstanweisung in Wuppertal. Das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) in Wien hat für die Bertelsmann Stiftung bereits einen Musterkatalog als Orientierungshilfe für Deutschland erstellt.

Wichtig ist, rasch von einer Strategie zur Umsetzung zu kommen und aus den bestehenden Best Practices zu lernen, um den erwarteten Mehrwert wirklich zu erzielen.

Christian Rupp war von 2003-2018 für die österreichische E-Government- und Digitalisierungsstrategie als Exekutivsekretär des Bundes und Sprecher der Plattform Digitales Österreich verantwortlich. Seit 2019 ist er als Chief Innovation Officer der MACH AG in Deutschland tätig, sowie Vorstandsmitglied des deutschen Nationalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ).

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