Alljährlich zum Safer Internet Day (SID) im Februar mehren sich Hinweise und Tipps zum sicheren Umgang im Netz – gerade für Kinder und Jugendliche. Denn digitale Medien sind ein fester Bestandteil ihres Alltags. Damit steht der SID in der gleichen Kritik wie der Muttertag: Auch hier genügt es nicht, nur an einem Tag im Jahr wertschätzend daran zu denken. Es braucht Regeln für die Mediennutzung und Strategien für den Umgang mit sensiblen Inhalten. Außerdem ist eine offene Gesellschaft dringend erforderlich, die das digitale Angebot als das begreift, was es ist: Eine Herausforderung für die Gesellschaft, damit alle gleich daran teilhaben, eigenverantwortlich mit ihren Daten umgehen und bewusste Entscheidungen treffen können.
Die Politik ist gefragt
Wer sich also über Cookie-Banner ärgert, übersieht, dass diese darauf hinweisen, dass der Betreiber die anfallenden Daten zu weit mehr Zwecken nutzen möchte, als für die Funktionalität des jeweiligen Angebotes erforderlich. Um Cookie-Banner nutzerfreundlicher zu gestalten, befasst sich die europäische Gesetzgebung unter dem Stichwort „Dark Pattern“ mit der manipulativen und irreführenden Gestaltung von Einwilligungen und Entscheidungen. Mit dem Digital Service Act sollen diese Manipulationsmechanismen durch die Regulierung von Plattformen unterbunden werden. Eine Thematik, mit der sich bereits die europäischen Datenschutzaufsichten hinsichtlich der Gestaltung von Einwilligungen beschäftigen.
Doch erscheinen hier die Aktivitäten der Politik halbherzig, wenn wie im Datenschutzbereich eine adäquate personelle Verstärkung der Datenschutzaufsichten ausbleibt. Diese können derzeit ohne entsprechende Ausstattungen gesetzliche Anforderungen an die Webseitengestaltung weder bei Angeboten an Erwachsene aber gerade auch bei der Nutzung von Online-Angeboten durch Kinder kaum durchsetzen. Sind wir als Gesellschaft nicht bereit diese Aufsichten angemessen auszustatten, sollten wir uns eingestehen, dass uns der Schutz, den das Gesetz bieten sollte, nicht wichtig genug ist. Politische Vorhaben dazu helfen wenig, wenn die erforderliche Aufstockung des benötigten Personals bei Aufsichtsbehörden dennoch unterbleibt.
Doch nicht nur die Aufsicht über datenschutzkonforme Webseiten sind wichtig für den Schutz der Daten von Kindern und Jugendlichen. Eine konsequente Anpassung des Lehrplans, Investitionen in digitale Ausstattungen und Kenntnisse der Lehrkräfte sind weitere flankierende Maßnahmen, die die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte ausgleichen müssen.
Auch jede:r Einzelne muss handeln
Misstrauen oder Lethargie der jetzigen und künftigen Zielgruppen zu digitalen Angeboten sind allerdings keine Basis für die bestmögliche Nutzung von Daten. Vielmehr erfordert es Kenntnis über Zusammenhänge, Funktionsweisen und den rechtlichen Rahmen, um bei Angeboten differenzieren und eine nachhaltige Nutzung sicherstellen zu können.
Wie kann dies gelingen? Sicherlich nicht, indem alle warten, dass andere etwas tun. Sondern auch durch Vorbildfunktion. Aber ehrlich: Wer hat schon mal vor einem Kind geäußert „Diese App installiere ich nicht, weil ich mit deren Datennutzung nicht einverstanden bin.“ oder hat fotografierte Personen vor einem Kind gefragt „Bist du damit einverstanden, dass ich das Bild mit dir in das soziale Netzwerk xy hochlade?“ Dazu braucht es keine Lehrplanänderung, aber es signalisiert frühzeitig den Wert der Daten und der Einbeziehung der Personen, die es betrifft.
Auch bei den einfachsten Sicherheitsmaßnahmen kann vorbildliches Handeln helfen. Zwei Faktor-Authentifizierungen schützen etwa sensible Daten vor unerlaubtem Zugriff und bringen mittels minimalen Mehraufwandes ein Vielfaches an Sicherheit. So auch Passwörter, die nach den jeweils aktuellen Empfehlungen des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) gebildet werden, das sein Informationsangebot auf Verbraucher:innen ausgeweitet hat. Dies verhindert Überraschungen, wenn Kinder und Jugendliche ins Berufsleben einsteigen und mit einer „gewohnheitsmäßig gelebten“ Sicherheit den Erfolg von Cyberangriffen gegen ihre Arbeitgeber erschweren.
Und zu guter Letzt der Appell an jede:n Einzelne:n von uns: Sich auch mal trauen „nein“ zu sagen, wenn uns ein Angebot nicht transparent genug ist oder uns die weitergehende Nutzung unserer Daten gerade auch durch scheinbar kostenlose Angebote zu weit geht. Auch als Konsument:in kann so Einfluss auf das Marktangebot genommen werden.
Rudi Kramer ist Sprecher der Initiative „Datenschutz geht zur Schule“. Die 2009 vom Verein Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) gegründete und seit 2020 von dessen gemeinnütziger Gesellschaft privacy4people fortgeführte Initiative zeigt Schüler:innen einfache Wege auf, wie sie ihre persönlichen Daten besser schützen können.