Zuletzt gab es an dieser Stelle in verschiedenen „Standpunkten“ eine lebhafte Debatte um Sinn und Unsinn der Ausgestaltung des Paragrafen 14a des Energiewirtschaftsgesetzes und des darin umgesetzten Modells der Spitzenglättung. Zugespitzt geht es hier um die Frage, ob ein solches Modell bei restriktiver Anwendung auf Jahre hinaus den Markt behindert. Es geht also nicht um das Modell als solches, sondern darum, wie man es anwendet. Über letzteres wird mir wesentlich zu wenig geredet.
Weitgehend unstrittig ist, dass ohne eine Möglichkeit der Leistungsbegrenzung der breite Rollout der E-Mobilität und der zugehörigen Ladetechnik die Verteilnetze übermäßig belasten und daher massive Netzausbauten erfordern würde. Schon heute werden an immer mehr Orten keine neuen Ladestationen mehr genehmigt.
Die technische Umsetzung steht bereit
Schauen
wir auf die Fakten: Hersteller von Geräten und Anlagen auf der Kundenseite –
egal ob Gewerbegebäude oder Privathaus – haben ihre Hausaufgaben längst gemacht.
Leistungsbegrenzung als erster Schritt zum intelligenten Energienetz wurde
Mitte Oktober als technisches Regelwerk in Form einer Anwenderregel vom VDE veröffentlicht.
Dieses Regelwerk ist mit DKE, FNN und Experten aller Domänen vom Netzbetreiber bis zum Hersteller von Endgeräten im Haushalt auf Basis der EEBUS-Spezifikationen entstanden – unter entscheidender Mitwirkung der Automobilbranche. Es schafft eine durchgängige und sichere Kommunikations-Architektur vom Netzbetreiber bis hin zum Endgerät. Und es ermöglicht die Entwicklung von Kundensystemen, welche mit einer kurzfristigen Leistungsreduzierung am Netzanschluss ohne Komfortverlust zurechtkommen.
Während die Politik noch diskutiert, hat die Industrie die Herausforderung der Energiewende angenommen und eine technische Blaupause für Paragraf 14a vorgelegt, die ganz nebenbei auch den neuen Anforderungen des EEG-Entwurfes zur stufenlosen Einspeisebegrenzung gerecht wird.
Die gesetzliche Gestaltung muss den Rahmen setzen
Natürlich kann das nur ein erster Schritt sein. Der Gesetzgeber muss in der konkreten Ausgestaltung dafür sorgen, dass der Netzbetreibereingriff zeitlich wie örtlich begrenzt, wohldosiert und transparent ist. Keinesfalls darf der Paragraph dazu missbraucht werden, pauschal und flächendeckend Netzstränge zu begrenzen. In diesem Zusammenhang sollten statische Zeitfenster unbedingt vermieden werden. Damit würde die Akzeptanz in der Industrie und beim Endkunden schnell bröckeln.
Die Möglichkeit des Missbrauches macht das Modell der Spitzenglättung aber per se nicht schlecht. Vielmehr ist es ein erster praktikabler Schritt, um Intelligenz in das Verteilnetz zu bekommen. Es schafft die Grundlage, um Ladeinfrastruktur flächendeckend in Bürogebäuden und privaten Wohnhäusern auszurollen. Maßvoll eingesetzt schafft sie genau den Kompromiss zwischen lokalen Netzbetreibern, begründeten Marktinteressen und dem Kundenbedürfnis nach Komfort.
Flexible Tarife als zweite Stufe
Für die laufende Debatte ist es wichtig, dass für solche präventiven Eingriffe neben der technischen Ausgestaltung im VDE auch schnellstmöglich ein regulatorischer Rahmen geschaffen wird. Damit die Eingriffe durch den Netzbetreiber tatsächlich maßvoll bleiben und nur möglichst selten durchgeführt werden müssen, sollten alle Akteure bemüht sein, schnellstmöglich präventiv wirkende Marktmechanismen zu etablieren.
Über Preissignale können Verbraucher dazu gebracht werden, Strom so abzunehmen, dass es zu einem externen Eingriff durch den Netzbetreiber gar nicht erst kommen muss. Die hierfür notwendigen Ergänzungen in der VDE-Anwenderregel werden im nächsten Schritt bereits 2021 bearbeitet und veröffentlicht.
Damit wird die Spitzenglättung das, als was sie gedacht war: ein erster Schritt in Richtung intelligentes Energienetz. Ein Scheitern des Modells würde die Bemühungen einer ersten gesetzlichen Grundlage zur Beeinflussung der Leistung auf Jahre verzögern. Das Risiko eines Rollouts von Ladepunkten ohne einen solchen Mechanismus zur Netz-Stabilisierung sehe ich als weitaus größer an als das einer zu restriktiven Anwendung der Spitzenglättung.
Klarheit für förderfähige private Ladestationen
Zusätzlich schafft das VDE Regelwerk Klarheit in den technischen Voraussetzungen für förderfähige private Ladestationen durch die KfW. Ladestationen müssen künftig als Pflichteinbaufälle mit dem Smart Meter Gateway (SMGW) kommunizieren. Das Regelwerk löst die beiden geforderten Aufgaben der KfW-Förderrichtline: Leistungsreduzierung und Anschlussfähigkeit an das intelligente Messsystem mit dem SMGW.
Als erste heute bereits serienmäßig verfügbare Lösung einer netzbetreiberseitigen Beeinflussung steht die vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE definierte FNN Steuerbox: Sie nutzt an ihrer digitalen Schnittstelle die EEBUS-Kommunikation und referenziert damit das neue Regelwerk des VDE. Damit ist der Informationsaustausch vom Netzbetreiber bis zum Kundensystem erstmals lückenlos vorhanden.
Erste Tests, diese Schnittstelle auch nativ am Smart Meter Gateway anzubieten, sind angelaufen. Hersteller, die auf diese Anwenderregel setzen, können also sicher sein, Ihren Kunden ein zukunfts- und investitionssicheres Kommunikationsinterface zur Verfügung zu stellen.