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Energie & Klima

Standpunkte Die heimlichen Klima-Helden im Ministerium

von Peter Schniering, Future Cleantech Architects
von Peter Schniering, Future Cleantech Architects Foto: Future Cleantech Architects

Die Beamten und öffentlich Bediensteten, insbesondere in den Bundesministerien, prägen den Weg zur Klimaneutralität ganz entscheidend. Von ihrer Kompetenz und Leistungsfähigkeit hängt viel ab. Peter Schniering vom Thinktank Future Cleantech Architects empfiehlt in seinem Standpunkt ein Umdenken bei der Rekrutierung von Talenten. Sie sollten kommunikativ, aber auch bei der Bezahlung, viel stärker umworben und auf ihre Bedürfnisse eingegangen werden.

von Peter Schniering

veröffentlicht am 01.09.2023

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Wenn es um die ‚Heldinnen und Helden‘ der Klimaschutz-Szene geht, ist häufig von Unternehmer:innen und Forschenden zu lesen. Manchmal stehen auch Spitzen-Politiker:innen im Fokus. Diese Gruppen erhalten zu Recht große Aufmerksamkeit. Ohne neue Technologien und Prozesse sowie politische Entschlossenheit gelingt die Klimaneutralität nicht.

Aber eine entscheidende Gruppe zur Bewältigung der Klimakrise wird konsequent vernachlässigt. Nämlich exzellent ausgebildete Fachleute auf öffentlicher Seite, also Mitarbeiter:innen von Ministerien und Behörden sowie Expertinnen und Experten in der Forschungsförderlandschaft.

Denn Staatsbedienstete sind entscheidend, damit aus politischen Konzepten zur Beschleunigung von Innovation effiziente Instrumente entstehen und die Steuermilliarden der Förderung in die richtigen Bahnen gelenkt werden. In der Umsetzung der politischen Rahmenbedingungen navigieren sie durch eine hochkomplexe Landschaft von Technologien und Politikinstrumenten, die zudem von Lobbyeinflüssen aller Seiten und Interessenkonflikten mancher Mandatsträger geprägt ist.

Von Verwaltung auf Transformation umstellen

Dachte man früher bei der inhaltlichen Arbeit von Referaten in Ministerien, etwa bei Regulierung im Energiesektor, noch an ein eher behäbiges Umfeld, so hat sich ihre Welt und damit die Anforderungen an ihre Arbeit drastisch gewandelt.

In den 2020er Jahren sind sie zur Speerspitze der effektiven Unterstützung von Technologieentwicklung rund um die Klimakrise geworden. Um die Direktreduktions-Route für grünen Stahl zu ebnen, um einen funktionierenden CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) zu entwickeln oder um Klimaschutzverträge aufzusetzen, die integer und effektiv sind, braucht es für den inhaltlichen Durchblick eine hervorragende Ausbildung sowie häufig internationale Erfahrung.

Diese Kompetenz zur Gestaltung der entscheidenden Instrumente muss jedoch in den Ministerien und durchführenden Behörden selbst vorhanden sein. Es darf keine übermäßige Abhängigkeit von externen Beratungen geben, um solche Werkzeuge der Energiewende zu entwickeln, zu verwalten und kontinuierlich zu optimieren. Bei diesen grundlegenden Instrumenten der Technologieförderung rund um die Klimakrise sollte externer Rat immer nur chirurgisch eingesetzt werden.

Öffentlicher Dienst mit massivem Hebel

Und weil dieses Personal so wichtig ist, weil dessen Handlungen große Folgen für Technologien und den Steuerzahler haben, muss diese Gruppe an der Spitze solcher Prozesse exzellent ausgebildet sein. Vereinzelt begegnen wir solchen Fachleuten immer wieder: Sie besitzen Abschlüsse der besten Hochschulen der Welt, haben ihre ersten Berufsjahre teilweise bei internationalen Kanzleien oder Beratungshäusern verbracht.

Ihr Hebel ist im öffentlichen Dienst viel größer. Ob sie auf Landesebene Braunkohlereviere transformieren, in Berlin Klimaschutzverträge entwerfen oder in Brüssel Methoden zur effektiven Innovationsförderung entwickeln, ihr Einsatz ist oft beeindruckend.

In der Privatwirtschaft hat man schon lange verstanden: Talentierte und qualifizierte Mitarbeiter:innen sind der Schlüssel zum Erfolg. Die deutsche Verwaltung scheint hingegen noch sehr darauf zu vertrauen, hochqualifizierte Absolvent:innen ohne entsprechenden Aufwand gewinnen zu können. Was sollte also passieren, um an exponierten Stellen der Innovationsförderung die bestmöglichen Mitarbeiter:innen anzutreffen?

Die Checkliste für Top-Talente im öffentlichen Sektor

In einer von parallelen Krisen geprägten Zeit ist der Gestaltungsspielraum für die Attraktivität des Arbeitsplatzes entscheidend. Gut ausgebildete Absolvent:innen reizt Veränderung, reizt die Aussicht, mit ihrer Arbeit einen Unterschied zu machen, zur Bewältigung dieser Krisen beizutragen. Ein erster Punkt wäre, diesen Gestaltungsspielraum stärker in den Mittelpunkt der Kommunikation zu stellen, ihn aktiv zu bewerben.

Die Personalabteilungen sollten zudem Verbündete sein, ganz gleich, ob es sich um Bewerber:innen oder bereits um Mitarbeiter:innen handelt. Denkbar wäre, die Personal-Akquise an der einen oder anderen Stelle aus den Zentralabteilungen zu lösen und als Service-Einheit eigenständiger zu etablieren. Der gesamte Anwerbeprozess müsste vereinfacht werden. Die interessanten Stellen müssen extern ausgeschrieben werden und nicht einem bereits im jeweiligen Haus arbeitenden Kreis vorbehalten sein. Auch sollten die qualifiziertesten Kräfte zwischen den Ministerien und Behörden wechseln können – wie von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgesehen.

Geschwindigkeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Die Reaktion auf Bewerbungen muss bei Talenten schnell erfolgen. Stellen können durchaus befristet sein, oft haben ambitionierte Absolvent:innen damit kein Problem. So verhindert man auch, dass die politisch motivierte Besetzung von Stellen zur jahrzehntelangen Hypothek wird. Auch ein Wechsel aus dem aktuellen Haus kann viel besser unterstützt werden als bisher. Es gibt viele Top-Talente, die für eine begrenzte Zeit intensiv an Projekten mitwirken möchten, dann aber in einen anderen Sektor wechseln wollen.

Planbarkeit, Meritokratie und Fairness sind weitere entscheidende Argumente, bei denen noch Luft nach oben ist: Bei Angebotsunterbreitung sollte der Aufgabenbereich verlässlich benannt werden. Die Möglichkeit zum Aufstieg sollte vorhanden sein: Die besten Köpfe müssen schneller eine Karrierechance wahrnehmen können. Die reine Dauer der Behördenzugehörigkeit ist in den Augen dieser Zielgruppe von Talenten kein Beförderungsgrund, sondern schreckt als Auswahlkriterium ab.

Muss nicht das Lohn-Niveau von Beratungen sein

Die Stellen müssen zudem ausreichend gut dotiert sein. Da sie gegenüber der Konzernwelt und dem internationalen Beratungs- oder Finanzsegment eine Reihe von Vorteilen bieten, etwa bei der Berechenbarkeit und der Wirksamkeit, sind astronomische Gehälter nicht notwendig. Die Rahmenbedingungen des TVÖD und der Beamtenbesoldung sollten aber komplett ausgereizt werden – und die Vorteile des gesamten Leistungspakets sind klar zu kommunizieren. Wenn die Unternehmensberatung jeglichen Anspruch und geldwerten Vorteil im Vertragsangebot mit aufführt, sollten Behörden ihre speziellen Vorteile ebenfalls offensiv ausspielen.

Aus unserer Sicht ist der Hebel der oben genannten Maßnahmen sehr hoch. Qualität, Effizienz und Integrität der Energiewende hängen am Personal des öffentlichen Dienstes. Die Beispiele für Interessenkonflikte externer Berater sind nämlich zahllos. Wir brauchen also die besten Köpfe für die wichtigsten Häuser, nicht nur in der Leitung, sondern besonders auf Referatsebene.

Peter Schniering ist Gründer und Vorsitzender von Future Cleantech Architects. Der Thinktank mit Sitz in Remscheid möchte insbesondere neuen Klimaschutz-Techniken zum Durchbruch verhelfen.

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