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Energie & Klima

Standpunkte Erste klimapolitische Bewährungsprobe für Olaf Scholz

Brick Medak, Leiter Berliner Büro, E3G
Brick Medak, Leiter Berliner Büro, E3G Foto: E3G

Was macht die SPD aus dem Kanzleramt und der Führung der Bundesregierung? In ihrem Standpunkt legen Brick Medak und Pieter de Pous vom Think Tank E3G dar, warum Olaf Scholz schon ganz am Anfang seiner Amtszeit bei der Taxonomie, der Debatte um hohe Energiepreise und dem zweiten Teil des Fit for 55-Pakets vor einer klimapolitischen Bewährungsprobe steht.

von Brick Medak

veröffentlicht am 14.12.2021

aktualisiert am 15.07.2022

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Kaum hat er sein neues Amt als Bundeskanzler angetreten, steht Olaf Scholz bereits vor einer klima- und europapolitischen Bewährungsprobe. Immer noch droht ein  Deal mit Frankreichs Präsident Emanuel Macron auf Kosten der Glaubwürdigkeit der Taxonomie, diese Woche beim EU-Gipfel wird es auch um das Thema steigende Energiepreise gehen und last but not least soll auch der zweite Teil des Fit-for-55-Pakets von der EU-Kommission vorgelegt werden.

All das wird auch darüber entscheiden, ob der selbstproklamierte Klimakanzler seine Amtszeit mit einem ramponierten Ruf beginnt oder einen guten Start hinlegen kann. Es ist weiterhin nicht ausgeschlossen, dass sich Scholz und Macron auf eine Einbeziehung von Atomkraft und Gas in die Taxonomie einigen könnten, ein Öko-Label für nachhaltige Investitionen. Wie ein Kompromiss aussehen könnte, ist noch nicht ganz klar. Klar ist aber, dass er auf Kosten des Klimaschutzes gehen dürfte und die Glaubwürdigkeit dieses Flaggschiffprojekts der EU beschädigen könnte.

Nur eine Taxonomie, die streng auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und damit Atomkraft und Gas ausschließt, wird ihrem Ruf gerecht. Noch hat Olaf Scholz die Chance, einen „dreckigen“ Deal mit Frankreich zu verhindern. Vor allem sollte das wichtige deutsch-französische Verhältnis nicht als Ausrede dienen, um den klimapolitischen Ruf der EU zu gefährden.

Überzeugende Antworten auf die Energiepreiskrise?

Die Debatte um die hohen Energiepreise hat mittlerweile auch die EU-Klimapolitik erreicht. Die Energiepreiskrise wirft vor allem ein scharfes Licht auf die Risiken, die mit einer fortgesetzten Abhängigkeit von fossilen Energien verbunden sind und unterstreicht die Notwendigkeit, den grünen und fairen Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen.

Wenn wir aus dieser Krise etwas gelernt haben, dann, dass der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz für die Bürger:innen am sichersten und günstigsten ist. Nur eine konsequente Klimapolitik kann die EU in Zukunft vor solchen Energiepreisschocks bewahren. Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Regierungschefs auf ihrem Gipfel zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen. Die üblichen Verdächtigen wie etwa Polen versuchen schon, beim Klimaschutz auf die Bremse zu treten. Auch dies muss Olaf Scholz verhindern.

Wie positioniert sich Deutschland beim Gasausstieg?

Eine der Gretchenfragen der deutschen aber auch der europäischen Klimapolitik ist die eines Gassaustiegs, der kompatibel ist mit dem Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 beziehungsweise 2045. Diese Frage hat man im Koalitionsvertrag der Ampel mit Formelkompromissen umschifft, zumindest hat man sich nicht auf ein eindeutiges Datum einigen können.

Auch zum Fit-for-55-Paket finden sich nur einige wenige Sätze im Vertrag. Was umso mehr verwundert, als dass das von der neuen Bundesregierung angekündigte Klimaschutz-Sofortprogramm und Fit for 55 im Grunde kommunizierende Röhren sind. Die Umsetzung des einen Programms wird großen Einfluss auf die des anderen haben, und andersherum. Es wird deshalb sehr interessant sein zu sehen, wie sich die neue Bundesregierung zum zweiten Teil des Fit-for-55-Pakets positioniert, wo Gas, Wasserstoff und Methan eine zentrale Rolle spielen.

Im Juli 2021 hat die EU-Kommission den ersten Teil des Fit-for-55-Pakets vorgelegt, das auch den europaweiten Ausstieg aus der Kohleverstromung voranbringen soll. Das zweite Paket sollte nun die massiven politischen Bemühungen, die vor einigen Monaten begonnen haben, bestätigen und ergänzen. Im Vergleich zum Juli hat sich der politische Kontext stark verändert. Internationale und nationale Entwicklungen erhöhen den Druck auf die EU, sozial gerechte und klimapolitisch ehrgeizige Vorschläge vorzulegen.

Europaweite Akzeptanz sicherstellen ist entscheidend

Die Ergebnisse des Klimagipfels COP 26 bieten einen politischen Rettungsanker für die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 Grad. Das wird aber nun gelingen, wenn viele Länder ihre Klimaziele nochmals erhöhen. Auch die EU wird ihre Klimaziele nächstes Jahr anpassen müssen, um damit ihre Rolle als globaler Vorreiter bestätigen zu können. 

Inmitten einer ernsten Energiepreiskrise geht es derzeit vor allem darum, zu zeigen, dass die EU die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger erfüllen und den Übergang zur Klimaneutralität beschleunigen kann. Es ist dabei von entscheidender Bedeutung, dass die EU die Akzeptanz ihrer Klimapläne sicherstellt, indem sie eine Klimapolitik entwickelt, die den EU-Bürgern und Verbrauchern direkt zugutekommt.

Das zweite Fit-for-55-Paket spielt dabei eine wichtige Rolle. Es enthält vor allem ein Gasmarkt-Paket, die Richtlinie über die Gesamteffizienz von Gebäuden (EPBD) und Empfehlungen zur sozialen Dimension des Klimawandels. Das Gasmarkt-Paket muss dabei einen klaren Weg zum Ausstieg aus fossilem Gas vorgeben. Um die Klimaziele der EU zu erreichen, muss der Gaskonsum in der EU in diesem Jahrzehnt um 30 Prozent gesenkt werden im Vergleich zu 2015. Zudem darf in Zukunft nicht mehr die Industrie alleine über die notwendige Energieinfrastruktur entscheiden. Die Bürger:innen müssen beim Umstieg auf erneuerbare Energie und Energieeffizienz stärker unterstützt werden.

Die EPDB kann die Dekarbonisierung unseres Gebäudebestands vorantreiben, der derzeit für 40 Prozent des Energieverbrauchs in der EU verantwortlich ist. Dafür müsste die EU etwa bis 2030 aus fossilen Heizungen und Klimaanlagen aussteigen und die Sanierungsrate von derzeit 0,2 auf 3 Prozent erhöhen.

Zudem müssen Vorschläge zur Governance vorgelegt werden, die eine bessere Bürgerbeteiligung gewährleisten. Schließlich müssen die Vorschläge auch die soziale Dimension ernst nehmen. Sich ausschließlich auf den sozialen Klimafonds zu verlassen, ist eine risikoreiche Strategie, die mit einer Verbesserung der Bestimmungen in allen Politikbereichen einhergehen muss, um Fairness, Integration und Beteiligung zu stärken. 

Bei all dem fällt der neuen Bundesregierung und Bundeskanzler Olaf Scholz eine zentrale Rolle zu. Wie wird Scholz diese Bewährungsprobe bestehen? Diese Woche dürfte schon einige Antworten liefern.

Brick Medak leitet das Berliner Büro des Thinktanks E3G. Pieter de Pous ist im Fossil Transition Programme bei E3G.

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