Grundsätzlich ist eine Förderung von Photovoltaik-Dachanlagen sehr konfliktarm und sinnvoll. Seit einigen Jahren ist die im EEG definierte Einspeisevergütung jedoch viel zu niedrig, als dass diese allein einen ausreichenden Anreiz bieten würde. Erst durch den Eigenverbrauch des selbst erzeugten Ökostromes entsteht ein ausreichender finanzieller Nutzen, der Bürger zu dem Kauf einer PV-Anlage bewegen kann.
Mit jeder selbst verbrauchten Kilowattstunde spart man in etwa 30 Cent an Stromkosten, was deutlich attraktiver als eine direkte Einspeisung in das Netz ist, wofür man aktuell nur etwa acht Cent erhält. Betreiber von PV-Anlagen werden damit zu „Prosumern“, die Strom im Tagesverlauf sowohl produzieren als auch konsumieren. Doch ist es überhaupt sinnvoll, PV-Anlagen anstatt ausschließlich direkt über eine Einspeisevergütung auch indirekt über die Einsparung von Stromkosten zu fördern?
Ein hoher Eigenverbrauch hat keinen technischen Vorteil
Ein genereller Anreiz zur Maximierung des Eigenverbrauchs wird meistens damit begründet, dass dadurch die Netze entlastet werden, da die ins Netz rückgespeiste Leistung minimiert wird. Staatliche Förderprogramme zum Kauf von Batteriespeichern zur Maximierung des Eigenverbrauchs werden außerdem oft auch als Klimaschutzmaßnahme und genereller Beitrag zur Energiewende beworben. Diese Argumente sind jedoch nicht stichhaltig:
· Eine Maximierung des Eigenverbrauchs muss nicht zwangsläufig eine Entlastung der Netze bedeuten. Es kann Netzsituationen geben, wo gerade eine hohe Netzrückspeisung von PV-Anlagen sinnvoll sein kann.
· PV-Dachanlagen belasten das Netz aktuell so gut wie gar nicht, da deren Leistungen im Vergleich zu den im urbanen Umfeld vorherrschenden Lasten sehr gering sind.
· Der Netzausbau im für PV-Dachanlagen typischen Niederspannungsbereich wird zukünftig vor allem durch die zu erwartende zusätzlichen Lasten aufgrund des Ausbaus der Elektromobilität und der stärkeren Verbreitung von Wärmepumpen geprägt sein.
· Batteriespeicher verringern die Emissionen nur dann, wenn sie eine gegebenenfalls vorhandene Abregelung des PV-Stromes verringern. Dies ist jedoch momentan und auch in den nächsten Jahren so gut wie nie im Umfeld von Gebäuden der Fall. Aktuell ist es stattdessen so, dass die Emissionen aufgrund der Speicherverluste sogar ansteigen. Hinzu kommen dann auch noch die bei der Herstellung der Stromspeicher entstehenden Emissionen.
Abgesehen vom fehlenden Nutzen ist eine Förderung des Ökostrom-Eigenverbrauchs auch aus sozialen Gründen kritisch zu bewerten und setzt außerdem kontraproduktive Fehlanreize:
· Es werden Infrastrukturen wie Stromnetze und Reservekapazitäten genutzt, deren Kosten fast ausschließlich auf den Arbeitspreis umgelegt sind, obwohl diese nahezu unabhängig vom Stromverbrauch sind. Gleiches gilt zum Beispiel auch für die Kosten der Ökostrom-Einspeisevergütung oder den Vertriebs- und Verwaltungsaufwand des Stromversorgers. Aufgrund des verringerten Bezugs von Netzstrom tragen Prosumer damit deutlich weniger als die klassischen Verbraucher zur Finanzierung dieser Kosten bei. Prosumer „entsolidarisieren“ sich also und erhöhen ihre erzielbaren Renditen zulasten derjenigen, die keine Möglichkeit haben, eine PV-Anlage mit hohem Eigenverbrauch zu errichten.
· Im Gegensatz zu einer Einspeisevergütung, bei der die Höhe der Förderung für jeden gleich ist, hängt die indirekte Förderung über den Eigenverbrauch stark vom individuellen Einzelfall ab und ist damit nicht für alle Haushalte gleichartig nutzbar.
· Es entstehen Fehlanreize, da speziell Haushalte mit hohem Stromverbrauch von einem hohen Eigenverbrauch finanziell profitieren, und eine Senkung der Stromkosten durch einen hohen Eigenverbrauch den Anreiz des Stromsparens verringert. Diese Problematik wird durch die Verwendung von Batteriespeichern, die den Eigenverbrauch zusätzlich erhöhen, noch verstärkt.
· Es entsteht ein Fehlanreiz, da sich der Eigenverbrauchsanteil und die damit die erzielbare Rendite mit wachsender Größe der PV-Anlage verringert. Eine maximale Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Dachflächen wird damit finanziell unattraktiver.
Die Problematik der intransparenten und unsolidarischen Förderung des Eigenverbrauchs wäre hinfällig, wenn der Arbeitspreis bei Haushaltsstromtarifen ähnlich wie bei den Stromtarifen für industrielle Großverbraucher die tatsächlichen Erzeugungskosten von nur wenigen Cent pro Kilowattstunde widerspiegeln würde. Alle sonstigen Kostenbestandteile, die ja weitestgehend Dinge finanzieren, die unabhängig von der bezogenen Strommenge sind, müssten entsprechend auf den Grundpreis (beziehungsweise Leistungspreis) umgelegt werden.
Da damit der Anreiz des Stromsparens in Privathaushalten stark reduziert werden würde, ist dies in dieser extremen Ausprägung zwar nicht erstrebenswert, aber schon eine teilweise Verlagerung verbrauchsunabhängiger Stromkosten in den Grundpreis und Leistungspreis würde die künstlich erzeugte Attraktivität des Eigenverbrauchs deutlich reduzieren. Damit würde sich eine spezielle Besteuerung oder gar ein Verbot des Eigenverbrauchs, was aus europarechtlichen Gründen schwer umzusetzen wäre, erübrigen.
Die klassische Einspeisevergütung ist die bessere Alternative
Wo soll dann der Anreiz herkommen, eine PV-Anlage zu errichten, wenn der finanzielle Vorteil des Eigenverbrauchs wegfiele? Eine finanzielle Förderung von PV-Anlagen, sollte sich rein nach dem erzeugten PV-Strom und damit nach der erzielbaren CO2-Reduktion richten. Ziel sollte dabei die möglichst umfassende Nutzung aller Dachflächen sein, unabhängig vom eigenen Strombedarf. Dies ist mit der klassischen Einspeisevergütung für PV-Dachanlagen bereits der Fall. Diese müsste natürlich entsprechend moderat erhöht werden, um den wegfallenden finanziellen Vorteil des Eigenverbrauches zu kompensieren. Die gesamtwirtschaftlichen Kosten würden dabei sogar sinken, da dadurch die Investitionen in Batteriespeicher und andere Maßnahmen zur Eigenverbrauchserhöhung überflüssig werden würden.
Förderung von Eigenverbrauch nur bei tatsächlichem Nutzen
Eine spezielle Förderung des Eigenverbrauches oder deren Erhöhung mittels z.B. Speicher sollte es nur dann geben, wenn diese im konkreten Fall tatsächlich zur Reduktion von Netzausbaukosten oder Emissionen führt und sie die kosteneffizienteste Maßnahme ist. Dies wird jedoch in absehbarer Zeit nur selten der Fall sein.
Andreas Luczak ist seit 2016 Professor für Regenerative Energien an der Fachhochschule Kiel. Zuvor war er mehr als 15 Jahre bei Siemens tätig und führte als Geschäftsführer des europäischen Ablegers eines chinesisch-amerikanischen Unternehmens deren Redox-Flow-Speichertechnik in Europa ein. Sein kürzlich erschienenes Buch trägt den Titel „Deutschlands Energiewende – Fakten, Mythen und Irrsinn“.