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Energie & Klima

Standpunkte Green Deal braucht noch eine Strategie

Brick Medak, Leiter des Berliner Büros des Think Tanks E3G
Brick Medak, Leiter des Berliner Büros des Think Tanks E3G Foto: E3G

Die EU-Kommission hat einen weitreichenden Plan zum Klimaschutz vorgelegt. Es fehlt jedoch noch eine überzeugende Strategie zu dessen Umsetzung, schreiben Brick Medak, Leiter des Berliner Büros des Think Tanks E3G, und Quentin Genard, Leiter des Brüsseler Büros. Aus den bisher eher losen Stücken des Green Deals müsse jetzt ein Ganzes werden.

von Brick Medak

veröffentlicht am 13.12.2019

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Ist der von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgelegte Plan zum Erreichen einer klimaneutralen EU – der Europäische Green Deal – wirklich der angekündigte große Wurf? Oder reicht er zum Erreichen der Klimaziele der EU schlicht nicht aus, wie Kritiker meinen? Oder geht er gar viel zu weit?

Diese Fragen lassen sich derzeit nicht abschließend beantworten. Denn letztendlich hat die EU Kommission erstmal nur einen Plan vorgelegt, aber noch keine überzeugende Strategie. Es wird zudem 2020 darauf ankommen, wie von der Leyen und ihre Kommission mit dem zu erwartenden starken Widerstand gerade aus der (deutschen) Wirtschaft umgehen werden. Der  Bundesverband der Deutschen Industrie und weitere Teile der deutschen Industrie haben sich bereits als Kritiker einer Erhöhung der Klimaziele der EU positioniert. Sie zeigen damit abermals, dass sie in der Vergangenheit verharren, anstatt die Chancen einer ehrgeizigen Klimapolitik zu ergreifen.

Der Green Deal müsste auch den Ausstieg aus Erdgas bewirken

Die EU hat bereits 2018 eine Vision zur Klimaneutralität verabschiedet, nämlich den PlanEin sauberer Planet für alle“. Wie dieser Plan ist auch der jetzt verkündete Green Deal nur eine Sammlung von Maßnahmen und Szenarien. Dringend notwendig ist jetzt daher die Vorlage einer umfassenden Strategie zum Erreichen der Klimaneutralität bis spätestens 2050. Aus den bisher eher losen Stücken des Green Deals muss ein Ganzes werden.

Wie wird die EU beispielsweise die Überarbeitung ihrer Wettbewerbspolitik nutzen, um neue grüne Geschäftsmodelle zu schaffen, die andere Länder ermutigen, ihre Klimaziele zu erhöhen? Wie wird neben dem Kohleausstieg der Ausstieg aus Erdgas gelingen? Erdgas ist in der EU inzwischen für mehr CO2-Emissionen verantwortlich als Kohle. Der Ausstieg ist hierbei eher ein politisches als ein technisches Problem: Geopolitisch drohen die EU und Deutschland zum Spielball der USA und Russlands zu werden.

Die Kommission will die Wettbewerbspolitik der EU und die makroökonomischen Rahmenbedingungen überprüfen, um sie an das Ziel der Klimaneutralität anzupassen. Eine ehrgeizige Klima-Anpassungsstrategie könnte beispielsweise sicherstellen, dass die Kosten für Untätigkeit beim Klimaschutz zum Standard bei der Entscheidungsfindung in der EU werden. Dies hätte tiefgreifende Auswirkungen für die europäische Wirtschaft. Allerdings wird es auch hier großen Widerstand geben, insbesondere aus Deutschland.

Wie der Green Deal die EU geopolitisch stärken könnte

Die Kommission will die EU stärker als geopolitischen Player positionieren. Und Klimapolitik ist ein wichtiger Teil ihrer Pläne. Die Werkzeuge dafür sind da, aber es fehlt auch hier noch an einer Strategie.

Die Kommission will sich hier richtigerweise auf Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Industrie und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft konzentrieren. Das soll der Kern des grünen Wachstumsmodell der EU werden. Dies ist auch die klare Botschaft an den Rest der Welt: die EU will zum Motor einer klimafreundlichen Weltwirtschaft werden.

Zudem ist der Abschnitt zur Klimadiplomatie ermutigend: Die Idee der „Green Deal Diplomatie“ mit Fokus auf realwirtschaftliche Akteure und Entwicklungen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nur mit gutem Beispiel voranzugehen, wird jedoch nicht ausreichen. Die EU muss ihre Partnerschaften für eine grüne Wirtschaft und dem Umgang mit den Folgen des Klimawandels stärker ausbauen.

Was der Green Deal für die Rolle der EU in der Welt bedeutet

Das Klimaziel der EU für 2030 ist wie eine Währung, die weltweit anerkannt und geschätzt wird. Die EU Kommission wird bis Mitte 2020 einen „Plan zur Folgenabschätzung“ vorlegen, um die Erhöhung ihres Klimaziels mit einer CO2-Minderung von 50 bis 55 Prozent bis 2030 mit Maßnahmen zu unterlegen. Die EU muss dabei ihr Klimaziel für 2030 spätestens bis zum Sommer 2020 erhöhen. Sonst wird der wichtige EU-China-Gipfel unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft im September 2020 in Leipzig kein Erfolg.

Was kommt als Nächstes?

Die Kommission wird bei der Umsetzung in EU-Gesetze mit einigen komplizierten Umsetzungsproblemen konfrontiert werden. Es wird auch eine starke „Ja aber“-Lobbyarbeit vor allem der Industrie geben. Die üblichen politischen Spiele der Mitgliedsstaaten werden ebenfalls ein Problem darstellen. Der neue grüne Ehrgeiz der EU wird nur zum Erfolg führen, wenn bestehende Gräben zwischen Mitgliedsstaaten und Parteien überwunden werden können.

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