Der dringend notwendige Klimaschutz bei Gebäuden wird in Deutschland derzeit überschattet von der Debatte um Heizungstausch und die Kosten des Sanierens. Das ist ärgerlich, denn es verstellt den Blick auf das Wesentliche, und das ist: Wir müssen klimaschonender bauen und wohnen. Unser Türöffner dafür ist das Bauen mit Holz. Durch Holzbau können bis zu 50 Prozent der Emissionen eines Gebäudes eingespart werden. Das ist dringend notwendig. Denn derzeit verursacht der Gebäudebereich knapp 40 Prozent der Treibhausgasemissionen.
Politische Unterstützung ist für das Bauen mit Holz notwendig. Einen wichtigen Impuls dafür hat kürzlich nochmals die Agrarministerkonferenz gesetzt. Sie fordert an die Adresse der Bauminister die rechtlichen Rahmenbedingen zu vereinfachen, um eine Holzbauquote von 30 Prozent bis 2030 im Wohnungsbau – bei heute etwa 23 Prozent. Konkrete Ziele sind wie auch beim Klimaschutz selbst richtig und wichtig, weil sie die Dringlichkeit verdeutlichen und die notwendige Diskussion über das wie anstoßen können. Einzelne Bauminister der Länder haben sich schon zum 30-Prozent-Ziel bekannt, weitere sollten folgen. Das Ausbauziel sollte in die im Koalitionsvertrag verankerte Holzbauinitiative der Bundesregierung aufgenommen werden.
Potential gerade auch für städtische Nachverdichtung
Während sich der Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser in Holzbauweise von gerade einmal sechs Prozent zu Beginn der 1990er-Jahre auf mittlerweile 23 Prozent mehr als verdreifacht hat, beginnt die Revolution beim städtischen Wohnungsneubau gerade erst. Der Anteil von Mehrfamilienhäusern in Holzbauweise liegt aktuell bei nur etwa vier Prozent. Dabei bietet die Leichtbauweise mit dem erneuerbaren Rohstoff gerade auch in der städtischen Nachverdichtung durch die Aufstockung von Bestandsgebäuden viel Potenzial, um so ohne zusätzlichen Flächenverbrauch Wohnraum und attraktive und lebenswerte Quartiere zu schaffen. Der Holzbau hat durch seine serielle Bauweise gerade dort Potential, wo der Wohnraumbedarf am größten ist: in den Ballungsräumen. Die industrielle Vorfertigung der Decken und Wandelemente oder gar ganzer Raumzellenmodule ermöglicht extrem kurze Bauzeiten.
Dabei ist der mehrgeschossige Holzbau innovativ und erschließt durch neue Produkte aus Laubholz auch architektonisch neue Möglichkeiten. Das in Thüringen entwickelte Furnierschichtholz BauBuche hat zum Beispiel eine ähnlich hohe Druckfestigkeit wie Beton und wird als Stützen und Träger eingesetzt. Derzeit entsteht in Hamburg das Hochhaus „Roots” mit Stützen aus Thüringer Buchenholz. Das heimische Laubholz ist damit auch ein wichtiger Rohstoff für nachhaltiges Bauen und für die Holzbauinitiative der Bundesregierung. Aber auch das Nadelholz gilt es nicht zu vernachlässigen, besonders unter den Vorzeichen des Waldumbaus.
Viel diskutiert wird die Verfügbarkeit von Holz. Selbst bei einer Verdoppelung der Anzahl der Holzbauten werden einer Studie der Ruhr-Universität Bochum zufolge nur etwa vier Millionen Kubikmeter Holz mehr benötigt. Ein Vergleich mit den Holzexporten der letzten Jahre in Höhe von 20 bis 30 Millionen Kubikmeter zeigt, dass nicht eine mangelnde Verfügbarkeit des Materials die Steigerung der Holzbauquote behindert.
Zumindest noch nicht. Denn die Politik schränkt die Holznutzung in Deutschland in den nächsten Jahren derart ein, dass sowohl Brennholz als auch Konstruktionsholz knapp zu werden drohen. Die Stilllegung der Wälder wird mit Milliarden finanziert, wie es unter anderem im „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ geplant ist.
Laut dem kürzlich vom Bundeskabinett beschlossenen Papier soll zusätzlich zum bestehenden Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ ein „ergänzendes Förderinstrument“ entwickelt werden. Dieses soll, so die Vorstellung des Kabinetts, „gezielte finanzielle Anreize für die Erreichung wünschenswerter Zustände wie zusätzliche Strukturvielfalt und Biodiversität in bereits naturnäheren Wäldern“ schaffen und zielt damit auch auf eine teils extensivierte Waldbewirtschaftung ab. Das ANK, das unter anderem auch den Moorschutz finanzieren soll, ist bis 2026 mit voraussichtlich vier Milliarden Euro ausgestattet. Auch in einzelnen Bundesländern gibt es Pläne für weiteren Nutzungsverzicht.
Statt Flächenstilllegungen im Wald zu alimentieren, sollte mit den Mitteln aus dem ANK ein zielgerichteter Waldumbau gefördert werden, der den Wald der Zukunft fit macht für eine auch künftig nachhaltige Nutzung.Ohne eine nachhaltige Bewirtschaftung fehlt uns künftig der Rohstoff aus regionalen Quellen. Es droht dann, dass die Holznachfrage verstärkt aus risikoreicheren Quellen aus dem Ausland bedient werden muss. Zudem verzichtete man auf die Emissionseinsparpotentiale durch die Holzverwendung.
Holzprodukte speichern Treibhausgas
Und diese Potentiale sind beträchtlich: Ein Kubikmeter Holz bindet rund eine Tonne Kohlendioxid. Allein 2022 wurden durch Holzprodukte über das durch die Bäume aufgenommene Kohlendioxid laut Umweltbundesamt (UBA) 8,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente an Treibhausgasen gebunden. Weitere 28 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente konnten im Zuge der Substitution klimaschädlicher Produkte durch Holzerzeugnisse ersetzt werden.
Die Senkenfunktion des Waldes selbst wird durch die Holznutzung ebenfalls gefördert, denn junge und mittelalte Wälder Bäume binden während ihres Wachstums besonders viel CO2. Für 2022 schätzte das UBA die Senkenfunktion des Waldes auf rund 43 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.
Zu warnen ist deshalb davor, Nutzungsverzicht im Wald mit Klimaschutz zu verwechseln. Das Klimaschutzpotenzial des deutschen Waldes besser ausschöpfen können wir vielmehr erst durch das gezielte Miteinander von Waldbau und Holzverwendung, von Wachstum und Ernte. Auch im Interesse künftiger Generationen gilt es deshalb, den Wald unter ökologischen Gesichtspunkten nachhaltig zu bewirtschaften, anstatt die Käseglocke über ihn zu stülpen.
Johannes Schwörer ist seit 2008 Präsident des
Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie (HDH) und Geschäftsführer der
SchwörerHaus KG, die auf Fertighäuser spezialisiert ist.