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Energie & Klima

Standpunkte Raus aus der chinesischen Batterieabhängigkeit:

David Oudsandji, Gründer und CEO von Voltfang.
David Oudsandji, Gründer und CEO von Voltfang. Foto: Voltfang

Energiespeicher werden für die Energie- und Mobilitätswende gebraucht. Noch sind Deutschland und Europa Standort für Batterieforschung und -produktion. Um im Wettbewerb mit China bestehen zu können, sollten die hiesigen Hersteller auf Zirkularität und Innovationskraft setzen.

von David Oudsandji

veröffentlicht am 19.09.2024

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Europa läuft Gefahr, sich bei Schlüsseltechnologien für die Energiewende blind in eine starke Abhängigkeit zu begeben. Bei der PV hat Europa die heimische Industrie bereits aufgegeben. Das Ende der Leuchtturmprojekte der Solarindustrie im Zuge der jüngsten Haushaltseinigung ist der letzte Sargnagel für die Branche in Deutschland. Es dominieren staatlich subventionierte und unter menschenunwürdigen Verhältnissen produzierte Module aus China. Auch bei der Windkraft wachsen die Marktanteile chinesischer Produzenten schnell. Die einzige Industrie, die zumindest bis vor Kurzem für die deutsche Politik relevant genug für Rettungsmaßnahmen war, ist die deutsche Automobilindustrie. Bleibt abzuwarten, ob die Zölle rechtzeitig genug eingeführt worden sind und wirklich eine Wirkung erzielen.

Eine Rettung der deutschen Autoindustrie kann allerdings nur funktionieren, wenn es eine starke heimische Batterieindustrie gibt. Denn der Markthochlauf batterieelektrischer Fahrzeuge hängt entscheidend von Faktoren, wie Reichweite, Ladedauer und Kosten und damit sehr stark von der Qualität der Batterien ab. Damit hängt faktisch die Zukunft der europäischen Automobilindustrie, als auch das Gelingen der Mobilitätswende, grundlegend von der Batterieindustrie ab.

Aktuell kontrollieren fast ausschließlich laut Internationaler Energieagentur chinesische Firmen die Batteriewertschöpfungskette. Weit über die Hälfte der Verarbeitung von Metallen wie Lithium, Kobalt und Graphit findet in China statt. Bei Kathoden und Anoden sowie Batteriezellen liegt die Konzentration bei um die 75 Prozent, Tendenz steigend. Dies stellt ein großes Risiko für die Zukunft des deutschen Industriestandorts dar.

Übrigens sind Batterien sind nicht nur für die Automobilindustrie relevant, sondern generell für das Gelingen der Energiewende. Fehlende Flexibilität kommt Verbraucher*innen schon heute teuer zu stehen, da Erneuerbare zunehmend abgeregelt werden müssen. Mit Hilfe netzdienlicher Batteriespeicher könnte das Netz hingegen einfach stabilisiert und der weitere Ausbau der Erneuerbaren gesichert werden. Das Stromnetz gehört allerdings zu den kritischen Infrastrukturen. Das heißt, der vermehrte Einsatz chinesischer Batteriespeicher birgt sicherheitspolitische Risiken.

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil um die Schlüsseltechnologien

Noch sind Deutschland und die EU ein bedeutender Standort für Batterieproduktion und -forschung. Die Zukunftsaussichten sehen jedoch nicht gut aus.

Bereits heute gibt es starke Überkapazitäten in der Batterieproduktion. Im vergangenen Jahr war die Produktionskapazität für Lithium-Ionen-Batterien doppelt so hoch wie die Nachfrage. Allein die chinesische Produktionskapazität hätte die weltweite Nachfrage decken können. Der Preisverfall, der tendenziell gut ist, setzt dennoch die europäischen Hersteller unter Druck, weil die Produktion hierzulande nicht ohne Abnehmer von erfolgen kann, wie dies in China der Fall ist. In China werden Überkapazitäten gefördert und in den Westen geliefert, manchmal unter den Materialkosten, um die Konkurrenz in Europa langfristig vom Markt zu kehren.

Dies führt zu einem starken Preisverfall und setzt die europäischen Hersteller unter Druck. Dazu kommen andere Probleme: Northvolt, der europäische Hoffnungsträger in der Batterieproduktion, hat Schwierigkeiten mit der Infrastruktur, so dass BMW kürzlich einen Großauftrag stornierte.

In China beginnt aufgrund des starken Preiswettbewerbs bereits eine Konsolidierung der Branche. Gleichzeitig versuchen die USA mit dem Inflation Reduction Act und Zöllen die heimische Batterieproduktion anzukurbeln. Europa steht hingegen daneben und schaut zu.

Kreislaufwirtschaft und Innovationen als Chance

Fakt ist, Europa hat keine nennenswerten Rohstoffvorkommen für Batterien. Zudem ist die Batterieproduktion energieintensiv, was uns aufgrund der vergleichsweise hohen Energiepreise in eine schlechte Wettbewerbsposition bringt.

Es braucht deshalb eine andere Strategie. Durch Kreislaufwirtschaft und Innovationen kann Deutschland und Europa seine Abhängigkeiten reduzieren und weiter eine Rolle in Batterie-Wertschöpfungsketten spielen.

Die Zirkularität von Batterien kann den Bedarf an Rohstoffen und neuen Batterien – und somit unsere Abhängigkeit von China – verringern. Sogenannte Second-Life-Batterien können ausrangierte E-Autobatterien neues Leben einhauchen und den Bedarf an neuen Batterien senken. Damit reduzieren sie nicht nur unsere Abhängigkeit, sondern sie sind auch nachhaltiger und klimafreundlicher als neue Batterien.

Darüber hinaus bieten effektive und effiziente Recyclingverfahren zur Gewinnung und Aufbereitung von Sekundärrohstoffen die Möglichkeit, den Rohstoffbedarf zu reduzieren.

Die ab 2023 geltende EU-Batterieverordnung ist ein großer Schritt in Richtung einer zirkulären Wertschöpfungskette, allerdings müssen die EU und Deutschland verbindlich zirkuläre Geschäftsmodelle fördern und auf der Kundenseite Anreize schaffen, diese zu nutzen.

Ebenso wichtig wie die Kreislauffähigkeit ist der Erhalt der Innovationskraft für die Unabhängigkeit Deutschlands und Europas. Das Potenzial neuer Batterietechnologien und Materialzusammensetzungen ist groß. Natrium-Ionen-Batterien beispielsweise kommen ohne Lithium und kritische Rohstoffe wie Kobalt oder Nickel aus.

Europa und insbesondere Deutschland ist mit seiner Forschungslandschaft ein wichtiger Innovationsstandort. Doch droht Deutschland diese Position bald zu verlieren, denn die jüngste Haushaltseinigung sieht eine weitere Kürzung der Batterieforschung für 2025 vor. Diese wurde bereits für 2024 deutlich reduziert.

Speicherstrategie beschliessen, Forschung fördern

Deutschland und Europa müssen schnell aufwachen, damit dem Batterie-Ökosystem nicht das gleiche Schicksal wie der Solarindustrie widerfährt. Drei Handlungsfelder sind dafür wichtig:

Erstens sollte die Bundesregierung schnell die Speicherstrategie beschließen und darin zentral die Kreislaufführung von Batterien verankern. Der Entwurf des BMWK verkennt bisher den Nutzen von zirkulären und 2nd-life-Batterien für die Ziele der Speicherstrategie und sollte hier dringend nachgebessert werden. In diesem Sinne sollte das BMWK auch enger mit dem BMUV zusammenarbeiten, das für die Kreislaufwirtschaft zuständig ist.

Zweitens sollten zirkuläre und 2nd-life-Batterien aus Europa durch eine stärkere Gewichtung von qualitativen Kriterien in Auktionen und im öffentlichen Beschaffungswesen berücksichtigt werden. Der EU Net Zero Industry Act (NZIA) sieht vor, innovative und nachhaltig hergestellte Technologien bei Ausschreibungen besserzustellen und somit eines der wesentlichen Differenzierungsmerkmale von EU- Wertschöpfungsketten nutzbar zu machen. Eine effiziente Nutzung und Wiederverwendung von Batterien stärkt die Innovationkraft der europäischen Batterieindustrie und reduziert den lebenszyklusbasierten CO2-Fußabdruck von Batterien. 2nd-life-Batterien sollten demnach im Zuge des EU-Durchführungsaktes sowie in der nationalen Umsetzung des NZIA als Erfüllungsoption definiert werden.

Drittens muss die Bundesregierung die Forschungsförderung in innovativen Batterietechnologien und Recyclingverfahren dringend erhöhen und so den Trend der vergangenen zwei Jahre umkehren.

Nur durch nachhaltiges Handeln werden wir im Standortwettbewerb um die Batterieindustrie der Zukunft weiter mitspielen können und unsere Abhängigkeiten reduzieren können.

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