Windenergie ist die entscheidende Säule in der Transformation unserer Energiewirtschaft. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass Deutschland schon jetzt knapp 63 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken kann. Der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien ist angesichts des Ausstiegs aus Kernenergie und Kohleverstromung und der notwendigen Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern von zentraler Bedeutung für die Energieversorgungssicherheit und -unabhängigkeit Deutschlands. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat mit der Festlegung der Flächenziele für Windenergie hierfür den Weg geebnet.
Mit dem aktuellen Gesetzentwurf von CDU/CSU, der von Teilen der Grünen unterstützt wird, soll der Windenergieausbau besser gesteuert werden. Für das Gelingen der Energiewende und eines beschleunigten Ausbaus von erneuerbaren Energien sei dabei von entscheidender Bedeutung, die Flächenplanungen vor Ort durch klar ausgewiesene Windenergiegebiete zu steuern, heißt es im Entwurf. Nur so entstehe eine breite Akzeptanz vor Ort. Dafür brauche es eine bundesrechtliche Lösung, so die Union.
Doch was auf den ersten Blick wie ein Fortschritt aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Hemmschuh für die Energiewende. Die geplanten Neuregelungen würden zu erheblichen rechtlichen Unklarheiten und damit zu einer Flut von Klagen und einem deutlichen Rückgang der Genehmigungs- und anschließend der Ausbauzahlen führen. Das Erreichen der ambitionierten bundespolitischen Ausbauziele von 145 Gigawatt bis 2030 würde massiv erschwert.
Unklare Regel, weitreichende Folgen
Um den Kern des Problems zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die bisherigen Regeln: Durch das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) soll seit 2023 die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden, wonach zwei Prozent der Fläche in Deutschland für die Erzeugung von Windenergie genutzt werden soll. Ziel des Gesetzes ist es, „den Mangel an verfügbarer Fläche für den beschleunigten Ausbau der Windenergie an Land zu beheben“. Zeitlich „sollen bis Ende des Jahres 2027 1,4 Prozent und bis Ende 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergieanlagen ausgewiesen sein.“
Die Länder haben in der Folge mit der Planung für die für Windenergieanlagen in Frage kommenden Flächen begonnen, die spätestens im Jahr 2032 abgeschlossen sein muss. Ziel ist es, transparent die Flächen auszuweisen, die besonders für die Nutzung durch Windenergieanlagen geeignet sind. Damit soll das Genehmigungs-Klein-Klein beendet und der Streit um jede einzelne Anlage vermieden werden. Das ist eigentlich ein guter Ansatz.
Diese Flächenplanungen sind aufgrund der langen Deadline aber größtenteils noch nicht fertig. Damit währenddessen kein Stillstand herrscht, können Windenergieentwickler weiter Anträge auf Genehmigung von Windenergieanlagen stellen.
Dabei kommt es aktuell nicht darauf an, dass gesichert ist, dass die Flächen innerhalb der potenziell für Windkraft ausgewiesenen Bereiche liegen und damit Teil der Regionalplanung werden sollen. Das hat den Vorteil, dass Genehmigungsverfahren durchgeführt werden können, ohne auf den Abschluss der Flächenplanung in sieben Jahren warten zu müssen. Unabhängig davon durchläuft jede Windenergieanlage ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, bei dem alle öffentlichen Belange geprüft werden. Kein Projekt wird ohne die Berücksichtigung aller öffentlicher Interessen umgesetzt. Als verantwortungsbewusster Projektentwickler binden wir die Menschen vor Ort aktiv in die Umsetzung ein.
Niedrige Hürden für die Untersagung
Das neue Gesetz soll dies nun ändern. Behörden sollen während der Flächenplanung eine Untersagungsmöglichkeit für neue Windenergievorhaben bekommen. Einzelvorhaben könnten mit einem einfachen Verweis auf die laufende Flächenplanung abgelehnt werden.
Es ist davon auszugehen, dass die Behörden davon breit Gebrauch machen und bis zur Fertigstellung der Flächennutzungsplanung untätig bleiben werden. In der Praxis wird also zukünftig erst die aufwendige, oft Jahre dauernde Planaufstellung im Land abgeschlossen sein müssen, bevor weitere Anlagen genehmigt werden. Das ist nicht nur ein schwerer Schlag für Windenergieentwickler, sondern auch für die bundesweiten Ausbauziele, die damit in weite Ferne rücken.
Die ganze Absurdität dieser Regelung wird deutlich, wenn man sich die niedrigen Voraussetzungen für die Untersagung einzelner Windenergieprojekte vor Augen führt: Läuft irgendwo in Land oder Kommune eine Windenergieplanung, mit der die Beitragswerte erreicht werden sollen, kann künftig jedes Genehmigungsverfahren dort per Verfügung gestoppt werden. Solch niedrige Hürden für die Untersagung gibt es in kaum einem anderen Bereich des Baurechts. Die Behörden könnten Genehmigungsverfahren für Windräder einfacher stoppen als für Mülldeponien, Tankstellen oder Flughäfen.
Die Folge wäre im schlimmsten Fall ein bundesweites Moratorium für den Windenergieausbau in Deutschland. Ähnliche Landesgesetze in Schleswig-Holstein und Brandenburg haben den Ausbau der Windenergie jahrelang blockiert, bis die neuen Regionalpläne in Kraft traten. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Errichtung von Anlagen zur treibhausgasneutralen Stromerzeugung zum „überragenden öffentlichen Interesse“ erklärt, würde ad absurdum geführt.
Gemeinsame Lösungen notwendig
Der Gesetzentwurf der CDU/CSU birgt das Risiko, den Windenergieausbau zu bremsen, statt ihn zu beschleunigen. Sollte er beschlossen werden, würden die Änderungen zu instabilen Rahmenbedingungen führen und die Errichtung neuer Windanlagen erschweren, wodurch die bundespolitischen Ausbauziele gefährdet wären.
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien müssen Flächenplanungen pragmatisch vorangetrieben werden, um den Windenergieausbau sozialverträglich, umweltfreundlich und mit hoher Akzeptanz zu ermöglichen. Gleichzeitig darf die Vorbereitung der Flächenplanung für zwei Prozent der Landesfläche uns nicht daran hindern, Einzelprojekte im ganzen Land voranzutreiben. Nur wenn beides gelingt, erreichen wir unsere Ausbauziele. Dafür braucht es kein neues Gesetz, sondern verantwortliches Handeln aller Akteure.