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Energie & Klima

Standpunkte Wärmepumpe – die normale Heizung

Hendrik Ehrhardt, Leiter des Bereichs Public Affairs beim Heiztechnikhersteller Stiebel Eltron.
Hendrik Ehrhardt, Leiter des Bereichs Public Affairs beim Heiztechnikhersteller Stiebel Eltron. Foto: Foto: Stiebel Eltron

Die Wärmepumpe ist in der Diskussion um das Heizungsgesetz in Verruf geraten – zu Unrecht, argumentiert Hendrik Ehrhardt vom Heiztechnikhersteller Stiebel Eltron. Aus seiner Sicht bietet die Technologie viele Vorteile für Verbraucher und Umwelt. Er fordert für die Zukunft Klarheit statt Symbolpolitik im Heizungskeller, dann könnte auch die deutsche Heizungsindustrie von einem globalen Trend profitieren.

von Hendrik Ehrhardt

veröffentlicht am 06.02.2025

aktualisiert am 07.02.2025

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Die Wärmepumpe ist für vieles zum Symbol geworden. Die Technologie wird seit einiger von Zeit von Comedians als Objekt der Belustigung genutzt. Auch im politischen Raum wird die Wärmepumpe zu Unrecht als Symbol genutzt. Dabei ist die Wärmepumpe vor alles eines: eine ganz normale Heizung – und im Unterschied zu ihren fossilen Marktbegleitern – eine äußerst effiziente Form der Bereitstellung für Raumwärme und Warmwasser. Darüber spart sie im Vergleich mit anderen Heizungsformen mindestens rund die Hälfte CO2 ein.

Natürlich ist eine Heizung, deren Funktionsweise auf Thermodynamik beziehungsweise dem carnotschen Kreisprozess beruht, erklärungsbedürftig, doch dies sind andere Heizungen auch. Vielmehr noch wurde fast nebenbei in den vergangenen 15 Jahren das Image der Wärmepumpe gezielt diskreditiert.

Mythen um die Wärmepumpe

Erst in den vergangenen circa drei bis vier Jahren hat sich auch außerhalb von Fachkreisen flächendeckend die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Wärmepumpe, richtig geplant, das effizienteste und in vielen Fällen auch das kostengünstigste Heizsystem ist. Mythen rund um Wärmepumpen sind dennoch weit verbreitet. Nicht, weil sie auf Fakten beruhen, sondern weil sie absichtlich verbreitet worden sind. All dies ist der Resonanzboden, auf den die letztjährige Debatte um das Gebäudeenergiegesetz und die daraus zum Teil resultierende Absatzschwäche bei Wärmepumpen gefallen ist.

Doch kommen wir zu den zehn Fakten:

1. Studienlage: Alle Studien sind sich einig – von BDI bis Agora Energiewende – mindestens 80 Prozent aller Gebäude in Deutschland werden künftig über Wärmepumpen, Wärmenetze und Fernwärme beheizt.

2. Der Verkauf von Wärmepumpen ist ein globaler Trend und dies nicht erst seit 2024. Die Investitionen der europäischen Heizungsindustrie in den Aufbau von Produktionskapazitäten für Wärmepumpen in Europa (circa 7 Milliarden Euro), der Verkauf von Viessmann an Carrier, von Wolf an die italienische Ariston-Gruppe, der Erwerb eines Gemeinschaftsunternehmens von Johnson Controls und dem japanischen Industriekonzern Hitachi (Heizungs-, Lüftungs- und Klimalösungsgeschäft für Wohn- und kleine Gewerbegebäude) durch Bosch sowie weitere Marktentwicklungen verdeutlichen die Attraktivität des europäischen Heizungsmarktes für Investitionen.

3. Die letztjährige Kommunikation um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hat bei den Verbrauchern zu einer nachhaltigen Verunsicherung geführt, die sich aus Fakten heraus allein nicht erklären lässt. Die Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude (BEG), also die Förderung beim Erwerb einer neuen Heizungsanlage – ist mit 70 Prozent so auskömmlich wie nie, wenngleich die Investitionskosten bei 30.000 Euro pro Antrag für Einfamilienhäuser gedeckelt sind, was nicht in allen Projekten ausreicht.

Heizen mit Gas wird teurer

4. Im aktuellen GEG sind sieben (!) Erfüllungsoptionen vorgesehen. Hier kann niemand behaupten dies wäre nicht „technologieoffen“. Ein Begriff, der in der Debatte um die Beheizung von Häusern besonders gerne missbräuchlich verwendet wird. Diese Rahmenbedingungen zu erhalten, wäre im Sinne der Planungssicherheit für alle Akteure zielführend sowie betriebs- und volkswirtschaftlich kosteneffizienter.

5. Verhältnis Strom- zu Gaspreis: Durch den Ausbau der Elektromobilität und den Wärmepumpenhochlauf ist der Netzausbau insbesondere im Niederspannungsnetz unerlässlich. Ein Ansteigen der Netzentgelte in diesem Bereich wird also stattfinden. Diesen durch geeignete Finanzierungsmodelle zu flankieren, ist daher geboten und sinnvoll. Bei fossilem Erdgas dürften die anstehenden Veränderungen jedoch nicht minder preissteigernd wirken. So hat die Bundesnetzagentur erst kürzlich die verkürzte Abschreibungsfrist für Gasnetze bis zum Jahr 2035 gestattet. Zu Beginn des Jahres 2025 haben einige Endkunden schon Post von ihren Versorgern bekommen, die zum Teil eine Steigerung der Netzentgelte, wenn auch regional unterschiedlich, um bis zu 46 Prozent ausweist. Was jedoch nur eine Seite der Kostenmedaille darstellt. Denn die Preissteigerungen nach gesetzlichen Beimischungspflicht nach GEG von 15 Prozent Biomethan ab 2029 dürfte sich mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit auch preissteigernd auswirken.

6. Diese Gemengelage hat bei den Unternehmen der Heizungsindustrie aktuell zu Kosteneinsparungen, Kurzarbeit und zum Teil zu Entlassungen von Arbeitskräften, die mittelfristig für den Markthochlauf dringend benötigt werden, geführt.

7. Langfristig hat jeder Verbraucher einen ökonomischen und ökologischen Vorteil vom Umstieg auf die Wärmepumpe ebenso wie die deutsche Heizungsindustrie.

Wärmeplanungsgesetz ohne rechtsverbindlichen Inhalt

8. Wärmepumpen sind eine der sechs Schlüsseltechnologien zur Transformation des Energiesystems Richtung Klimaneutralität, so wie sie die Europäische Union und die Bundesregierung definiert haben. Allein aus diesem Grund wäre es industriepolitisch konsequent, den Heimatmarkt und die Schlüsselkomponenten entsprechend zu unterstützen.

9. Förderung: Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen im Heizungsmarkt und der Diskussion um die Ausgestaltung des Bundeshaushaltes wäre eine nicht angekündigte Kürzung der BEG ein fatales Signal an den Markt und würde beim Endkunden weiteren Attentismus provozieren.

10. Wärmeplanung. So gut die kommunale Wärmeplanung in der Theorie gemeint ist, so hinderlich ist sie in der Praxis für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens, das Wärmeplanungsgesetz (WPG) enthält am Ende des Tages keinerlei rechtsverbindlichen Inhalt, dass Kommunen ihre Pläne tatsächlich umsetzen müssen. Weitere Fallstricke verbergen sich in der Ausweisung von sogenannten Eignungsgebieten für Wasserstoff. Selbstverständlich wissen die meisten Kommunen auf Basis ihrer aktuellen Wärmeerzeugung, ihrer Wohngebiete sowie ihrer industriellen und gewerblichen Struktur ziemlich genau, wie ihre Wärmeversorgung in den kommenden 20 Jahren aussehen wird. Beim Endkunden entsteht jedoch häufig genug der Eindruck, dass es die Kommune in Sachen Wärmeversorgung für sie schon regeln werde, was jedoch in der Minderheit der Fälle den Tatsachen entspricht.

Schaden für deutsche Klimschutzindustrie

Aus den oben genannten Gründen taugt die Wärmepumpe nicht als Symbol für schlecht gemachten Klimaschutz, da sie eine, wenn nicht die zentrale Lösung für die Klimaneutralität von Gebäuden ist. Alle Akteure die nun – aus welchen Gründen auch immer – dieses Pferd weiter reiten, müssen wissen, dass sie einer Verunsicherung im Heizungsmarkt und damit der Nachfrage nach in Deutschland und Europa produzierten Klimaschutzlösungen einen nachhaltigen Schaden zufügen. Zudem werden sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher im Gebäudebestand in ein paar Jahren erinnern und fragen, auf Grundlage welcher Information und welcher Beratung sie ihre Heizungsanlage erneuert haben.

Interessant ist jenseits der Symbolik auch der konkrete Preis für das Heizen. Es dürfte äußerst wahrscheinlich sein, dass man mit einer Wärmepumpe langfristig günstiger heizt. Oder anders ausgedrückt: Sollten sich Kunden für einen neuen Gaskessel entscheiden, müssen sie in jedem Fall mit steigenden Heizkosten rechnen. Wie die Preise für Erdgas künftig aussehen werden, lässt sich zwar nicht exakt vorhersehen – Prognosen gibt es aber schon.

So würden die Kosten laut Bundeswirtschaftsministerium bis 2042 auf bis zu 16,53 Cent pro Kilowattstunde steigen. Für Wärmepumpentarife bewegt sich die Preisspanne in den nächsten zwei Jahrzenten zwischen 30 und 34 Cent pro kWh – 2042 wird der Preis wohl bei 32,65 Cent pro kWh liegen.

Beispielrechnung: 1.540 Euro günstiger als Gaskesselbetrieb

Mit diesen prognostizierten Zahlen lassen sich die voraussichtlichen Heizkosten grob kalkulieren: In einem bestehenden Einfamilienhaus mit einem Energiebedarf von 20.000 kWh pro Jahr für Heizung und Warmwasser verfeuert ein moderner Kessel mit einem Wirkungsgrad von 0,9 etwa 22.000 kWh Gas pro Jahr. Bei einem Gaspreis von rund 17 Cent pro kWh summieren sich die Heizkosten auf knapp 3.740 Euro jährlich.

Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einem Wirkungsgrad von 3 hingegen hat nur einen Strombedarf von 6667 kWh. Geht man von einem Strompreis von 33 Cent pro kWh aus, liegen die Heizkosten demnach bei etwa 2.200 Euro pro Jahr – also mit 1.540 Euro deutlich unter den Kosten für den Gaskesselbetrieb. Fazit: Zum Vorteil von Industrie und Endkunden ist die normale Heizung, die Wärmepumpe heißt.

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