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Energie & Klima

Standpunkte Zwischen Rückschritt und Hoffnung: Die Klimapolitik unter Trump

Felix Creutzig ist Leiter der Forschungsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am MCC Berlin, Freda Pachter ist dort Mitarbeiterin.
Felix Creutzig ist Leiter der Forschungsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am MCC Berlin, Freda Pachter ist dort Mitarbeiterin. Foto: Creutzig/Pachter/MCC

Nach dem Wahlsieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen und einer wahrscheinlichen Mehrheit der Republikaner in beiden Kongresskammern droht eine Kehrtwende in der US-Klimapolitik. Felix Creutzig, Forschungsgruppenleiter am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, beschreibt mögliche Folgen auch für die heute gestartete Klimakonferenz COP29 und warum Gesetze in einzelnen US-Bundesstaaten Hoffnung machen.

von Felix Creutzig, Freda Pachter

veröffentlicht am 11.11.2024

aktualisiert am 12.11.2024

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In seiner zweiten Amtszeit droht Trump zahlreiche Biden-Ära-Klimainitiativen rückgängig zu machen, die Macht der Umweltbundesbehörde zu beschneiden und die USA weiter von ihren Klimazielen zu entfernen. Doch trotz dieser düsteren Aussichten gibt es Hoffnungsschimmer: Einige bereits eingeleitete Maßnahmen auf Bundesebene sowie ambitionierte Klimapolitik in einzelnen Bundesstaaten könnten eine Rückentwicklung bremsen. Auch auf der bevorstehenden COP29 in Baku dürften diese Faktoren eine zentrale Rolle spielen.

Die potenziellen Auswirkungen einer zweiten Trump-Präsidentschaft

Eine zweite Amtszeit Trumps würde voraussichtlich dazu führen, dass die USA sich erneut aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen und ihre Beiträge zu globalen Klimainitiativen wie dem Grünen Klimafonds einstellen. Laut Schätzungen von Carbon Brief könnte dies zu zusätzlichen 4 Gigatonnen CO₂-Emissionen bis 2030 führen – eine Menge, die den jährlichen Emissionen der EU und Japans zusammen entspricht, und Klimaschäden in Höhe von über 900 Milliarden Dollar nach sich ziehen könnte. Langfristig könnten die zusätzlichen Emissionen sogar 27 Gigatonnen bis 2050 erreichen. Doch diese Schätzungen gehen davon aus, dass Biden’s Maßnahmen komplett zurückgenommen werden. Doch wird es soweit kommen?

Die Zukunft des Inflation Reduction Act

Trump hat angekündigt, den Inflation Reduction Act (IRA) aufzuheben. Dies erfordert jedoch die Zustimmung des Kongresses. Während die Republikaner im Senat über eine knappe Mehrheit verfügen, ist eine Mehrheit im Repräsentantenhaus nicht garantiert. Zudem haben einige republikanische Abgeordnete Widerstand gegen eine vollständige Aufhebung signalisiert.

Auch ohne eine formale Aufhebung könnte die Trump-Regierung die Umsetzung der Steuergutschriften des IRA für saubere Energien, Elektrofahrzeuge und energieeffiziente Gebäude verlangsamen oder stoppen. Auch Elon Musk hat sich gegen die Steuergutschriften für Elektroautos ausgesprochen. Maßnahmen wie die überparteilich unterstützte Infrastrukturgesetzgebung (IIJA) dürften jedoch unberührt bleiben.

Eingriffe in Bundesbehörden

Trump plant, die Macht der Bundesumweltbehörde, des Energieministeriums, der wissenschaftlichen Behörden sowie der NASA massiv zu beschneiden. Er hat angekündigt, Elon Musk als Berater einzusetzen, um die Behörden von erfahrenem Personal zu „befreien“. Dies könnte zu einem massiven Verlust an Expertise führen, wie bereits während seiner ersten Amtszeit geschehen. Darüber hinaus wird erwartet, dass er Regeln zu Kohlenstoffemissionen von Kraftwerken, Methanemissionen aus der Öl- und Gasindustrie, Fahrzeugstandards und Energieeffizienz aufhebt. Gleichzeitig könnten öffentliche Flächen verstärkt für fossile Brennstoffförderung genutzt werden.

Hoffnungsschimmer: Staatliche Initiativen und frühzeitige Förderungen

Ein wichtiger Lichtblick sind die Bemühungen auf Ebene der Bundesstaaten, etwa um Emissionen aus der Stromerzeugung zu vermindern, wie in der Regional Greenhouse Gas Initiative (RGGI), oder Emissionen einen Preis zu geben wie in den Handelssystemen in Kalifornien und Washington. Sie bleiben von Trumps Politik unberührt. Kalifornien führt zudem strenge Standards für die Kraftstoffeffizienz an, die von 19 weiteren Staaten übernommen wurden. Während Trump neue EPA-Ausnahmeregelungen blockieren könnte, sind bestehende Regelungen durch rechtliche Präzedenzfälle wie den Ohio vs. EPA-Fall geschützt.

Darüber hinaus hat die Biden-Administration bereits 90 Milliarden Dollar der für den IRA vorgesehenen Klimaförderungen ausgezahlt, was über 70 Prozent der verfügbaren Mittel entspricht. Diese frühzeitigen Ausgaben könnten mögliche Rückschritte abfedern. Gleichzeitig hat der IRA private Investitionen in Höhe von über 265 Milliarden Dollar für saubere Energien ausgelöst, was den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft trotz politischer Unsicherheiten vorantreibt.

Auch Trump wird ökonomische Kräfte nicht überwinden können. Erneuerbare Energien, aber auch Batterietechnologien und sogar Wärmepumpen sind mittlerweile kostengünstig und ihren fossilen Alternativen teilweise schon überlegen. Die größte Gefahr droht durch regulative Bremsen, etwa durch Ablehnung von benötigten Genehmigungen für neue Energieinfrastrukturen.

Ausblick auf die COP29

Angesichts der Herausforderungen, die eine mögliche zweite Trump-Präsidentschaft für den Klimaschutz darstellen würde, ist eine neue Sichtweise auf multilaterale Kooperation und nationale Initiativen umso wichtiger. Staaten- oder Länderkonstellationen der Willigen sollten zusammenarbeiten, um Anreize und Dynamiken zu schaffen, die den Übergang von fossilen Brennstoffen hin zu einem Solarenergieregime zunehmend fördern. Ein Beispiel ist die Besteuerung der Luxusemissionen von Privatflugzeugen und Jachten, deren Einnahmen dafür genutzt werden, effektive Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern zu unterstützen.

Andere Staaten und Ländern könnten sich auf Energieautarkie und Sicherheitsstrategien konzentrieren, dabei Lösungen identifizieren, bei denen kohlenstoffarme Alternativen fossile Energien auch in sicherheitsrelevanten Aspekten übertreffen. Damit wäre für den Klimaschutz auch unter Trump viel gewonnen.

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