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Sustainable Finance

Standpunkte Warum wir mehr ESG-Skills brauchen

Melanie Kubin-Hardewig, Vizepräsidentin Corporate Responsibility der Deutschen Telekom
Melanie Kubin-Hardewig, Vizepräsidentin Corporate Responsibility der Deutschen Telekom Foto: Deutsche Telekom

Nachhaltig leben ist komplex, nachhaltig wirtschaften erst recht. Beschäftigte brauchen neue fachliche und persönliche Kompetenzen. Unternehmen tun gut daran, sie Führungskräften und Mitarbeitenden jetzt zu vermitteln – und das auf eine umfassende Art und Weise, meint Melanie Kubin-Hardewig von der Telekom in ihrem Standpunkt-Gastbeitrag.

von Melanie Kubin-Hardewig

veröffentlicht am 10.05.2024

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Nachhaltigkeit ist nicht einfach. Nicht einmal im Supermarkt: Bio-Rindfleisch fördert zwar eine artgerechte Tierhaltung und ist gesünder für den Menschen. Doch der CO2-Fußabdruck ist größer als der von Rindfleisch aus konventioneller Viehzucht. Bei Bio-Schweinefleisch ist es dann genau andersherum. Es hat eine deutlich geringere CO2-Bilanz als konventionelles Schweinefleisch. Grundsätzlich wäre der Verzicht auf Fleisch insgesamt sinnvoll, jedoch kann man auch nicht pauschal sagen, dass pflanzliche Produkte automatisch nachhaltig sind.

Schon dieses Beispiel zeigt: Umweltbewusst leben ist vielschichtig – nicht bloß beim Einkaufen. Wer nachhaltig handeln möchte, braucht dafür jede Menge neue Informationen und Kompetenzen.

Ökologische und soziale Weiterbildung erforderlich

Das gilt auch in Unternehmen. Damit Nachhaltigkeit in Organisationen erfolgreich ist, muss sie in allen Bereichen, Funktionen und Prozessen ein- und umgesetzt werden. Das verändert unter anderem die notwendigen Fähigkeiten der Beschäftigten. Denn sie müssen sich künftig auch mit ökologischen und sozialen Aspekten auskennen, brauchen einen ethischen Wertekompass und die Fähigkeit, verantwortungsvoll im Sinne der ESG-Kriterien des Unternehmens zu handeln.

Arbeite ich als Beschäftigte im Einkauf, bin ich heute geschult darin, Markt und Wettbewerb zu verstehen. Ich analysiere Lieferanten, Produkte und Preise, erarbeite Verhandlungs- und Warenstrategien. Nun kommt eine neue Dimension hinzu: Ich muss beurteilen, wie umweltverträglich ein Produkt ist und ob es soziale Auswirkungen – positive wie negative – hat. Dies muss ich in eine Relation zu Preisen und Lieferbedingungen setzen. Und all diese Aspekte gegeneinander abwägen.

Dafür brauchen Beschäftigte neues Wissen und neue Methodenkompetenz. Sie müssen lernen, sich mit Informationen auseinanderzusetzen, die aus verschiedenen Quellen und Systemen stammen und eine andere Struktur sowie Bewertung erfordern. Der Umgang mit Unsicherheiten und Widersprüchen, sowohl zwischen ESG-Aspekten als auch im Hinblick auf andere Unternehmensziele, wird zum notwendigen Handwerkszeug.

Konfliktfähigkeit und Kompetenzprogramme stärken

Hinzu kommt: ESG-Ziele um- und durchzusetzen verläuft nicht reibungsfrei. Es bedeutet, mit Kolleg:innen zu diskutieren, Zielkonflikte zu lösen und sich mit anderen Fachbereichen auseinanderzusetzen. Heißt: Beschäftigte brauchen stärkere Kommunikations-, Verhandlungs- und Überzeugungskompetenzen. Sie benötigen eine neue Art von Resilienz, die ihnen hilft, mit immer komplexeren Anforderungen umzugehen.

Unternehmen müssen für ihre Mitarbeitenden daher passende Qualifizierungsprogramme bieten, Lernplattformen und -angebote schaffen, Zeit und Freiräume vorsehen, um sich fortzubilden. Eine dauerhafte Aufmerksamkeit des Managements für das Thema ist ebenso wichtig wie die Bereitschaft, finanziell in ESG-Skilling zu investieren. Denn es wird keinen Sektor geben, der dauerhaft auf Nachhaltigkeit verzichten kann. Wer nicht investiert, kann in unseren modernen Märkten nicht bestehen.

ESG ist schon heute vielfach in die strategischen Steuerungselemente und die Incentivierungsmaßnahmen von Unternehmen integriert. So sind die Indikatoren „Energieverbrauch“ und „CO2-Ausstoß“ bei der Telekom Bestandteile der variablen Vergütung für Vorstandsmitglieder und Führungskräfte.

Führungskräfte als Vorbilder

ESG setzt das passende Mindset voraus. Führungskräfte definieren Richtung und Strategie, sollten aber auch eine nachhaltige Kultur etablieren und vorleben. Sie brauchen als erste umfangreiches ökologisches und soziales Wissen sowie die Fähigkeit, die Wirkungen ihrer Arbeit in einen größeren Kontext einzuordnen und Dilemmas zu moderieren.

Lösungsorientierte Ansätze rund um den Klimawandel und soziale Ungerechtigkeit werden zu einer festen Führungsaufgabe. Dabei müssen Mitarbeitende im Management bereit sein, ihren Kurs zu korrigieren, wenn es beispielsweise neue Daten, Erkenntnisse oder Zielsetzungen aus Forschung, Politik oder von den Finanzmärkten gibt. Anpassungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft sind entscheidend.

Es wird mehr denn je Teil der Führungsverantwortung, die Beschäftigten zu befähigen, nachhaltig zu wirtschaften. Besonders wichtig dabei ist es mir, dass Führungskräfte ihre Teams motivieren, Visionen vermitteln und kleine, konkrete Erfolge feiern. Einfach ausgedrückt sollten Führungskräfte zeigen: ESG kann Spaß machen. Denn eines sollten wir bei all den Herausforderungen nicht vergessen: Menschen wollen Dinge bewegen und gemeinschaftlich an sinnvollen Zielen arbeiten. Das müssen wir fördern.

Als Gesellschaft stehen wir vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Der Klimawandel frustriert und ängstigt viele Menschen, auch demokratische Werte werden zunehmend auf die Probe gestellt. Unternehmen können diesen Herausforderungen etwas entgegensetzen. Wenn wir es gemeinsam anpacken.

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