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Standpunkte Ziele auf dem CO2-Zertifikatemarkt einen

Jérôme Cochet ist Mitgründer und Geschäftsführer von Goodcarbon, einem Spezialisten für CO2-Bindungsprojekte aus Berlin.
Jérôme Cochet ist Mitgründer und Geschäftsführer von Goodcarbon, einem Spezialisten für CO2-Bindungsprojekte aus Berlin. Foto: Goodcarbon

Der Ruf freiwilliger CO2-Bindungsprojekte hat in den vergangenen Jahren gelitten. Der wohl wichtigste Grund dafür ist ein wirtschaftlicher Zielkonflikt zwischen den Käufern und Verkäufern der entsprechenden CO2-Zertifikate. Jérôme Cochet, Geschäftsführer des Berliner Startups Goodcarbon, schreibt: Nur gemeinsame wirtschaftliche Ziele können beide Seiten zusammenbringen.

von Jérôme Cochet

veröffentlicht am 07.11.2024

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Alle, die in den vergangenen zehn Jahren geflogen sind, kennen das Angebot als festen Teil des Buchungsprozesses: Möchten Sie Ihre CO2-Emissionen kompensieren? Und egal, welche Umfrage man zu Rate zieht, nur eine absolute Minderheit klickt hier auf „ja“ – laut Recherchen des Branchenportals FVW sind es bei der Lufthansa gerade einmal drei Prozent. Und auch außerhalb der Flugbranche hat freiwillige CO2-Kompensation oft einen schlechten Ruf. Ähnliches gilt für Unternehmen: Nur ein Bruchteil investiert in CO2-Bindungsprojekte.

Zertifikateanbieter brauchen vorab Kapital

Angesichts der Berichterstattung der vergangenen Jahre und des oft unübersichtlichen Marktes ist das kein Wunder. Beim Kauf von CO2-Zertifikaten ist es häufig schwierig bis unmöglich, die konkreten Projekte vorab im Detail kennenzulernen und wenn, dann wird ihr positiver Beitrag nicht wirklich klar. Auch werden zum Beispiel Projekte, die bereits emittiertes CO2 binden, häufig in einen Topf geworfen mit solchen, durch die neue Emissionen verhindert werden sollen.

Das alles bremst einen Markt, den wir eigentlich dringend brauchen. Der Weltklimarat IPCC warnt seit Jahren, dass die weltweiten Klimaziele ohne CO2-Bindungsprojekte nicht mehr erreichbar sind. Lösen lässt sich das Problem erst, wenn wir erkennen: Die Wünsche von Käufern und Verkäufern von CO2-Bindungsprojekten und der entsprechenden Zertifikate unterscheiden sich stark.

Auf Seiten der Anbieter heißt das: Um sicher und vor allem nachhaltig CO2 zu binden, müssen die entsprechenden Projekte langfristig angelegt sein und brauchen bereits Kapital, bevor sie überhaupt die erste Tonne CO2 binden. Um einen glaubwürdigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, dürfen sie sich außerdem nicht ausschließlich auf die Bindung des Klimagases konzentrieren, sondern müssen auch die Biodiversität fördern und im Einklang mit den Interessen der lokalen Bevölkerung sein.

Zertifikatekäufer wollen Flexibilität und Verlässlichkeit

Auf der anderen Seite stehen die kaufenden Unternehmen, die vor allem eines wollen: Ihre eigenen Emissionen flexibel ausgleichen, und das mit der Sicherheit, dass die versprochene Menge Klimagas auch tatsächlich gebunden wird. Diese Wünsche sprechen aber, rein wirtschaftlich, gegen ein langfristiges Engagement in ausgewählte Projekte. Was, wenn sich während der Aufbauphase eines Projekts die politischen Rahmenbedingungen ändern? Was, wenn eine Naturkatastrophe passiert?

Viele der Probleme, die wir in den vergangenen Jahren mit CO2-Bindungsprojekten gesehen haben, lassen sich so erklären. Projekte wurden so geplant, dass sie möglichst schnell möglichst viele Zertifikate ausstellen dürfen, mit möglichst wenig Vorab-Investment. Ob die Projekte wirklich einen positiven Beitrag leisten, war zweitrangig.

Wenn wir CO2-Bindungsprojekte wollen, die diesen Namen auch verdienen, müssen wir diesen wirtschaftlichen Konflikt lösen. Wir brauchen eine Brücke zwischen Unternehmen, die möglichst viel Flexibilität und Sicherheit wollen, und den Anbietern, die ohne langfristiges Engagement kaum nachhaltige Projekte aufbauen können. Doch wie kann eine solche Brücke aussehen?

Wie Käufer Sicherheit bekommen können

Eine Mittelfristplanung von drei bis fünf Jahren ist bei den meisten Unternehmen üblich. Damit sie diesen Zeithorizont auch bei ihren CO2-Projekten anwenden, brauchen sie aber Sicherheit. Viele Unternehmen wären durchaus bereit, Kaufzusagen für zum Beispiel CO2-Zertifikate in fünf Jahren zu machen – aber nur, wenn sie sich auch sicher sein können, dass die entsprechenden Projekte auch liefern, wie versprochen. Es geht sogar noch weiter: Aktuell schließen sich erste Unternehmen zusammen, um gemeinsam Kaufzusagen für CO2-Projekte zu machen, deren Wirkung sich erst in der Zukunft entfalten wird. Doch auch sie fordern zuerst eine gewisse Sicherheit.

Dank solcher Koalitionen und ihrer Kaufzusagen können dann wiederum Investoren agieren. Sie finanzieren frühzeitig CO2-Bindungsprojekte mit der Aussicht, zumindest einen guten Teil der daraus entstehenden Zertifikate dank der Kaufzusagen sicher verkaufen zu können.

Damit diese Investoren aber keine zu hohen Risikoprämien verlangen und den jungen Markt gleich wieder abwürgen, fehlt noch ein drittes und entscheidendes Element: Versicherungslösungen für Projekte, die erst in der Zukunft CO2-Zertifikate erzeugen werden, sogenannte Carbon Credit Forwards. Idealerweise ersetzt diese Versicherung ausgefallene Zertifikate nicht durch Geld, sondern durch gleichwertige Ersatz-Zertifikate. In der Finanzwelt sind gerade solche Zukunfts-Versicherungen entscheidend, damit bestimmte Märkte überhaupt erst in ausreichender Größe entstehen.

Je einfacher und günstiger es wird, wirklich nachhaltige und langfristig angelegte Projekte zu finanzieren, desto leichter wird es auch sein, qualitativ hochwertige CO2-Zertifikate auszustellen, die über die reine CO2-Bindung hinaus wirken. Und je mehr dieser Projekte existieren, desto leichter wird es für Konsumentinnen und Konsumenten, die minderwertigen Zertifikate auszusortieren und sich für einen echten positiven Beitrag zu entscheiden.

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