Seit 2020 steht die Kurier-Express-Post-Branche (KEP) vor zunehmenden Unsicherheiten. Die Antriebswende ist dabei nur eine von vielen Herausforderungen. Erfahrungen aus dem wöchentlich stattfindenden Lagezentrum des Bundesverbands der Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP) sowie Gespräche mit Mitgliedern zeigen: Unternehmen, die Unsicherheit als Teil der Rahmenbedingungen akzeptieren, handeln planvoller, schneller und flexibler. Hohe Planungssicherheit gibt es nicht mehr.
Wichtiger als eine perfekte Entscheidung ist die Fähigkeit, flexibel neue Entwicklungen aufzugreifen. Unternehmen sollten daher nicht auf die Klärung offener Fragen zu Technologie, Ladeinfrastruktur und staatlicher Förderung warten, sondern mit verfügbaren Optionen arbeiten, kurzfristig erste Erfahrungen sammeln und die langfristige Strategie auf- sowie umsetzen.
Gesellschaftlich erscheint es aktuell opportun, sich nicht klar zu positionieren. Die unternehmerische Praxis zeigt jedoch: Eine klare Haltung zur Antriebswende verschafft Unternehmen und Kunden Orientierung sowie Planungssicherheit. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob sie sich für oder gegen die Umsetzung der Antriebswende entscheiden.
Unternehmensphilosophie schärfen und Netzwerke nutzen
Neben den beschriebenen Unsicherheiten spielen hierbei wirtschaftliche Überlegungen aber auch die Erwartungen von Kunden und Angestellten, den Kommunen und dem Gesetzgeber eine Rolle. Unternehmen, die bewusst entscheiden, ob und wie sie auf alternative Antriebe setzen, können ihre Ressourcen gezielter einsetzen sowie intern und extern besser kommunizieren.
Der Markt verändert sich schneller als früher. KEP-Dienste, die sich in Netzwerken engagieren, profitieren von einem Wissensvorsprung. Der Austausch über Best Practices, Fördermöglichkeiten und politische Entwicklungen erleichtert strategische Entscheidungen und reduziert das Risiko, von Kundeanforderungen, regulatorischen oder technologischen Veränderungen überrascht zu werden. Anders als früher, als das eigene Erfahrungswissen oft ausgereicht hat, ist heute das Wissen vieler Beteiligter wichtig, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Die Antriebswende bringt technische und wirtschaftliche Herausforderungen mit sich: Reichweiten-Begrenzungen, Ladeinfrastruktur, Investitionskosten und anzupassende Softwarelösungen für das Touren- und Flottenmanagement. Unternehmen, die pragmatisch vorgehen, können erste Schritte unternehmen, ohne sich zu verzetteln.
Fokus auf das Machbare
Manche Betriebe testen Elektrofahrzeuge zunächst mit einfachen Ladelösungen, wie Haushaltssteckdosen oder öffentlichen Ladestationen, bevor sie größere Investitionen tätigen oder Mietfahrzeuge einsetzen. Andere bauen Mischflotten mit alternativen Antrieben auf, um flexibel auf verschiedene Einsatzszenarien zu reagieren. Der BdKEP unterstützt Mitglieder mit Testfahrzeugen und Einkaufsvorteilen, um erste Erfahrungen sammeln zu können oder langfristig zu investieren.
Die Diskussion über die Antriebswende ist oft polarisiert und emotional. Wenige Meldungen basieren auf fundierten Analysen. Unternehmen sollten sich auf als vertrauenswürdig eingestufte Informationsquellen stützen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Der intensive Austausch mit Branchenkollegen und Experten hilft, Fehlinformationen zu vermeiden und umfassende Einschätzungen zur Marktentwicklung zu gewinnen.
Ein strukturierter Umgang mit Informationen ist entscheidend, um Überforderung zu vermeiden. Regelmäßig, aber nicht ständig relevante Entwicklungen verfolgen, ohne sich von tagesaktuellen Debatten verunsichern zu lassen, ist die Devise.
Antriebswende: Ergebnis unklar, aber der Geist ist aus der Flasche
Unternehmen, die sich entscheiden, die Antriebswende komplett zu ignorieren, setzen ihre Zukunftsfähigkeit aufs Spiel. Die Erfahrungen der Unternehmen, Marktentwicklungen sowie die Stimmungs- und Faktenlage auf Branchenveranstaltungen zeigen klar, dass nachhaltige und alternative Antriebskonzepte unvermeidlich sind.
Wer sich dem Wandel komplett verweigert, wird eventuell kurzfristige Vorteile realisieren, jedoch mittel- und langfristig nicht nur wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müssen, sondern auch zunehmend von politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen überholt werden. Jetzt ist der Zeitpunkt, sich entsprechend aufzustellen und aktiv mit den ersten Schritten zur Antriebswende zu beschäftigen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.