Rohstoffabhängigkeit, perspektivisch fehlende Recyclingkapazitäten und lückenhafte Wertschöpfungsketten gefährden die Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit. Die EU-Batterieverordnung ist seit einem Jahr in Kraft und gibt wichtige Impulse für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft, doch ohne entschlossenes Handeln aller Akteure im Ökosystem Batterie bleibt Europas Batterieindustrie hinter ihrem Potenzial zurück.
Batterien sind global auf dem Vormarsch, und die Zahl der Anwendungsfelder wächst. Im vergangenen Jahr wurden weltweit etwa 17,1 Millionen Elektrofahrzeuge verkauft, was einem Anstieg von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im gleichen Zeitraum stieg allein in Deutschland die Zahl der Heimspeicher um knapp 50 Prozent von 1,2 auf 1,8 Millionen.
Doch Europa droht im globalen Wettbewerb zurückzufallen: Während die weltweite Nachfrage nach Batterien rasant wächst, stammen derzeit weniger als zehn Prozent der weltweiten Batterieproduktion aus Europa.
Importabhängigkeit bei Rohstoffen reduzieren
Ein Kernproblem bleibt die Abhängigkeit von Primärrohstoffimporten, insbesondere aus China, das rund 70 Prozent der weltweiten Lithiumverarbeitung und einen Großteil der weltweiten Kobalt- und Nickelproduktion kontrolliert. Eine vollständige Autarkie ist auch künftig unrealistisch, jedoch um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, muss Europa nicht nur eine funktionierende Batterieproduktion aufbauen, sondern auch eine heimische Recyclingindustrie fördern, um die wertvollen Rohstoffe in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu überführen und damit die Importabhängigkeit zu reduzieren. Der Aufbau europäischer Märkte für recycelte Batteriechemikalien ist daher strategisch notwendig.
Ein zentraler Schritt in diese Richtung war das Inkrafttreten der EU-Batterieverordnung (Batt2) im Februar 2024. Ziel der Verordnung ist es, zum Funktionieren des Binnenmarktes beizutragen und gleichzeitig die negativen Umweltauswirkungen des Entstehens und der Bewirtschaftung von Altbatterien auf die Umwelt zu verringern.
Dabei setzt sie verbindliche Vorgaben für Nachhaltigkeit, Recyclingquoten und den Anteil recycelter Materialien, um Batterien umweltfreundlicher zu gestalten und wertvolle Rohstoffe im Kreislauf zu halten. Die schrittweise Steigerung dieser Quoten und die Dokumentationspflichten der Hersteller sollen die Transparenz und die Rückverfolgbarkeit der Batterierohstoffe verbessern. Auf diese Weise werden wichtige Impulse für den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft in Europa gegeben.
Doch die Verordnung allein reicht nicht aus. Europa verfügt noch nicht über ausreichende Recyclingkapazitäten: Es fehlt an ganzheitlichen Recyclern und ausreichender Vorbehandlungskapazität. Und ohne eine funktionierende Lieferkette für Sekundärmaterialien und klare wirtschaftliche Anreize für die Nutzung recycelter Rohstoffe droht die Kreislaufwirtschaft ins Stocken zu geraten.
Ein Jahr nach Einführung von Batt2 wird deutlich, dass gezieltere Bemühungen seitens Industrie und Politik erforderlich sind, um den Batterie- und Recyclingsektor in Europa zukunfts- und wettbewerbsfähig zu machen.
Unterschiedliche Batterietypen und fehlende Abnehmer bremsen
Die technologische Vielfalt auf dem Batteriemarkt erschwert zudem das Recycling. Während für nickelbasierte Batterien, die vor allem in hochwertigen Elektrofahrzeugen verwendet werden, bereits funktionierende Recyclingstrukturen in Europa existieren, fehlt es an entsprechenden Kapazitäten für LFP-Batterien (Lithium-Eisenphosphat). Diese werden zunehmend in preisgünstigeren Elektrofahrzeugen verbaut, enthalten aber – abgesehen von Lithium – kaum wirtschaftlich interessante Rohstoffe, was ihre Rückgewinnung unattraktiv macht.
Ein weiteres Hindernis stellt der fehlende Absatzmarkt für recycelte Batteriechemikalien in Europa dar, sodass wertvolle Materialien trotz aufwendiger Recyclingprozesse in Länder außerhalb Europas exportiert werden.
Diese Entwicklung untergräbt das Ziel der EU, eine möglichst eigenständige und nachhaltige Rohstoffversorgung aufzubauen. Um das volle Potenzial der Kreislaufwirtschaft auszuschöpfen, braucht es sowohl Investitionen in die Weiterentwicklung der Recyclingtechnologien als auch wirtschaftliche Anreize für die Nutzung recycelter Materialien in der europäischen Industrie.
Transparenz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenbringen
Die EU-Batterieverordnung setzt den wichtigsten regulatorischen Rahmen für die Harmonisierung der Branche. Die gesamte Wertschöpfungskette von Batterien muss außerdem transparenter werden, um Umwelt- und Sozialstandards konsequent einzuhalten. Digitale Technologien können dabei helfen, den Materialfluss nachzuvollziehen und die Herkunft von Rohstoffen lückenlos zu dokumentieren. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist der digitale EU-Produktpass für Batterien, der ab Februar 2027 eingeführt wird und für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit in der Branche sorgen soll.
Harmonisierung ist wichtig und richtig, darf jedoch nicht in überbordender Bürokratie münden, die letztlich die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt. Bürokratische Hürden müssen abgebaut und vor allem Prozesse beschleunigt werden. Denn komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren bremsen den Ausbau der dringend benötigten Recycling-Infrastruktur. Behördenbedingte Verzögerungen oder wiederholte Nachforderungen gefährden die Planungssicherheit der Unternehmen.
Ebenso entscheidend ist eine gezielte Förderung von CO2-armen Produktionsverfahren und innovativen Recyclingtechnologien, um die Umweltbilanz von Batterien über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu verbessern und die europäischen Klimaziele nachhaltig zu unterstützen.
Die Zeit drängt – Europa muss gemeinschaftlich handeln
Die Transformation hin zu einer zirkulären Batterieproduktion kann durch ein abgestimmtes Zusammenspiel aller Beteiligten gemeistert werden. Die EU-Batterieverordnung setzt einen wichtigen regulatorischen Rahmen, aber ihr Erfolg hängt entscheidend davon ab, wie effektiv es gelingt, sämtliche Akteure entlang der Wertschöpfungskette – von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis hin zum Recycling – in einen koordinierten und zukunftsorientierten Entwicklungsprozess einzubinden. Dabei geht es nicht nur um wirtschaftliche Rentabilität, sondern um eine strategische Notwendigkeit für die europäische Energiewende und die Sicherung von Rohstoffen.
Durch eine Zusammenarbeit von Politik, Industrie und Forschung kann Europa seine Abhängigkeit von Importen verringern und eine nachhaltige und wettbewerbsfähige Batterieindustrie aufbauen. Nur gemeinsam kann diese genuin europäische Aufgabe bewältigt werden.