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Standpunkte Pro: Der Brennstoffzellen-Pkw wird gebraucht

Thomas von Unwerth, Professor für Alternative Fahrzeugantriebe an der TU Chemnitz
Thomas von Unwerth, Professor für Alternative Fahrzeugantriebe an der TU Chemnitz

Am Brennstoffzellen-Pkw sollte weiter geforscht werden, findet Thomas von Unwerth, Professor für Alternative Fahrzeugantriebe an der Technischen Universität Chemnitz. Für den früheren Volkswagen-Projektleiter für Brennstoffzellen ist klar: Weitet man den Fokus von der reinen Energieeffizienz, wird klar, dass Brennstoffzellenfahrzeuge dringend benötigt werden.

von Thomas von Unwerth

veröffentlicht am 12.02.2021

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Brennstoffzellenfahrzeuge abzuschaffen, noch bevor sie überhaupt eine Chance im Markt erhalten haben, wäre mehr als fahrlässig. Die Technologie wurde in den vergangenen Jahrzehnten eher zögerlich behandelt. Dadurch konnte sich die Batterietechnologie – getrieben von erheblichen Subventionen – auf einen höheren Reifegrad entwickeln. Damit scheinen batterieelektrische Fahrzeuge vor allem aufgrund ihres nachweislich in vielen Anwendungsszenarien höheren Wirkungsgrades dafür zu sprechen, dass andere Antriebsarten nur minderwertig sein können. 

Jedoch spielen im realen Umfeld, besonders bei Kraftfahrzeugen, auch andere Kriterien eine wichtige Rolle. Das aktuelle Kaufverhalten lässt deutlich erkennen, dass oft über den reinen Wirkungsgrad hinaus andere Argumente überwiegen: Zum Beispiel Reichweite, Ladedauer und Komfort-Aspekte wie Heizen, Kühlen und Verfügbarkeit von Nebenverbrauchern und Infrastruktur, als auch emotionale Aspekte in Design und Funktionalität. Dazu kommen zunehmend Betrachtungen zur Umweltverträglichkeit – nicht nur bezogen auf die Betriebsphase, sondern auch in Bezug auf Herstellung und Recycling.

Die Brennstoffzelle lässt sich viel besser recyceln

In vielerlei Hinsicht kann da schon zum heutigen Entwicklungsstand die Brennstoffzelle punkten. Sie benötigt weniger kritische Rohstoffe und lässt sich relativ einfach wieder zerlegen und wiederverwerten. Der zum Betrieb benötigte Wasserstoff lässt sich in sehr kurzer Zeit nachtanken und erlaubt damit auch lange Strecken ohne nennenswerte Unterbrechungen – auch mit großen, schweren Fahrzeugen. Die zentralen Tankstellen sind darüber hinaus von bekanntem Format, und bieten üblichen Komfort und Zuverlässigkeit. Bei einer dezentralen Versorgung auf Basis von sehr vielen einzelnen Ladepunkten ist das nur schwer darstellbar. Man denke nur an Wartung und Service sowie an verschiedene Möglichkeiten von Sabotage und Vandalismus. Außerdem bleiben die Kosten für eine feste Zahl an Tankstellen begrenzt, wohingegen die für eine Ladeinfrastruktur mit der Anzahl der Fahrzeuge kontinuierlich ansteigen.

Wasserstoff kann zeitversetzt lokale Bedarfe abdecken

Wasserstoff als Kraftstoff bringt zusätzlich Vorteile mit. Als chemischer Energieträger und heute bereits verfügbar aus vielerlei Quellen, kann das Gas emissionsfrei hergestellt und mit hohen Energiedichten gespeichert und transportiert werden. Dies bringt besonders im globalen Kontext den Vorteil, dass Energie auch von weit entfernten Orten dazu dienen kann, zeitversetzt lokale Bedarfe abzudecken. Und das nicht nur für die Mobilität, sondern auch Sektor übergreifend für Industrie und Haushalte.

Solange man also den Blick rein auf die Energieeffizienz richtet und nur eine Anzahl von Fahrzeugen im lokalen Umfeld betrachtet, kann die Batteriemobilität erste Wahl sein. Werden aber andere Gesichtspunkte gleich oder höher bewertet, bekommen Brennstoffzellenfahrzeuge einen viel höheren Stellenwert. Gerade wenn ein umfassender, nachhaltiger und globaler Wandel zu emissionsfreier Mobilität in der breiten Masse gelingen soll, werden ergänzend zu Batterie- auch Brennstoffzellenfahrzeuge dringend benötigt. 

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