Erweiterte Suche

Digitalisierung & KI

Standpunkte Der Maschinenraum muss funktionieren: Den Staat zukunftsfit machen

Franziska Hoppermann (CDU/CSU), Berichterstatterin für Verwaltungsdigitalisierung (Foto: Tobias Koch).
Franziska Hoppermann (CDU/CSU), Berichterstatterin für Verwaltungsdigitalisierung (Foto: Tobias Koch).

Bei der Modernisierung der Verwaltung sind die Zeiten für Notlösungen vorbei. Stattdessen müssen tiefgreifende Reformen her, schreibt Franziska Hoppermann, CDU/CSU-Berichterstatterin für Verwaltungsdigitalisierung. Dazu müssen Querschnittsaufgaben zentral gebündelt werden – und ein Digitalministerium ist hier nur der Anfang.

von Franziska Hoppermann

veröffentlicht am 15.10.2024

Lernen Sie den Tagesspiegel Background kennen

Sie lesen einen kostenfreien Artikel vom Tagesspiegel Background. Testen Sie jetzt unser werktägliches Entscheider-Briefing und erhalten Sie exklusive und aktuelle Hintergrundinformationen für 30 Tage kostenfrei.

Jetzt kostenfrei testen
Sie sind bereits Background-Kunde? Hier einloggen

Deutschland steht vor entscheidenden Herausforderungen. Die Modernisierung unseres Staates ist längst überfällig, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Es genügt nicht mehr, bestehende Strukturen nur zu reparieren oder gar Umgehungsstrukturen zu bauen, damit Dinge vermeintlich besser funktionieren. Wir brauchen tiefgreifende Reformen, die den Staat effizienter und professioneller – kurzum – zukunftsfit machen. Ziel muss es sein, durch Zentralisierung von Intendanz- und Querschnittsaufgaben, wie den internen Verwaltungsdienstleistungen, professioneller, agiler und technologisch moderner zu werden. Aus meiner Sicht braucht es jetzt:

1. Bündelung von Intendanz-/ Querschnittseinheiten

Ein zentraler Schritt hin zu mehr Effizienz und Professionalität ist die Bündelung von Verwaltungsaufgaben, die alle Ressorts betreffen. Es kann doch nicht sinnvoll sein, dass jedes Ressort sein eigenes Dokumentenmanagementsystem entwirft, eigene Haushaltsbewirtschaftungsprogramme oder Zuwendungsverfahren. Das führt zu einem Wirrwarr an Systemen für die gleichen Themen und zu Ineffizienz.

Durch eine Zentralisierung derartiger Fachanwendungen und Vorgaben können standardisierte Abläufe geschaffen werden, die es den Fachbereichen ermöglichen, sich auf ihre jeweilige fachliche Weiterentwicklung zu konzentrieren. Dadurch wird erheblicher personeller und finanzieller Aufwand gespart und Geschwindigkeit in der Umsetzung gewonnen. Fachabteilungen könnten sich folglich stärker auf ihre Kernaufgaben fokussieren, während die administrative Verwaltung zentral einheitlicher arbeitet. Diese Bündelung ist unerlässlich, um einen modernen und agilen Staat zu schaffen, der in der Lage ist, schnell und effektiv auf Herausforderungen zu reagieren.

2. Zentrale Personalgewinnung und -entwicklung für alle Ressorts

Die Fragmentierung der Personalgewinnung und -entwicklung ist ein weiteres Hindernis auf dem Weg zu einem modernen Staat. Jedes Ressort verfolgt seine eigenen Personalstrategien, was zu Doppelungen, Intransparenz und ineffizienter Personalverwendung führt. Eine zentrale Bündelung dieser Aufgaben an einer Stelle für alle Ressorts ist ein möglicher Schritt, um die Personalgewinnung und -entwicklung für die gesamte Verwaltung effizienter zu gestalten. So werden Verständnis für verschiedene Häuser, Vernetzung untereinander und neue Perspektiven für die Bereiche wesentlich vereinfacht.

Diese zentrale Stelle wäre verantwortlich für die Rekrutierung, Entwicklung und den Austausch von Nachwuchskräften aller Laufbahnen des allgemeinen Dienstes. Es sollte zudem einen zwingenden Planstellenwechsel zwischen den Ministerien geben, um mehr Austausch von Wissen und neuen Perspektiven zu ermöglichen und den sogenannten „Ressortegoismus“ zu überwinden oder zumindest zu reduzieren. Dies fördert Innovation und Professionalität im öffentlichen Dienst, indem es Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erlaubt, über den Tellerrand ihrer eigenen Behörde hinauszublicken und neue Ansätze einzubringen.

3. Ein echtes Digitalministerium – Digitalisierung als Chance gestalten

Die Digitalisierung ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern vor allem eine strategische Aufgabe und eine Frage der Zukunftsfähigkeit. Ein federführendes Digitalministerium ist der Schlüssel, um diese Transformation zu steuern und die Chancen der Digitalisierung bestmöglich zu nutzen. Mit echter Zuständigkeit und Budgetverantwortung kann dieses Ministerium dafür sorgen, dass digitale Projekte effizient und zielgerichtet umgesetzt werden. Zwingend erforderlich ist dabei auch die Einführung eines professionellen Projektmanagements als Vorgabe für sämtliche Projekte auf Bundesebene. Hierdurch werden massive Kosten- und Laufzeitsteigerungen verhindert und Probleme bei Akzeptanz und Implementierung verringert – und nicht zuletzt auch die Ausweitung teurer Beraterverträge.

Ein solches Ministerium würde die Koordination der digitalen Transformation sicherstellen und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ressorts und Behörden verbessern und Kompetenzstreitigkeiten vorbeugen. Es eröffnet die Chance, innovative Technologien flächendeckend in die Verwaltung zu integrieren und dadurch den Staat schneller, flexibler und bürgernäher zu machen. Durch ein zentrales Controlling und zentrale Budgetfreigaben werden zudem bessere und zeitgerechtere Ergebnisse möglich.

4. Modernisierung des Haushaltswesens – ergebnisorientiertes Steuern durch Wirkungskontrolle

Eine moderne Verwaltung erfordert auch eine neue Art der Steuerung der staatlichen Finanzen. Ein wirkungsorientierter Haushalt bietet die Chance, staatliches Handeln gezielt nach Ergebnissen zu steuern, anstatt Erfolge nur nach Höhe der ausgegebenen Mittel oder zusätzliche Planstellen zu beurteilen. Dies ermöglicht eine bessere Kontrolle über den Einsatz von Steuergeldern, schafft mehr Transparenz für die Bürgerinnen und Bürgern und stärkt das Parlament als Haushaltsgesetzgeber. Von Politik muss und kann man erwarten, dass sie sagt, was passieren und im Ergebnis herauskommen soll.

Mit klar definierten Zielen und unterjährigem Berichtswesen, also auch einem Haushaltscontrolling für den Budgetgeber Parlament, können Programme schneller angepasst und optimiert werden. Diese proaktive und zukunftsorientierte Form der Haushaltssteuerung bietet dem Staat die Möglichkeit, flexibel auf neue Entwicklungen zu reagieren und Ressourcen dort einzusetzen, wo sie den größten Nutzen bringen. Dies stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die staatliche Verwaltung und zeigt, dass der Staat verantwortungsvoll mit ihren Steuergeldern umgeht.

Staatsmodernisierung als Notwendigkeit

Im Ergebnis ist die Modernisierung des Staates keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Nur wenn der Maschinenraum richtig arbeitet und gut funktioniert, kann das Schiff in die richtige Richtung mit guter Geschwindigkeit fahren. Deutschland muss seine Strukturen reformieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben und zukunftsfit zu werden. Die Bündelung von Intendanz-/Querschnittseinheiten, die zentrale Personalgewinnung, die Schaffung eines federführenden und koordinierenden Digitalministeriums und die Modernisierung des Haushaltswesens können Bausteine für einen Staat sein, der effizient, transparent und agil ist. Der Weg in die Zukunft beginnt jetzt – wir dürfen ihn nicht länger aufschieben.

Franziska Hoppermann (CDU/CSU) ist ordentliches Mitglied im Digitalausschuss und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss. Die Verwaltungsbeamtin ist Berichterstatterin für die Themen Gesundheitsdigitalisierung, Digitalisierung der Verwaltung sowie Digitalisierung und Haushalt.

Lernen Sie den Tagesspiegel Background kennen

Sie lesen einen kostenfreien Artikel vom Tagesspiegel Background. Testen Sie jetzt unser werktägliches Entscheider-Briefing und erhalten Sie exklusive und aktuelle Hintergrundinformationen für 30 Tage kostenfrei.

Jetzt kostenfrei testen
Sie sind bereits Background-Kunde? Hier einloggen