Der Glasfaserausbau kommt in Fahrt. Wir haben gute Aussichten, dass bis 2030 jeder Haushalt einen Anschluss bekommen kann. Allein in diesem Jahr werden bis zu drei Millionen weitere Haushalte und Unternehmen einen Glasfaseranschluss der Telekom nutzen können. In Metropolen und auf dem Land. 25 Prozent dieses Ausbaus findet in Kooperation statt. Zum Beispiel mit den Stadtwerken in Bochum, Münster oder Coburg.
Die Politik will beim Glasfaserausbau auf Wettbewerb setzen und das ist auch richtig. So will es die EU, so machen es erfolgreiche Länder wie Spanien oder Österreich und so stellen wir sicher, dass wir in einigen Jahren nicht über – lokale – Monopole mit ihren Nachteilen diskutieren müssen: schlechtere Qualität zu höheren Preisen.
Es gibt sogar doppelten Wettbewerb. Zum einen beim Zugang zu den Netzen durch verschiedene Anbieter: Das ist der sogenannte Open Access. Zum anderen auch beim Aufbau der Infrastruktur: In Zeiten, in denen über Resilienz und Sicherheit von Netzen diskutiert wird, sicherlich auch ein zukunftsfähiger Ansatz.
Debatte muss versachlicht werden
Wir sind also eigentlich auf einem guten Weg. Anstatt aber das Positive an diesem Ausbau zu sehen und zu stärken, findet statt, was wir bei der Digitalisierung in Deutschland immer wieder erleben. Auf Kosten des großen Ganzen wollen einzelne Anbieter ihre Geschäftsmodelle optimieren. Die Telekom, so der Vorwurf, dränge mit ihrem Ausbau andere Wettbewerber aus dem Markt. Dadurch werde der Glasfaserausbau insgesamt verlangsamt. Schon wird über Gesetze und Regulierung diskutiert.
Es ist an der Zeit, die Debatte zu versachlichen. Erstens: Der so genannte Überbau (Tagesspiegel Background berichtete) macht einen Bruchteil des Netzausbaus in Deutschland aus. Im vergangenen Jahr bei der Telekom unter einem Prozent. Selbst wenn man also ein Problem unterstellt: Es ist kein Massenphänomen. Wer auf dieser Basis „Halt, Stopp!“ ruft, hat eine eigene Agenda, aber sicher nicht den generellen Ausbau in Deutschland im Blick.
Zweitens: Auch die Telekom steht im Ausbau-Wettbewerb. In Essen will die Ruhrfiber parallel zu unserem Ausbau eigene Glasfaser verlegen; in Berlin tut es die Vattenfall und sogar in Bonn hat aktuell die Eon-Tochter Westconnect einen Ausbau angekündigt, obwohl auch die Telekom längst ihre Pläne vorgelegt hat. Es gibt viele weitere Beispiele. Auch solche, bei denen sich unsere Wettbewerber gegenseitig überbauen. Und das ist auch kartellrechtlich geboten, denn Gebietsabsprachen wären wettbewerbswidrig. Niemand käme wohl auf die Idee, Lidl zu verbieten, einen Supermarkt neben einen Aldi zu bauen. Obwohl es noch Orte gibt, die ohne Supermarkt sind.
Telekom will mit Qualität überzeugen
Um es auf den Punkt zu bringen: Die Telekom will ihre Kundinnen und Kunden mit Qualität überzeugen. Wir wollen das ohne Regulierung oder ohne Einschränkung der Wahlmöglichkeiten schaffen, anders als offenbar manche Wettbewerber. Ein zweiter Blick auf die Argumente aus VATM, Breko oder Buglas hilft auch weiter. Es stellt sich die Frage, ob es einzelnen Protagonisten innerhalb dieser Verbände wirklich um das Gemeinwohl oder nicht doch um Geschäftsinteressen geht.
Der VATM behauptet, durch „Überbau“ entstünde ein „volkswirtschaftlicher Schaden“, weil Baukapazitäten bei Doppelverlegung an anderer Stelle fehlen würden. Gleichzeitig hält derselbe Verband „Überbau“ in Metropolen aber für sinnvoll. Das könnte durchaus daran liegen, dass das VATM-Mitglied Vodafone vor allem dort ausbauen möchte und seinerseits damit andere Anbieter überbaut. Übrigens: Das „Problem“ des doppelten Aufreißens von Gehwegen lässt sich vermeiden. Die Telekom bietet anderen Unternehmen an, ihre Kabel mitzuverlegen. Das geht auch umgekehrt.
Der Breko wiederum spricht viel von Open Access. Gesetzlich festgelegt ist der allerdings bislang nur bei der Telekom. Andere Wettbewerber kommen mit ihren Angeboten zu festgelegten Preisen in unser hochwertiges Netz. Umgekehrt lehnen unsere Wettbewerber einen regulierten Open Access allerdings ab. Sie wollen lokale Monopole: Keine Qualitätsvorgaben, aber volle Preishoheit. Das ist aus deren betriebswirtschaftlicher Sicht verständlich, mit Gemeinwohl lässt sich hier aber nicht argumentieren.
Gleichzeitig sind die Preiserwartungen einiger Anbieter so hoch, dass sich die Netzmiete nicht rechnet und stattdessen ein eigener Ausbau wirtschaftlicher ist. Hier läge dann der eigentliche volkswirtschaftliche Schaden. Will man investierende Unternehmen zu unwirtschaftlichem Handeln zwingen? Zu Ausgaben, die für weitere Investitionen fehlen und Glasfaseranschlüsse für die Verbraucher teurer machen. Und auch Fragen der Qualität sind wichtig. Manche Anbieter können leider nicht liefern, was zum Beispiel Telekom-Kunden zurecht erwarten.
Viele Private Equity-Investoren im Glasfasermarkt
Wichtig zu wissen: Viele neue Glasfaseranbieter stammen aus dem Private Equity-Bereich. In Zeiten niedriger Zinsen hat man nach Anlagemöglichkeiten gesucht und den Glasfasermarkt in Deutschland gefunden. Manche Kalkulationen basieren aber offenbar auf der Vorstellung lokaler Monopole. Anders sind Renditeerwartungen von bis zu 15 Prozent nicht zu erklären. Wettbewerb ist gut und richtig. Wenn aber Wunschrenditen mancher Anbieter durch Regulierung und lokale Monopole auf Kosten des Gemeinwohls gesichert werden sollen, ist das nicht richtig. Manche „Glasfaser-Glücksritter“ haben übrigens auch ohne „Überbau“ bereits das Weite gesucht und Kommunen im Stich gelassen. Es stellt sich die Frage: Wie ernst meinen es diese Anbieter? Wie verlässlich sind sie?
Gut ist, dass die Ausbauankündigungen aller Unternehmen die Zahl der Haushalte in Deutschland übersteigen. Es ist also „Luft im System“. Die Telekom setzt dabei weiter auf Kooperationen wie mit Stadtwerken. Hier laufen die Verträge über 30 Jahre. Sie sind auf Nachhaltigkeit ausgelegt, nicht auf den schnellen Euro.
Statt über „Überbau“ sollten wir als Industrie mit der Politik über andere Dinge sprechen. Schnellere Genehmigungsverfahren, Steuererleichterungen für Investitionen in echte Glasfaser – also FTTH, nicht FTTB. Das Zulassen von einfachen Verlegemethoden wie Trenching statt Tiefbau (was wirklich Baukapazitäten freischaufeln würde). Es gäbe viel, wovon wirklich alle profitieren würden.
Thilo Höllen verantwortet die Aktivitäten der Telekom rund um Partnerschaften im Netzausbau und Einkauf von Open Access. Zahlreiche Kooperationsvereinbarungen zu Ausbau, Anmietung und Einkauf wurden durch sein Team entwickelt, verhandelt und etabliert. Beispielhaft dafür stehen das Glasfaser Joint Venture mit EWE „Glasfaser Nordwest“ und Ausbauvereinbarungen zum Beispiel mit den Stadtwerken Münster, Bochum und Ludwigsburg.