Das Recht auf Versorgung mit Breitband wurde eingeführt, damit alle Bürger:innen in Deutschland die Möglichkeit bekommen, das Internet zu nutzen – egal, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben. Dass dieses Recht auch 2024 weiterhin bitter nötig ist, zeigen die Zahlen der Bundesnetzagentur (BNetzA): 1,2 Millionen leitungsgebundene Anschlüsse lagen 2023 unter einer Download-Geschwindigkeit von zehn Megabit pro Sekunde (Mbit/s). Neben anderen Parametern muss laut Recht auf Versorgung ein schneller Internetzugang aber genau diese zehn Mbit/s im Download mindestens bieten.
Schnelles Internet – das bedeutet in der öffentlichen und politischen Debatte etwas anderes. Vor einigen Jahren sollte laut damaliger Bundesregierung Glasfaser flächendeckend bis 2025 zur Verfügung stehen. Nun ist das nach hinten korrigierte Ziel, bis 2025 die Hälfte aller Haushalte und Unternehmen und bis 2030 alle mit Glasfaseranschlüssen zu versorgen. Mit diesen Anschlüssen werden zwar Gigabit-Geschwindigkeiten erreicht – dennoch wird es voraussichtlich auch dann noch unterversorgte Haushalte geben, in denen nicht einmal die zehn Mbit/s geliefert werden.
Den ausbauenden Unternehmen geht es beim Glasfaserausbau vor allem um die Gebiete, die für sie wirtschaftlich sinnvoll sind. Für Gebiete, in denen sich der eigenwirtschaftliche Ausbau nicht lohnt, gibt es die Gigabit-Förderung, die sich der Bund derzeit jedes Jahr mehr als drei Milliarden Euro kosten lässt. Trotzdem gibt es immer noch einige Haushalte, die weiterhin nicht oder nur schlecht mit Internet versorgt sind. Das Recht auf Versorgung soll genau hier als eine Art Sicherheitsnetz ansetzen. Damit wirklich alle Haushalte mit Internet versorgt werden, soll die BNetzA Unternehmen zum Ausbau oder der Versorgung zu einem bestimmten Preis zwingen können – als letztes Mittel.
Jahrelange Untätigkeit zulasten der Verbraucher:innen
Trotz eindeutiger Zahlen läuft der Prozess bei der BNetzA aber mehr als schleppend. In den vergangenen zwei Jahren hat die Behörde erst einen Anbieter zur Versorgung verpflichtet. Und das, obwohl es zahlreiche Fälle gibt, in denen die Bundesnetzagentur eine Unterversorgung festgestellt hat. Das Telekommunikationsgesetz macht klare zeitliche Vorgaben und dennoch passierte jahrelang nichts.
Die Telekommunikationsunternehmen wiederum versuchen sich aus der Affäre zu ziehen und klagen schon, wenn eine Unterversorgung festgestellt wird. Obwohl sie dabei noch gar nicht betroffen sind. Die Klagen verzögern und verschleppen die Verfahren weiter. Dabei ist der Prozess an sich für Bürger:innen schon langwierig und kompliziert genug. Selbst für uns als Expert:innen sind viele Prozessschritte schwer nachvollziehbar. Die Erfolgschancen sind entsprechend gering.
Um einen besseren Einblick in den Ablauf des Verfahrens zu bekommen, haben wir als VZBV einen Verbraucheraufruf gestartet. Wir wollen herausfinden, wie lange so ein Prozess bei der BNetzA für Verbraucher:innen dauert, welchen Hürden sie begegnen und ob sie nach Abschluss des Verfahrens tatsächlich mit Internet versorgt wurden. Betroffene können sich dafür weiterhin bei uns melden.
Bisher zeigt die Politik wenig Interesse am Thema. Das Recht auf Versorgung fristet neben seinem großen, wichtigen Bruder, dem Glasfaserausbau, ein Schattendasein. Dabei muss die Regulierung dringend angepasst werden, damit Verbraucher:innen endlich zu ihrem Recht auf Versorgung mit Breitband kommen. Ohne adäquaten Zugang zum Netz ist ein normaler Alltag kaum möglich. Was ist zu tun?
Die Politik muss endlich nachbessern
In einem ersten Schritt sollte die Antragsstellung bei der Bundesnetzagentur verständlich aufbereitet und unkompliziert ermöglicht werden. Bisher ist das Online-Antragsformular unverständlich formuliert und hält eher davon ab, ein Verfahren anzustoßen. Dabei sieht das Gesetz gar keine bestimmte Form vor. Bürger:innen könnten also auch eine E-Mail oder einen Brief an die Bundesnetzagentur schicken. Aber dazu wird nicht informiert. Wenn Anträge nur über ein Online-Formular möglich sind, muss dieses jedoch erst Recht für Bürger:innen verständlich sein und Anträge niedrigschwellig ermöglichen.
Ein weiteres Problem: Die Mindestbandbreite muss aktuell nur am Haus nachgewiesen werden. Die zehn Mbit/s müssen also nur an der Hauswand vorhanden sein, nicht in den Innenräumen, wo doch normalerweise Internet genutzt wird. Dieser Umstand wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht bedacht. Hier muss die Bundesregierung dringend nachbessern.
Im Zuge dessen muss sie auch dringend die bisherigen Mindestanforderungen (zehn Mbit/s im Download, 1,7 Mbit/s im Upload und eine Latenz von 150ms) anheben. Dies war ein Kompromiss, der nach langem Ringen getroffen wurde. Aus Sicht des VZBV aber schon damals viel zu gering. Bereits bei den Verhandlungen zur TKMV im Jahr 2022 hat die Bundesregierung dem Bundesrat zugesichert, die Bandbreite im Jahr 2023 zumindest auf 15 Mbit/s anzuheben. Doch selbst das ist bisher nicht passiert.
Die Politik muss sich dem Thema endlich annehmen, die Bandbreiten anheben und den Prozess vereinfachen, damit das Recht auf Versorgung einen echten Nutzen für Bürger:innen hat.
Susanne Blohm ist Politikwissenschaftlerin und arbeitet seit acht Jahren im VZBV als Referentin für Digitales und Medien mit dem Schwerpunkt Telekommunikation.