Die Verwaltungsdigitalisierung kommt in Deutschland seit vielen Jahren nicht vom Fleck. Daran konnte auch das Onlinezugangsgesetz (OZG) nicht viel ändern, dessen Ziele zuletzt krachend verfehlt wurden. Unter der analogen Verwaltung leiden sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Unternehmen, die mit ihren Investitionen und Innovationen unser Land voranbringen wollen. Besonders eklatant zeigt sich dieses Manko im Glasfaserausbau: Bevor ein Ausbauprojekt umgesetzt werden kann, warten Unternehmen oft viele Monate auf die notwendigen wege-, natur- und denkmalschutzrechtlichen Genehmigungen und Zustimmungen. Erschwerend kommt der akute Personalmangel bei den zuständigen Behörden hinzu.
Erfreulicherweise hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) die Dringlichkeit dieses Problems erkannt und im Juli 2022 die Digitalisierung der Genehmigungsverfahren für den Glasfaserausbau zu einem Schwerpunkt der Gigabitstrategie gemacht. Maßgebliches Instrument zur Umsetzung soll das im Rahmen des OZG von den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz entwickelte Breitbandportal sein. Aus Sicht des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (BREKO) ist dies der richtige Weg.
Denn ohne eine konsequente und zügige Einführung dieser einheitlichen Plattform in allen Bundesländern und Kommunen wird es schwer werden, den Ausbau so zu beschleunigen, dass bis 2025 die Hälfte und bis 2030 alle Haushalte, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen einen Glasfaseranschluss erhalten können.
Breitbandportal: Kommunen brauchen Anreize
Eine der größten Herausforderungen bei der flächendeckenden Einführung des Breitbandportals nach dem „Einer-für-Alle“-Prinzip (EfA) liegt in der Tatsache begründet, dass die Umsetzung zwar von Bund und Ländern unterstützt werden kann, letztlich jedoch jede einzelne der mehr als 10.000 deutschen Kommunen selbst aktiv werden muss. Da die meisten Kommunen unter Personalmangel – insbesondere im Bereich Digitalisierung und IT – leiden, empfinden viele die Einführung des Breitbandportals als zusätzliche Belastung und verzögern sie deshalb, oder lehnen sie sogar grundsätzlich ab.
Um dieses Hemmnis zu überwinden, müssen sich vor allem die Bundesländer deutlich stärker in der Aufklärungsarbeit engagieren. Sie sollten den Kommunen durch praxisnahe und niedrigschwellige Kommunikationsmaßnahmen deutlich machen, dass diese digitale Plattform für Kommunen eine echte Arbeitserleichterung darstellen wird, wenn sie erst einmal eingeführt ist.
Über die reine Aufklärungsarbeit hinaus können Bund und Länder auch gezielte Anreize zur Verwaltungsdigitalisierung in den Kommunen schaffen: So plant Hessen bereits, die Nutzung des Breitbandportals zur Bedingung für die Beantragung von Fördermitteln aus dem Gigabitförderprogramm des Bundes zu machen. Diesem Beispiel sollte das BMDV folgen und eine solche Bedingung durch Aufnahme in die Gigabitförderrichtlinie bundesweit zur Voraussetzung für Fördermittelanträge machen.
Ein weiterer Grund für die schleppende Einführung des Breitbandportals ist die Tatsache, dass dies nur eine der 575 Verwaltungsleistungen ist, die laut OZG bis Ende letzten Jahres digitalisiert sein sollten. Davon befanden sich zu diesem Zeitpunkt die allermeisten noch in der Umsetzung, während nur 33 Verfahren flächendeckend digital verfügbar waren. Hunderte Leistungen mit einer einzigen Frist zu versehen, hat also offensichtlich nicht funktioniert, und die Kommunen stehen weiterhin vor einem ganzen Berg zu digitalisierender Verfahren.
OZG 2.0: Fokus statt Gießkanne
Im Zuge der Umsetzung des OZG 2.0, über das am Freitag im Bundesrat beraten wird, müssen Länder und Kommunen deshalb sinnvoll priorisieren. Wenn zunächst nur eine kleine Anzahl wichtiger Projekte umgesetzt wird, diese dadurch aber schnell in die Anwendung kommen, wird der konkrete Nutzen der digitalen Verwaltung für alle Beteiligten sichtbar, wodurch die weitere Verwaltungsdigitalisierung ein stärkeres Momentum erhält. Dabei sollte die Digitalisierung der Genehmigungsverfahren für den Glasfaserausbau ganz oben auf der Agenda stehen. Denn flächendeckend verfügbare Glasfaseranschlüsse sind eine unverzichtbare Grundlage für die digitale Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft.
Dass die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren auf wenige Tage keine ferne Utopie, sondern ein realistisches Ziel ist, zeigt unser nördliches Nachbarland: Im Juni habe ich auf einer Delegationsreise unseres Verbandes nach Dänemark gelernt, dass dort Kommunen wegerechtliche Genehmigungen für den Glasfaserausbau innerhalb von nur zwei Tagen erteilen. Das können wir auch in Deutschland schaffen!
Stephan Albers ist seit 2009 Geschäftsführer des Bundesverbands Breitbandkommunikation e.V. (BREKO). Der Glasfaserverband mit heute über 450 Mitgliedsunternehmen – darunter mehr als 230 Netzbetreiber – setzt sich für Wettbewerb im Telekommunikationsmarkt ein.