In Deutschland stehen knapp 10.000 Biogasanlagen, die im Stromsektor eine wichtige Rolle spielen – als flexibler Ausgleich für die volatilen Solar- und Windkraftwerke. Darüber hinaus sind Biogasanlagen eine klimafreundliche, regionale Wärmequelle und eine wichtige Kraftstoff-Alternative für den Schwerlast- und Fernverkehr.
Mit dem zuletzt bekanntgewordenen Entwurf einer Nationalen Biomassestrategie (Nabis) vom 6. Februar unterstreicht die Bundesregierung, dass sie Biogas beim Umstellungsprozess hin zu einer flexibleren Fahrweise mit alternativen Substraten unterstützen möchte. Das begrüßen wir als Fachverband ausdrücklich und stehen bei diesem Prozess mit Rat und Tat zur Seite.
Die Nabis muss jedoch auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass bestehende Biogasanlagen erhalten werden können. Bislang haben klassische Energiepflanzen aber einen schweren Stand bei den Ministerien, die für die Nabis zuständig sind. Sie verkennen dabei jedoch die Tatsache, dass auch eine nachhaltige Landwirtschaft den Anbau nachhaltiger Biomasse für den Einsatz in Biogasanlagen mit einschließt.
Energiepflanzen keine Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion
Viele Energiepflanzen stellen eine wertvolle Erweiterung in der Fruchtfolge dar und sind keine Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion. Nicht jeder Acker eignet sich für den Anbau von Brotweizen – in der Biogasanlage hingegen kann so gut wie jede Pflanze vergoren werden. Daneben bieten Biogasanlagen eine große Chance im Hinblick auf den Ausbau der nachhaltigen Landwirtschaft und der Renaturierung von Flächen. So lässt sich beispielsweise Kleegras aus dem Ökolandbau sehr gut in Biogasanlagen vergären, ebenso Dauergrünland, das durch den rückläufigen Tierbestand frei wird.
Die in der Nabis angekündigte verstärkte energetische Nutzung von Zwischenfrüchten und Gülle sowie von Rest- und Abfallstoffen ist daher grundsätzlich ein guter Ansatz. Dieser darf jedoch nicht dazu verleiten, den sinnvollen Einsatz klassischer Energiepflanzen vollständig auszuschließen. Mittel- bis langfristig wird der Anbau dieser für den Biogassektor zwar zurückgehen – das ist uns durchaus bewusst. Doch auch bunte Blumenwiesen oder Aufwuchs wiedervernässter Moore liefern weniger Biomasse und letztlich weniger Gasausbeute als beispielsweise Mais. Das heißt: Alle Substrate müssen zusammen gedacht werden.
Klassischen Energiepflanzen bieten sich hervorragend zur Co-Vergärung mit energieärmeren Substraten an und sind Garant für den verstärkten Einsatz alternativer Substrate – nicht deren Gegenspieler. Vor allem bei Bestandsanlagen ist ein sinnvoller Mix wichtig, um ein optimales Input-Output-Ergebnis zu erzielen. Ebenso sollte bei der gesamten Thematik rund um den verstärkten Einsatz alternativer Substrate nicht übersehen werden, dass dieser für den Landwirt Mindereinnahmen bedeutet, die ausgeglichen werden müssen.
Wegfall von Backup-Energie verhindern
Außerdem muss das Vorhaben, Biogasanlagen für die flexible Energiebreitstellung zu nutzen, nun zügig und konsequent beschritten werden. Für viele Biogasanlagen endet der Vergütungszeitraum im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in den nächsten Jahren. Die Betreiber brauchen jetzt eine Perspektive, sonst droht der massive Rückbau bestehender und gut funktionierender Anlagen und damit auch der Wegfall von Backup-Energie für unsere Energieversorgung von Morgen.
Mit dem aktuellen EEG und einer engstirnigen Fokussierung auf Spitzenlastkraftwerke ohne Wärmeauskopplung, wird das Bundesministerium für Energie und Klimaschutz hingegen schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden. Insbesondere dann, wenn Biogasanlagen schließen, gesicherte Leistung vom Netz geht und in den kommenden Jahren stattdessen mehr neue Erdgaskraftwerke gebaut werden müssen. Für Biogasanlagen müssen jetzt das Ausschreibungsvolumen, die Gebotshöchstwerte und der Flexibilitätszuschlag angehoben werden.
Neue Auflagen vermeiden
Darüber hinaus wäre es angebracht, eine Verschärfung bestehender und die Einführung neuer Auflagen zu vermeiden – denn wachsender bürokratischer Aufwand führt zu noch mehr Kosten für die Betreiber, die ohnehin schon mit spitzem Bleistift kalkulieren müssen. Wir brauchen einen Abbau von Bürokratie, um die Energiewende zu entfesseln.
Nicht zuletzt sollten Biogasanlagen grundsätzlich standortangepasst gebaut werden. Das Konzept der Anlage muss sich an der regional verfügbaren Biomasse und den sonstigen Gegebenheiten orientieren. So kann eine kleine Hof-Biogasanlage auf Güllebasis genauso sinnvoll sein wie etwa eine große Anlage mit Energiepflanzen-Einsatz und Vor-Ort-Verstromung inklusive Wärmenetz oder eine Abfallvergärungsanlage mit Biomethan-Einspeisung. Die Nabis sollte daher die Eckpfeiler so setzen, dass alle Anlagen ihren optimalen Beitrag für eine klimafreundliche, regionale und verlässliche Energieversorgung leisten können. Das Potenzial ist noch lange nicht vollkommen erschlossen.