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Energie & Klima

Standpunkte Die Behörden scheitern an eigenen Fristen

Bärbel Heidebroek, Präsidentin Bundesverband Windenergie (BWE)
Bärbel Heidebroek, Präsidentin Bundesverband Windenergie (BWE) Foto: BWE

Was lange währt, wird nicht immer gut: Die Einführung der bedarfsgesteuerten Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen könnte in Chaos, monatelangem Stillstand und einer Klagewelle enden, warnt Verbandspräsidentin Bärbel Heidebroek. Noch sei es aber nicht zu spät zu handeln.

von Bärbel Heidebroek

veröffentlicht am 11.12.2024

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Mit dem Energiesammelgesetz 2018 führte die damalige Bundesregierung die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK) von Windkraftanlagen verbindlich ein. Ziel war es, die nächtliche Beleuchtung der Anlagen zur Warnung von Flugzeugpiloten nur noch im seltenen Bedarfsfall zu schalten. Die BNK erfasste neben Neuanlagen auch die mehr als 16.000 Bestandsanlagen. Die damals gesetzte Frist wurde anschließend vom 30. Juni 2021 über den 31. Dezember 2022 auf den 1. Januar 2025 verschoben. Zunächst stand die Verfügbarkeit der Systeme wegen umfangreicher Zertifizierungen den Fristen entgegen. Die Systeme sind inzwischen verfügbar. Zum Jahresende sind fast alle Windenergieanlagen entsprechend ausgestattet.

Alles könnte also schön sein, gäbe es nun nicht ein weiteres Problem: Die Systeme nur zu installieren genügt nicht. Damit sie in Betrieb genommen werden können, müssen diese durch Baumusterprüfstellen (privatwirtschaftliche Unternehmen) abgenommen werden. Lediglich drei Baumusterprüfstellen mit 150 Beschäftigten sorgen fast planbar für einen Engpass. Danach wird im Rahmen einer so genannten „standortbezogenen Prüfung“ die Funktionstüchtigkeit der Systeme nachgewiesen. Und schließlich genehmigen die zuständigen Behörden – in der Regel die Landesluftfahrtbehörden – das System abschließend. Erst jetzt kann dieses in Betrieb gehen.

Auf diese Aufgabe waren die Behörden insgesamt völlig unzureichend vorbereitet: Bisher wurden nur etwa zwei Drittel der Systeme überprüft und abgenommen und sind mittlerweile in Betrieb. Die Zeit bis zum Ende der Frist läuft indes aus. Die Verzögerungen bei der Genehmigung der Systeme betreffen alle Bundesländer. Als Extremfall schiebt sich das Land Brandenburg ganz nach vorn. Laut Aussage der zuständigen Landesluftfahrtbehörde stellt sich hier die Situation so dar, dass aufgrund von Personalengpässen und dem hohen Anfragevolumen die Anlagen nicht mehr rechtzeitig abgenommen werden können.

Fehlt die finale behördliche Genehmigung, drohen den Betreibern hohe Strafzahlungen. Diese Pönalen müssen die Netzbetreiber eintreiben. Die hohen Summen, die hier in Rede stehen, führen zu einer enormen finanziellen Belastung. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die Zahlungen nicht einfach hingenommen werden. Heerscharen von Anwälten werden sich auf allen betroffenen Seiten – Windanlagenbetreiber, Netzbetreiber und Behörden – mit den komplexen juristischen Verfahren befassen. Am Ende führen Klagen zu Gerichtsverfahren und verstopfen die ohnehin stark belasteten Zivilgerichte. Viel Arbeitszeit, Geld und Kraft, die in der Energiewende gut gebraucht würden, werden verschwendet.

Ampel-Bruch hat den Ausweg versperrt

Dies alles war absehbar und wurde durch die Verbände immer wieder adressiert. Der einfache Weg einer gesetzlichen Klarstellung, nach welcher die ausbleibende finale Abnahme der Behörde nicht zu Pönalen führt, wurde mit dem Bruch der Ampel versperrt. Die ebenfalls mögliche Auslegungshilfe durch das Bundeswirtschaftsministerium ist nicht erkennbar.

Was ist jetzt noch möglich, um ein sich abzeichnendes Chaos zu vermeiden? Die Netzbetreiber sollten von der Forderung nach Pönalen von Betreibern befreit werden, wenn diese nachweisbar einen Antrag auf Genehmigung eines zugelassenen und funktionsfähigen BNK-Systems bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde gestellt haben. Auch das Einreichen der Unterlagen zur Prüfung der „standortbezogenen Erfüllung der Anforderungen für den jeweiligen Windpark“ bei der zuständigen Baumusterprüfstelle sollte ausreichend sein.

Ohne abgenommenes BNK-System dürfen ab 1. Januar 2025 neue Anlagen nicht in Betrieb gehen. Gleichzeitig müssen die Anlagen in Betrieb sein, damit die Systeme abgenommen werden können. So beißt sich die Katze in den Schwanz. Daher muss auch hier sichergestellt werden, dass diese Gemengelage nicht dazu führt, dass Anlagen nicht in Betrieb genommen werden können. Monatelangen Stillstand von Anlagen können wir uns energiepolitisch nicht leisten. Noch ist es nicht zu spät, um finanziellen Schaden und eine erhebliche Klagewelle abzuwenden. Dafür muss jetzt gehandelt werden.

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