Nicht erst seit dem Ampel-Aus spüren wir, dass wir in politisch instabiler werdenden Zeiten leben. Gleichzeitig müssen wegweisende und langfristige Entscheidungen getroffen werden, um die Transformation im Energiebereich voranzubringen. Ein zukunftsfähiger Strommarkt erfordert aber vor allem Planbarkeit und Verlässlichkeit. Denn besonders im Energiesektor werden die Rahmenbedingungen maßgeblich von politischen Entscheidungen gesetzt. Außerdem erfordert die eingesetzte Ausrüstung im Energiebereich relativ langlaufende Investitionen. Wenn politische Maßnahmen ein „Stop-and-Go“ zur Folge haben, bei dem immer wieder neue Vorgaben gemacht werden, schaden sie mehr, als sie nützen.
Auch die Unternehmen aus dem Energieanlagenbau brauchen verlässliche Signale und Rahmenbedingungen, um langfristige Investitionen zu tätigen und ihre Produktionskapazitäten entsprechend anzupassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass die ambitionierten Ziele der Energiewende – wie beispielsweise der Anteil von 80 Prozent Erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung bis zum Jahr 2030 und ein klimaneutrales Stromsystem bis zum Jahr 2035 – auch tatsächlich erreicht werden.
Denn gleichzeitig muss Deutschland aufpassen, sich nicht in technologischen Sonderwegen zu verrennen. Eine Harmonisierung von Strommarktregeln auf europäischer Ebene ist nicht nur wünschenswert, sondern erforderlich. Durch möglichst einheitliche Regelwerke lassen sich Skaleneffekte erzielen, die Effizienz steigern und die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Branche sichern.
Industriepolitik als Teil der Energiepolitik verstehen
Die politisch gesetzten Klima- und Energieziele bilden die Leitplanken für die Transformation unseres Energiesystems. Daher dürfen die Ausbauziele auch dann nicht gefährdet werden, wenn Fördermechanismen angepasst werden. Politik muss also sorgfältig abwägen, wie Anreize gesetzt werden, um die gewünschte Marktintegration zu fördern, ohne unnötige Marktverzerrungen zu schaffen. Wenn Unsicherheit dazu führt, dass Investoren zögern und Projekte ins Stocken geraten, droht ein „Fadenriss“ im Ausbau der Erneuerbaren Energien. Deshalb sind einfache, bewährte Lösungen oft der bessere Weg.
Die Umstellung von der derzeit bestehenden Marktprämie auf ein investitionskostenförderungsbasiertes Modell und produktionsunabhängige Förderung wäre ein fundamentaler Richtungswechsel. Viele Details sind hier bisher zu wenig beleuchtet, als dass die Industrie sich hier der Empfehlung des BMWK uneingeschränkt anschließen könnte. Dies betrifft beispielsweise die hochkomplexe Ausgestaltung einer Referenzanlage. Zur Umsetzung neuer Regimes ist es dringend erforderlich, dass Details unter Einbindung der Industrie ausdefiniert werden und - wo möglich - Komplexität reduziert wird.
Dies ist auch wichtig, um kompatibel mit den Risikopräferenzen von Anbietern und Finanzierungspartnern zu sein und Marktunsicherheiten zu minimieren. Der Übergang darf nicht dazu führen, dass der Zubau ins Stocken gerät. Dies gilt für den Erneuerbaren-Ausbau genauso wie für die Investitionen in steuerbare Kapazitäten, wie beispielsweise Wasserstoffkraftwerke, und in die Stromnetze.
Bei der anstehenden Reform der Förderungsmechanismen bietet sich die politische Chance, weitere Aspekte neben dem Erlösstrom in den Fokus zu nehmen. Um sichere und verlässliche Anlagen im Stromsystem sowie Wertschöpfung, Innovationskraft und Knowhow in Europa zu stärken, muss Industriepolitik als Teil der Energiepolitik verstanden und umgesetzt werden. Daher ist eine harmonisierte Umsetzung des EU-NZIA hier der richtige Weg – dies gilt auch bei den sogenannten Präqualifikationskriterien.
Zur Sicherstellung der Energieversorgung als grundlegender Bestandteil der nationalen Sicherheit muss darüber hinaus gewährleistet sein, dass jede einzelne Anlage im Stromnetz vollständig zuverlässig ist. Das Regulierungssystem für (Cyber-)Sicherheit muss hier streng sein. Die vom BMWK formulierten Maßnahmen für die deutsche und europäische Windindustrie bieten gute Impulse, die nun politisch breit getragen und umgesetzt werden müssen.
VDMA Power Systems hat vor zwei Jahren mit zahlreichen Stakeholdern aus der Energiewirtschaft ein Konzept entwickelt, welche Anforderungen der Strommarkt der Zukunft erfüllen muss und wie dies zu erreichen ist.