Sommerzeit, die Mittagssonne brennt, keine Wolke am Himmel: ideale Bedingungen – nicht nur für einen schönen Tag am See, sondern auch für die Stromerzeugung aus Photovoltaik. Doch genau dieses Traumwetter eines jeden PV-Anlagen-Besitzers stellt Stromnetzbetreiber immer häufiger vor Herausforderungen.
Denn so erfreulich der zuletzt deutlich an Fahrt gewonnenen Ausbau der Photovoltaik ist: Er bringt an einigen Orten zu Spitzenzeiten so hohe Einspeisemengen mit sich, dass die Netze diese großen Mengen Strom nicht bewältigen können. Insbesondere an sonnigen Sommertagen zur Mittagszeit kann es daher notwendig werden, kurzzeitig Anlagen abzuregeln.
Gleichzeitig treten in diesen Situationen vermehrt negative Börsenpreise auf, die sich negativ auf die Marktwerte der Anlagen und das EEG-Konto auswirken. Doch wie lassen sich solche „Einspeisespitzen“ und negative Preise vermeiden, ohne den Erneuerbaren-Ausbau zu bremsen und den Erfolg der Energiewende zu gefährden?
Wirkleistungsbegrenzung für PV-Anlagen wieder einführen
Eine zentrale Maßnahme ist die schnellstmögliche Wiedereinführung der Wirkleistungsbegrenzung auf 70 Prozent für PV-Neuanlagen bis 25 Kilowatt (kW), die erst in der Energiekrise 2022 abgeschafft wurde. Kurz gefasst bedeutet das, dass die PV-Anlage bei 70 Prozent ihrer potenziellen Leistung gebremst wird – ähnlich vielen Sportwagen, die zwar theoretisch 300 Kilometer pro Stunde fahren könnten, aber aus Sicherheitsgründen bei 250 km/h abgeregelt werden.
Im Fall der PV-Anlage hätte das kaum Auswirkungen auf ihre Gesamterzeugungsleistung. Eine Begrenzung der maximalen Wirkleistungseinspeisung auf 70 Prozent der installierten Leistung würde nur zu einer Ertragseinbuße von circa drei Prozent an erzeugtem Strom im Jahr führen. Denn so wie der Sportwagenfahrer wohl auch ohne Drosselung nur in Ausnahmefällen 300 km/h fährt, muss für eine PV-Anlage schon so einiges stimmen, damit sie 100 Prozent Leistung erreicht: intensive Sonne, ein wolkenloser Himmel, der perfekte Winkel der Sonneneinstrahlung.
Ohne eine solche Begrenzung müssten die Netze jedoch so ausgebaut werden, dass sie auch die hohe Einspeisung in diesen Phasen stemmen können. Ein enormer und kostenintensiver Aufwand für sehr wenig zusätzlichen Strom.
Zusammengefasst heißt das: Durch eine Begrenzung der maximalen Wirkleistungseinspeisung auf 70 Prozent der installierten Leistung könnten immer noch ca. 97 Prozent der maximal möglichen Energiemenge eingespeist werden, die Netzbelastung, insbesondere in den Mittagstunden, aber erheblich reduziert werden.
Schwelle für die Steuerbarkeit von Erneuerbaren-Anlagen auf 7 kW absenken
Ein weiteres Instrument, um die Netzbelastung nachhaltig zu reduzieren, wäre eine Absenkung der Schwelle für die Steuerbarkeit von Erneuerbare-Energien-Anlagen durch die Netzbetreiber von 25 kW auf 7 kW. Damit könnte der Netzbetreiber nicht nur große Freiflächenanlagen, sondern beispielsweise auch Dach-PV-Anlagen größerer Gewerbeimmobilien gezielt kurzfristig vom Netz nehmen. Bei Neuanlagen mit mehr als 7 kW sollte die verpflichtende Wirkleistungsbegrenzung auf 70 Prozent entfallen, sobald eine reale Fernsteuerbarkeit der Anlage gegeben ist.
Die Schwelle bei 7 kW ist nicht zufällig gewählt. Denn hier ergeben sich Synergien mit der bestehenden Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme. Auch dort liegt die Schwelle bei Anlagen mit mehr als 7 kW. Zwingende Voraussetzung ist hier selbstverständlich der schnellere Hochlauf intelligenter Messsysteme, dessen gesetzliche Rahmenbedingungen dringend zu verbessern sind. Die Umsetzung der Steuerung muss priorisiert werden und besonders wichtige Anwendungsfälle sollten bei der Ausstattung mit einem intelligenten Messsystem Vorrang haben.
Eine verpflichtende Fernsteuerbarkeit von Anlagen bis einschließlich 7 kW, also klassischen PV-Dach- und Balkonanlagen, ist aus unserer Sicht hingegen nicht sinnvoll. Der unverhältnismäßig hohe Umsetzungsaufwand könnte Hausbesitzer von der Installation einer PV-Dachanlagen abhalten und den Erneuerbaren-Zubau beeinträchtigen.
Pflicht zur Direktvermarktung kombiniert mit Marktmengenmodell
Auch eine Pflicht zur Direktvermarktung für Neuanlagen bereits ab einer installierten Leistung von mehr als 25 kW – statt wie bislang 100 kW – kann dazu beitragen, erneuerbaren Strom systemdienlicher zu nutzen. Anders als bei der Festpreisvergütung richtet sich der Erlös bei der Direktvermarktung nach dem Marktpreis. Preissignale würden entsprechend Anreize geben, im Falle niedriger oder gar negativer Preise den Strom nicht in das Netz einzuspeisen, sondern für den Eigenverbrauch zu nutzen oder zu speichern.
Ein solches marktbedingtes Abregeln des Direktvermarkters funktioniert jedoch nur, wenn der Anlagenbetreiber dadurch keinen finanziellen Nachteil hat. Das aktuelle Modell einer Förderung über einen festen Zeitraum von 20 Jahren sollte daher von einem Marktmengenmodell abgelöst werden.
Dabei wird nicht jede Kilowattstunde Strom gefördert, die innerhalb von 20 Jahren eingespeist wird, sondern eine vorher festgelegte Gesamtmenge an Strom, unabhängig vom Zeitraum. Die geförderte Strommenge sollte dabei jedoch dem über 20 Jahre zu erwartenden Stromertrag bei durchgehender Einspeisung entsprechen. Durch eine marktbedingte Abregelung hat der Anlagenbetreiber somit keine finanziellen Einbußen. Die abgeregelte Menge kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden und wird entsprechend gefördert.
Maßnahmen müssen einfach und unbürokratisch umsetzbar sein
Damit systemkritische Netzzustände gar nicht erst entstehen, sind kurz – aber auch mittelfristig Maßnahmen nötig, die drei Bedingungen erfüllen: Netzstabilität weiter auf hohem Niveau gewährleisten, den Ausbau der Erneuerbaren weiter ermöglichen, Machbarkeit für die Netzbetreiber sicherstellen.
Mit den oben beschriebenen Maßnahmen können Einspeisespitzen und das Auftreten negativer Preise in verhältnismäßig kurzer Frist gedämpft werden. Einige der Vorschläge hat die Bundesregierung in ihrer „Wachstumsinitiative“ vom 5. Juli 2024 bereits angekündigt. Jetzt geht es darum, sie zeitnah auf den Weg zu bringen.
Stromspeicher in den Blick nehmen
Oberstes Ziel muss dabei sein, die Umsetzung möglichst einfach und unbürokratisch zu gestalten. Denn es hilft niemandem, wenn der Aufwand letztlich höher ist als der Nutzen. Um langfristig Einspeisespitzen zu mindern und die Netze zu entlasten braucht es selbstverständlich noch weitere Maßnahmen. Insbesondere die Potenziale von Stromspeichern und einer flexibleren Nutzung von Strom vor und hinter dem Netzanschluss müssen unbedingt gehoben werden.