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Energie & Klima

Standpunkte Impulse für eine flexible und marktorientierte Windkraft

Udo Bauer, CEO Enercon
Udo Bauer, CEO Enercon Foto: Enercon

Verlässliche Energiepolitik und dauerhaft wettbewerbsfähige Strompreise gehören zu den obersten Zielen der neuen Bundesregierung. Die Windenergie kann dazu beitragen, schreibt Udo Bauer, CEO des Windturbinenherstellers Enercon. Dafür braucht die Branche klare Prioritäten: weniger Bürokratie, bessere Marktzugänge, schnellere Genehmigungen und attraktivere Investitionsbedingungen.

von Udo Bauer

veröffentlicht am 27.03.2025

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Strom ist in Deutschland im europäischen Vergleich besonders teuer. Für Unternehmen sind die Energiekosten ein entscheidender Standortfaktor – und längst ein Wettbewerbsnachteil. Klar ist: Um die Preise zu senken, muss das Angebot steigen. Die Windenergie bietet hierfür enormes Potenzial. Sie ist schnell verfügbar, skalierbar und inzwischen eine der günstigsten Formen der Stromerzeugung.

Natürlich schwankt ihre Erzeugung – mit spürbaren Auswirkungen auf den Strommarkt. Doch daraus den Schluss zu ziehen, den Ausbau zu bremsen und das Angebot weiter zu begrenzen, wäre der falsche Weg. Im Gegenteil: Entscheidend ist, die Volatilität mit moderner Infrastruktur, Flexibilität und gezielten Investitionen beherrschbar zu machen.

Neue Technologien bieten heute genau die idealen Werkzeuge, um Schwankungen besser auszugleichen: intelligente Stromnetze, leistungsfähige Speicher, hybride Erzeugung aus Photovoltaik und Wind, und nicht zuletzt eine smarte Steuerung von Erzeugung und Verbrauch. Wenn wir diese Flexibilitätsoptionen entschlossen ausbauen, kann Windenergie ihr volles volkswirtschaftliches Potenzial entfalten – und dauerhaft zu bezahlbaren Strompreisen beitragen.

Netzdienlich in Verbrauchsnähe ausbauen

Dabei ist der Standort entscheidend. Neben dem dringend notwendigen weiteren Ausbau im windreichen Norden bietet besonders der netzdienliche Zubau von Onshore-Windenergie in Verbrauchsnähe enormes Potenzial. Dort, wo der Strom gebraucht wird, kann er auch erzeugt werden – das entlastet Netze, senkt Kosten und erhöht die Systemeffizienz.

Verlässliche Energiepolitik und dauerhaft wettbewerbsfähige Strompreise gehören zu den obersten Zielen der neuen Bundesregierung. Dafür braucht es klare Prioritäten: weniger Bürokratie, bessere Marktzugänge, schnellere Genehmigungen und attraktivere Investitionsbedingungen. Nur mit solchen Reformen lassen sich Strompreise wirksam senken, das Energiesystem stabilisieren und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft stärken – und nicht zuletzt die gesellschaftliche Akzeptanz für den Ausbau der erneuerbaren Energien sichern.

Das sind unsere Impulse für die Arbeit der nächsten Bundesregierung:

  1. Bürokratie abbauen, Marktmechanismen stärken: Der Ausbau der Windenergie darf nicht länger durch zusätzliche bürokratische Hürden und unnötige Regulierung ausgebremst werden. Stattdessen braucht es eine konsequente Weiterentwicklung des EEG hin zu einem einfachen System, welches Investitionen erleichtert, einen kontinuierlichen Ausbau der Windenergie sichert und Anreize zur flexiblen Netzintegration setzt. Die Weiterentwicklung des EEG muss dabei EU-konform, technologieoffen und ohne disruptive Systembrüche erfolgen.
  2. Ein intelligentes, vernetztes Energiesystem fördern: Nur mit moderner, system- und netzdienlicher Stromerzeugung bleibt das deutsche Energiesystem wirtschaftlich zukunftsfähig. Dazu müssen Stromspeicher, hybride Kraftwerke aus Windenergie, Photovoltaik und Biomasse sowie die smarte Steuerung von Verbrauchern, Erzeugern und Netzen konsequent vorangetrieben werden. Geschäftsmodelle für Speicher und Sektorenkopplung müssen gestärkt werden, um Windenergie flexibler und marktorientiert zu integrieren sowie Systemkosten zu reduzieren. Mit wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Flexibilitätsoptionen durch marktgerechte Anreize rentabel machen und unnötige regulatorische Hürden abbauen.
  3. Planungs- und Investitionssicherheit gewährleisten: Insbesondere in der Industrie wächst die Nachfrage nach grünem Strom, um Emissionen zu senken, Netzgebühren zu reduzieren und Kosten zu sparen. Auch die Direktversorgung der Industrie mit Strom wird immer wichtiger. Die dezentrale Eigenerzeugung vor Ort reduziert die Netzausbaukosten und befähigt die Industrie ihre Stromkosten langfristig zu senken und kalkulierbar zu machen. Ein solches Modell sollte durch politische Rahmenbedingungen gefördert werden.
  4. Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen: Ein zielgerichteter Ausbau der Windenergie scheitert teilweise noch immer an langwierigen Genehmigungsprozessen. Um Planungssicherheit für Unternehmen zu schaffen, müssen Fristen verkürzt, Verfahren digitalisiert und Genehmigungsprozesse effizient gestaltet werden. Bestehende Ursachen für Verzögerungen müssen konsequent abgebaut werden – etwa durch klare Verantwortlichkeiten, bessere personelle Ausstattung der Genehmigungsbehörden und verbindliche Fristen. Die vollständige und ambitionierte Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) zu Mitte 2025 ist dabei zentral. Ebenso müssen die 2-Prozent-Flächenziele für Wind an Land konsequent beibehalten und mit Leben gefüllt werden – sie sind die Grundlage für einen planbaren, beschleunigten Ausbau.
  5. Privates Kapital für Investitionen mobilisieren: Um das deutsche Energiesystem zu modernisieren, ist die Mobilisierung privaten Kapitals unerlässlich. Langfristig rentable Finanzierungsbedingungen, die weiterhin eine vielfältige Akteurslandschaft ermöglichen, sind entscheidend, um Investitionen in Windparks und Produktionskapazitäten in Deutschland zu fördern. Verlässliche Rahmenbedingungen, gezielte Investitionsanreize und steuerliche Erleichterungen stärken die Windindustrie als Schlüsselbranche für Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftssouveränität.
  6. Windenergieanlagen vor Cyberangriffen sichern: Windparks sind als Kraftwerke im nationalen und europäischen Energiesystem Teil der kritischen Infrastruktur. Eine strikte Cybersicherheits-Regulierung ist essenziell, um digitalen Angriffen vorzubeugen. Entscheidend ist eine konsequente Ausführung des NIS-2-Umsetzungs- und Cybersicherheitsstärkungsgesetzes (NIS2UmsuCG). Dazu gehören eine Sicherheitsüberprüfung kritischer Komponenten und der gezielte Schutz sicherheitsrelevanter digitaler Energiedienstleister.
  7. Europäische Produktion von Windenergieanlagen stärken: Deutschland und Europa dürfen sich nicht in Abhängigkeit von außereuropäischen Windturbinen-Herstellern begeben. Der Koalitionsvertrag muss Standortbedingungen verbessern, Investitionssicherheit erhöhen und gezielt die Innovationsförderung für die europäische Windindustrie im Rahmen von verbindlichen Resilienzkriterien im Einklang mit dem EU-weiten Net Zero Industry Act (NZIA) vorantreiben.

Die Windindustrie steht in den Startlöchern, um das Energiesystem zukunftsfest zu machen. Politische Weichenstellungen sollten das Momentum des Windmarktes positiv begleiten und den Einstieg in die Zukunft sichern.

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