Standpunkte IPCEI-Verfahren schneller, einfacher und erfolgreicher machen

Mit den Important Projects of Common European Interest hat die EU ein sehr gutes Instrument geschaffen, um unter anderem internationale H2-Projekte zu unterstützen. Doch die Verfahren sind zu lang, kompliziert und intransparent für viele Unternehmen, kritisiert Louise Maizières von der DIHK.
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Jetzt kostenfrei testenEin schneller Wasserstoffhochlauf ist unverzichtbar, um die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben, aber auch um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Ohne gezielte Anreize und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren wird dies jedoch nicht möglich sein. Für den Aufbau eines Wasserstoffmarktes in Deutschland und Europa spielen IPCEI-Projekte der EU (Important Projects of Common European Interest) eine entscheidende Rolle. Dank des flexibleren beihilferechtlichen Rahmens und finanzieller Unterstützung können Unternehmen integrierte Projekte entlang der gesamten Wasserstoffwertschöpfungskette schneller und einfacher umsetzen. Dies betrifft Investitionen für die Erzeugung von grünem und kohlenstoffarmem Wasserstoff, in Wasserstoffinfrastruktur sowie für die Nutzung von Wasserstoff in der Industrie und Mobilität. IPCEI stärken damit Wachstum, Beschäftigung, Innovationsfähigkeit und globale Wettbewerbsfähigkeit in ganz Europa.
Doch wie so häufig in solchen Verfahren, ist der Weg zur Förderung steinig: Vergabeprozesse dauern oft mehrere Jahre, die Bürokratie ist immens und Verfahren zum Teil intransparent. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen haben oft nicht die Ressourcen, den hohen Anforderungsbedingungen gerecht zu werden. Sie steigen leichter aus langwierigen und komplizierten Auswahlprozessen aus oder verzichten gar ganz auf eine Bewerbung.
Notifizierungsprozesse beschleunigen
Für einen erfolgreichen Wasserstofflauf ist das problematisch. Denn in der Breite kann dieser nur gelingen, wenn der Zugang zu Förderprogrammen für alle Unternehmen einfach und unbürokratisch möglich ist und so viele Projekte wie möglich umgesetzt werden. Vom Ziel der zehn GW Elektrolyse-Kapazität bis zum Jahr 2030 haben wir derzeit in Deutschland erst knapp über einem Prozent erreicht. Viele Projekte befinden sich noch im Planungsstadium.
Insbesondere die Dauer der Genehmigungsverfahren von IPCEI-Projekten sollte dringend beschleunigt werden. Eine Verfahrensdauer von über zwei Jahren ist bei diesen für den Wirtschafsstandort so wichtigen Thema und angesichts des globalen Wettbewerbsdrucks zu lang. Die langwierige und unvorhersehbare Notifizierungsdauer eines IPCEI erschwert Unternehmen die Planung, Vorbereitung und letztendlich die tatsächliche Umsetzung von Projekten, da der förderfähige Zeitraum oft nicht mehr ausreicht.
Die Notifizierung sollte planbarer gestaltet oder der Förderzeitraum großzügiger angelegt werden. Eine EU-weit einheitliche Regelung könnte es Unternehmen erlauben, bereits vor Abschluss der Notifizierung ihr Projekt zu starten. Hinweise der EU-Kommission über fehlende Angaben und Dokumente könnten das Risiko einer Ablehnung minimieren, wenn ein Projekt dadurch absehbar genehmigungsfähig ist.
Zudem führen Uneinigkeiten zwischen EU-Mitgliedstaaten und EU-Kommission bei der Frage, welche Projekte im Rahmen eines IPCEI förderfähig sind, zu enormen Verzögerungen. Die Leidtragenden sind die Unternehmen, deren Innovationsprojekte ausgebremst werden. Dies ließe sich durch eine engere Abstimmung einfach und ohne zusätzliche Kosten vermeiden.
Prozesse schrecken kleine Unternehmen ab
Vereinfachungen braucht es auch beim bürokratischen Aufwand. Alle Anforderungen und Formulare für IPCEI sollten bereits zu Beginn des nationalen Ausschreibungsprozesses feststehen und einheitlich gestaltet sein. In der Praxis werden Unternehmen jedoch häufig mit zusätzlichen Anforderungen oder geänderten Vorlagen konfrontiert, wodurch sie Anträge wiederholt anpassen müssen. Auch sehr kurze Rückmeldefristen von weniger als zwei Wochen widersprechen berechenbaren Verfahren und sorgen de facto für eine Benachteiligung von KMU, die häufig nicht entsprechende personelle Ressourcen haben. Auch zusätzliche Anforderungen nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch auf Bundesebene stellen einen erheblichen Mehraufwand dar. Die Verfahren sollten daher europaweit auf Mindestanforderungen harmonisiert und so unkompliziert und unbürokratisch wie möglich gestaltet werden.
Verschiedene Ansprechpartner auf europäischer Seite sowie bei unterschiedlichen Stellen verschiedener Mitgliedstaaten erhöhen die Komplexität der ohnehin komplizierten Prozesse. Ein „One-Stop-Shop“, der für Unternehmen das gesamte Auswahlverfahren auf nationaler und europäischer Ebene hindurch Ansprechpartner ist, wäre hier eine gute Lösung. Hilfreich wäre es für die Unternehmen auch, die Gründe für die Ablehnung eines Antrags zu erfahren. Dies erleichtert es den Unternehmen, zukünftige Auswahlverfahren erneut in Betracht zu ziehen.
Zurzeit werden im Rahmen des „Joint European Forum for IPCEI“ (JEF-IPCEI) und auch in den Arbeitsgruppen die Arbeiten an und für neue IPCEIs vorangetrieben. Alle Beteiligten sollten die Chance nutzen, die IPCEI-Verfahren zu überarbeiten und zu vereinfachen. Unternehmen brauchen transparente Prozesse, um vorausschauend planen zu können. Das unterstützt nicht nur einen erfolgreichen Wasserstoffhochlauf, sondern auch die zahlreichen IPCEI-Projekte in anderen Branchen.
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