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Energie & Klima

Standpunkte Wärmewende sozial vollenden statt Verunsicherung schaffen

Brigitte Knopf (Zukunft KlimaSozial), Katja Kipping (Paritätischer Gesamtverband)
Brigitte Knopf (Zukunft KlimaSozial), Katja Kipping (Paritätischer Gesamtverband) Foto: Klimasozial/Paritätischer Gesamtverband

In den Koalitionsverhandlungen wird es auch um bezahlbares und gleichzeitig klimagerechtes Heizen gehen müssen, finden Brigitte Knopf (Zukunft KlimaSozial) und Katja Kipping (Paritätischer Gesamtverband). Verbraucher:innen, Handwerk und Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Beide sehen vor allem Nachbesserungsbedarf bei der gezielten Unterstützung kleiner und mittlerer Einkommen, beim Mieterschutz und der Unterstützung sozialer Einrichtungen.

von Brigitte Knopf/Katja Kipping

veröffentlicht am 21.03.2025

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Als das Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in seiner jetzigen Fassung erarbeitet wurde, gab es eine lebhafte Kontroverse. Auch wir hatten Hinweise zur Verbesserung. In den derzeit laufenden Verhandlungen für eine Regierungsbildung wollen Union und SPD das GEG nun nicht mehr – wie von der CDU im Wahlkampf angekündigt – abschaffen, sondern vermeintliche „Überregulierung“ reduzieren und das Gesetz technologieneutral ausgestalten.

Dabei gilt es vor allem, Verunsicherung zu vermeiden bei Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen sowie Handwerk, die sich bereits auf den Weg zum klimafreundlichen Heizen gemacht haben und dabei auf Planungssicherheit angewiesen sind. Es braucht eine entschlossene Weiterentwicklung der Förderung, damit eine soziale Wärmewende gelingt.

Die Kosten für fossile Energieträger werden absehbar steigen, keine Bundesregierung wird das verhindern können. Der Anstieg dieser Kosten ist einerseits bedingt durch geopolitische Entwicklungen. Zudem startet im Jahr 2027 der europäische Emissionshandel für Gebäude und Verkehr, sodass in der Folge Heizen mit Öl und Gas und das Fahren eines Autos mit Verbrennermotor teurer werden. Das Ausbremsen der begonnenen Wärmewende wäre daher nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein sozialer Rückschritt.

Das GEG schützt die Menschen vor kurzfristigen Fehlinvestitionen in Öl- und Gasheizungen. Das geltende Gesetz sieht vor, dass in dem Moment, wenn eine Heizung infolge eines irreparablen Schadens ausgetauscht werden muss, ein Umstieg auf die klimafreundliche Technologie erfolgt. Dies soll einen fossilen Lock-In verhindern, bei dem Menschen womöglich jahrzehntelang in einem CO2-intensiven Lebensstil verharren müssen, weil sie sich zum Zeitpunkt des Heizungstausches für eine fossile Technologie entschieden haben. Klare Rahmenbedingungen, die Investitionen in erneuerbare Heizungssysteme vorgeben, schützen somit Eigenheimbesitzende und Mietende gleichermaßen vor steigenden Heizkosten.

Verunsicherung gefährdet die Wärmewende

Was passiert, wenn die Planungssicherheit in Gefahr ist, zeigt eine Umfrage der Initiative Klimaneutrales Deutschland: Demnach reagieren aktuell Menschen mit Nichtstun auf die Verunsicherung. Eine überwältigende Mehrheit von 91 Prozent der Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer quer über alle Parteigrenzen hinweg wünscht sich mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit in Bezug auf Sanierungs- und Heizungsvorschriften. Ein weiteres Abwarten oder Zurückdrehen der Anforderungen gefährdet sowohl den Wohnwert der Gebäude als auch die Klimaziele.

Auch die Heizungsbranche hat sich mittlerweile auf die Maßgaben des Heizungsgesetzes eingestellt. Ausbildungskapazitäten für Wärmepumpeninstallateure wurden geschaffen, der Hochlauf für die Produktion von Wärmepumpen intensiviert, entsprechende Investitionen mit Blick auf die Klimaneutralität getätigt. Die einschlägigen Handwerks- und Wirtschaftsverbände warnen vor einer Kursänderung.

Das GEG in Verbindung mit der Förderung der BEG und der kommunalen Wärmeplanung sind ineinandergreifende Bausteine, um warmes, gesundes und klimafreundliches Wohnen für alle zu ermöglichen, dabei den Heizbedarf dauerhaft zu senken und die Heizkosten bezahlbar zu halten.

Mehr Absicherung für Gering- und Mittelverdienende

Für die soziale Wärmewende braucht es dreierlei:

  1. Eine soziale Absicherung verbunden mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung bei den Sanierungsschritten,
  2. klare Regeln, die für alle gelten sowie
  3. die gezielte Förderung entsprechender Institutionen wie gemeinnütziger Einrichtungen, der kommunalen Wärmeplanung und des sozialen Wohnungsbaus.

Ein Teil dieser Punkte ist bereits gesetzlich angelegt. Nachbesserungsbedarf im Sinne der sozialen Wärmewende sehen wir hingegen bei der zielgerechteten Unterstützung von Privathaushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen, beim Mieterschutz und bei der Unterstützung gemeinnütziger Einrichtungen.

Selbstnutzende Eigentümerinnen und -eigentümer mit mittlerem und geringem Einkommen bedürfen nicht nur beim Heizungstausch, sondern auch bei der energetischen Sanierung erhöhte Förderquoten und Zugang zu zinsgünstigen und bezahlbaren Krediten. Weiterhin könnte eine einkommensabhängige Förderung eines Social Leasings für Wärmepumpen für Haushalte mit geringen Einkommen diese durch Ratenzahlung finanzierbar machen. Ein weiterer Vorteil: Das Leasing-Modell umfasst auch Monitoring, Wartung und Instandhaltung, was zusätzlich organisatorische Hürden senkt.

Steigenden Wohnkosten verschärfen vielerorts die Armut, von Renten und Löhnen bleibt auch im mittleren Einkommensbereich nach Abzug der Wohnkosten zunehmend weniger zum Leben übrig. Deshalb sollten Mietende beispielsweise durch eine Absenkung der Modernisierungsumlage bei gleichzeitig verbesserten Förderbedingungen vor steigenden Wohnkosten geschützt werden.

Nebenkosten reduzieren, Gemeinnützige unterstützen

Um einen wirksamen Sanierungsanreiz zu setzen und einen Anstieg der gesamten Mietkosten zu verhindern, könnten Erhöhungen der Kaltmieten stärker an Effizienzverbesserungen gebunden werden. Vermietende erhalten hierdurch Planungssicherheit, profitieren jedoch weiterhin von finanzieller Förderung. Und Mietende profitieren von der Reduktion der Nebenkosten.

Gemeinnützige Träger von Pflegeheimen, Kitas sowie soziale Dienste und Einrichtungen können erforderliche Gebäudesanierungen in der Regel nicht refinanzieren. Daran ändert auch die 30-prozentige Grundförderung für die Wärmepumpe in Einrichtungen nichts. Sie benötigen eigene spezielle Förderprogramme, die an ihre Bedürfnisse angepasst werden.

Mit diesen Vorschlägen wird die Transformation zur Klimaneutralität auch für Einkommensärmere und den gemeinnützigen Sektor ermöglicht und ein fossiler Lock-In verhindert. Ebenso wird eine Belastung durch hohe CO2-Preise umgangen. Eine sozial vollendete Wärmewende senkt die Emissionen und Energiekosten für alle und verhindert, dass ein warmes Zuhause zum Luxus wird.

Dr. Brigitte Knopf ist Gründerin und Direktorin von Zukunft Klimasozial. Katja Kipping ist Geschäftsführerin beim Paritätischen Gesamtverband.

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