Die Erreichung der klimapolitischen Zielsetzungen kann nur mit einem intelligenten Mix aller verfügbaren klimaneutralen Antriebstechnologien gelingen. Wichtig hierfür sind drei Dinge: der synchrone Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine breite, nutzerorientierte Fahrzeugpalette, das frühzeitige Setzen von Normen und Standards sowie ein positives Narrativ für den Transformationsprozesses hin zu lokal emissionsfreier Mobilität. Denn nur wenn das Angebot gut und verlässlich ist, werden es die Kunden auch nutzen.
Der Handlungsdruck ist hoch, und der Wirtschaftsstandort Deutschland muss sich im internationalen Wettbewerb behaupten. Es gilt jetzt, die notwendigen Investitionen und Innovationen umzusetzen, statt durch nationale Meinungsdebatten (aus-)gebremst zu werden. Für das Antriebsportfolio der Zukunft sollten daher alle verfügbaren klimaneutralen Antriebstechnologien entsprechend ihrer spezifischen Stärken eingesetzt werden: Die eine Antriebstechnologie der Zukunft gibt es nicht!
Batterieelektrischer Antrieb im Pkw am sinnvollsten
Um nähere Einblicke aus Politik und Wirtschaft
zu erhalten, hat der VDE hierzu Meinungsführende aus dem Deutschen Bundestag,
dem BMVI sowie zahlreiche Vertreter aus dem Top-Management entlang der gesamten
automobilen Wertschöpfungskette zu ihren Einschätzungen und Erwartungen
befragt. Die Meinungsführenden waren sich einig, dass der batterieelektrische
Antrieb als Basistechnologie im Pkw-Segment als effizienteste Antriebsform mit
dem geringsten Bedarf an Primärenergie gesetzt ist.
Dafür sprechen die weite Verbreitung sowie die bereits vorhandene Strominfrastruktur. Zusätzlich wird die Energiedichte der im Fahrzeug eingesetzten Batterien um mindestens ein Drittel bis 2030 steigen. Auch erwarten aktuelle Studien ab 2027 deutliche Kostendegressionseffekte bei batterieelektrischen Fahrzeugen, wobei die Herstellung günstiger werden könnte als die herkömmlicher Verbrenner. Aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten ist der batterieelektrische Antrieb im Pkw-Bereich daher am sinnvollsten.
Damit der Markthochlauf der Elektromobilität gelingt, muss deren Anwendung wirtschaftlich und alltagstauglich sein – für Anbieter: und Nutzer:innen gleichermaßen. Eine wichtige Rolle dabei spielt der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Normen und Standards legen wichtige Regeln für die Infrastruktur von Ladestecker und Ladesystemen fest. Europaweit etabliert hat sich das Combined Charging System (CCS), und es ermöglicht eine interoperable Nutzung. Wichtig sind nun einheitliche, effizientere und kundenfreundlichere Abrechnungsvorgänge. Ohne einheitliche Normen und Standards bleiben Innovationen sonst auf der Strecke. Die erst kürzlich verabschiedete Novellierung der Ladesäulenverordnung war ein erster wichtiger Schritt.
Betrachtet man das Segment der Nutzfahrzeuge und Lkw, werden größere Traktionsbatterien und höhere Ladeleistungen benötigt. Dafür ist der CCS-Standard aus dem Pkw-Sektor nicht ausreichend, und eine Norm auf Fahrzeug- und Ladeinfrastrukturseite für Ladestecker wird aktuell erarbeitet. Neben dem batterieelektrischen Antrieb ist vor allem der Einsatz der Brennstoffzelle im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge und Lkw sinnvoll. Dabei können die Stärken der hohen Energiedichte von Wasserstoff über weite Strecken im Schwerlast- und Langstreckengüterverkehr eingesetzt werden.
Kaum große Technologiesprünge bei der Brennstoffzelle
Anders als bei der Batterie werden nach aktuellen Prognosen bei der Brennstoffzelle allerdings kaum große Technologiesprünge möglich sein, wirtschaftliche Fortschritte lassen sich nach Ansicht der Meinungsführenden am ehesten durch Skaleneffekte erzielen. Ähnlich argumentiert auch die neue Studie des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, wonach wasserstoffbasierte Brennstoffe vor allem in anderen Sektoren eingesetzt werden sollten. Ansonsten drohe eine Verlängerung der Abhängigkeit von fossilen Energien – und damit ein weiterer Ausstoß von Treibhausgasen. (Export-)Potenziale für Wasserstoff werden vor allem im Maschinen- und Anlagenbau gesehen.
E-Fuels werden künftig gebraucht, um Bestandsfahrzeuge, Motorsportwagen und Oldtimer auch weiterhin lokal klimaneutral nutzen zu können. Bereiche, in denen unter anderem auch Performance wichtig und eine vergleichsweise hohe Zahlungsbereitschaft gegeben ist. E-Fuels weisen den höchsten Primärenergiebedarf auf und sind vergleichsweise teuer aufgrund ihrer langen Wertschöpfungskette. Als wichtige Nischenposition werden sie im Antriebsportfolio der Zukunft für Bestandsfahrzeuge gebraucht. Für sie spricht in den genannten begrenzten Anwendungsfällen die einfache Speicherung, Verteilung und Betankung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren.
Es braucht einen intelligenten Mix und ein smartes Portfolio von klimaneutralen Antriebstechnologien und intelligenten Mobilitätslösungen. Für die Umsetzung ist ein kontinuierlicher und konstruktiver Dialog zwischen Politik und Wirtschaft notwendig, um den Ausbau einer bedarfsgerechten Infrastruktur und die Ausweitung der Fahrzeugmodellpalette zu synchronisieren. Dabei sind alle Beteiligten, von Netzbetreibern über Hersteller von Ladeinfrastruktur, Fahrzeugen und Messtechnik bis hin zu Zertifizierern und Wissenschaftlern einzubeziehen.
Dabei ist wichtig, dass Politik und Wirtschaft gemeinsam auftreten, vorhandene Vorurteile abbauen, den Transformationsprozess hin zu lokal emissionsfreier Mobilität begleiten und eine positive Aufbruchstimmung in der Bevölkerung erzeugen. Gelingen kann dies durch einheitliche Normen und Standards, die Vertrauen und Sicherheit in der Bevölkerung erzeugen, den vermehrten Einsatz lokal emissionsfreier Fahrzeuge in bundeseigenen Fahrzeugflotten sowie eine herstellerunabhängige und technologieneutrale Kommunikationsoffensive.