Während die Digitalisierung im Sondierungspapier von Unionsparteien und SPD zumindest ein Randthema war, wurde die digitale Infrastruktur gar nicht erwähnt. Dies muss sich im Koalitionsvertrag ändern, sind Glasfasernetze doch die Lebensadern der Digitalisierung und somit die Grundlage für wirtschaftlichen Fortschritt, digitale Innovationen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und natürlich schnelles, stabiles und zukunftssicheres Internet.
Das von der Ampel-Regierung ausgerufene Ziel des flächendeckenden Glasfaserausbaus bis 2030 ist nicht mehr erreichbar, auch weil fünf Jahre vor der Zielmarke viele notwendige Rahmenbedingungen immer noch nicht geschaffen sind. Anstatt neue große Visionen und Ziele auszurufen, sollten sich die Parteien im Koalitionsvertrag auf die zentralen Maßnahmen für den Glasfaserausbau verständigen, die noch im ersten Jahr der neuen Regierung umgesetzt werden. Ein jährliches Update, um Fortschritte und Maßnahmen zu prüfen, kann helfen, flexibel auf neue Entwicklungen der Branche zu reagieren. Es braucht eine Abkehr von der bisherigen Logik von Koalitionsverträgen, die einen mehr oder weniger allgemeinen Plan für vier Jahre vorsehen.
Neue Perspektive für Investoren
Für den flächendeckenden Glasfaserausbau sind in den kommenden Jahren weitere hohe zweistellige Milliardeninvestitionen in die Telekommunikationswirtschaft notwendig. Mehr als 60 Prozent der bereits vorhandenen Glasfaseranschlüsse wurden von den Wettbewerbern der Deutschen Telekom gebaut. Um weiterhin privates Kapital für die digitale Infrastruktur Deutschlands zu sichern, ist angesichts der strukturellen Herausforderungen und der seit 2021 um fast 40 Prozent gestiegenen Baukosten eine investitionsfreundliche, wettbewerbsorientierte Politik unerlässlich.
Um private Investitionen zu hebeln, sollte Fremdkapital wie Bankkredite für Investitionen in die digitale Infrastruktur mit staatlichen Garantien abgesichert werden können. In Ergänzung dazu ist für Unternehmen unwirtschaftliche Gebiete eine langfristig angelegte und zielgerichtete staatliche Förderung weiter notwendig. Wichtig dabei ist, dass sie mit Augenmaß erfolgt und nicht im Überschwang des geplanten „Sondervermögens Infrastruktur“ möglichst viel Fördermittel in möglichst kurzer Zeit in den Markt schüttet, die dann wiederum zu steigenden Baukosten führen würden.
Einmal ein Infrastruktur-Upgrade von Kupfer auf Glasfaser bitte
Damit Deutschland endlich aus seiner Kupfer-Lethargie herauskommt, muss die nächste Bundesregierung mit der Bundesnetzagentur schnellstmöglich die Voraussetzungen für einen wettbewerbsneutralen und verbraucherfreundlichen Übergang von Kupfer- auf Glasfasernetze schaffen. Dieses Konzept für das Infrastruktur-Upgrade auf Glasfaser braucht eine Top-Priorität im Koalitionsvertrag. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher würde sich daraus ergeben, dass sie zwischen möglichst vielen Anbietern wählen können. Diskussionen über fehlende Kooperationsbereitschaft zwischen den Unternehmen hätten endgültig ein Ende. Die daraus resultierende Sicherheit eines verbindlichen Plans wäre ein Booster für weitere private Investitionen in den Netzausbau.
Nachdem das in der letzten Legislaturperiode vom Bundesdigitalministerium auf den Weg gebrachte Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz ohne wirksame Impulse mit dem Ampel-Aus – im Ergebnis zu Recht – scheiterte, braucht es einen mutigen Neustart. Dieser zweite Anlauf muss zügig nach der Regierungsbildung ambitioniert und mit wirksamen Maßnahmen erfolgen. Ein wichtiger Bestandteil des Gesetzentwurfs muss sein, den Glasfaser- und Mobilfunkausbau ausnahmslos als im überragenden öffentlichen Interesse zu definieren, um schneller bauen zu können. Ein weiterer Hebel, um endlich schneller voranzukommen, wäre ein Paradigmenwechsel: weg von langwierigen Genehmigungsverfahren, hin zu schlanken Anzeigeverfahren. Im Baurecht beispielsweise bestehen solche Regeln bereits heute in der Verwaltungspraxis. Unternehmen und die Kommunen, die zu Recht über Personalmangel klagen, würden dadurch entlastet. Falls ohne gesetzliche Regelung keine Lösung gegen den strategischen Überbau von bereits vorhandenen Glasfasernetzen erreicht werden kann, sollte der Gesetzgeber dieses volkswirtschaftlich unsinnige Schauspiel endlich beenden.
Konsequenter Bürokratierückbau
Statt populistischer Rufe nach einem deutschen Doge a la Elon Musk, kann ein konsequenter Rückbau der Bürokratie erreicht werden, indem alle bestehenden Pflichten, die keine zwingende Notwendigkeit oder keinen nachweisbaren Nutzen haben, konsequent abgeschafft werden und stattdessen den Unternehmen mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Neben den Berichts-, Dokumentations- und Meldepflichten sollte auch der Verbraucherschutz dahingehend überprüft werden.
Statt neuer Strategiepapiere, die viel Zeit kosten, aber wenig Ertrag bringen, sollten sich Bund, Länder, Kommunen und Telekommunikationsbranche zügig auf einen gemeinsamen und verbindlichen Glasfaserpakt verständigen. Nicht der kleinste gemeinsame Nenner darf dabei das Ziel sein, sondern die schnelle Umsetzung der zentralen Maßnahmen, die zu mehr Investitionen und fairem Wettbewerb führen. Regelmäßige Überprüfungen und ein transparenter Austausch der Beteiligten sind entscheidend für den nachhaltigen Erfolg des Paktes.
Steuern sollte dieses Vorhaben ein effektives Digitalministerium. Hier sollten die zentralen und übergeordneten Themen der Digitalisierung wie digitale Infrastruktur, Verwaltungsdigitalisierung, nationale, europäische und internationale Digitalpolitik, Datenpolitik sowie digitale Innovationspolitik und KI gebündelt werden. Die schnelle Handlungsfähigkeit des Ministeriums wird sichergestellt, indem die bestehenden Abteilungen aus den bestehenden Ministerien übernommen werden.
Sven Knapp leitet das Hauptstadtbüro des Bundesverbands Breitbandkommunikation (Breko) in Berlin.