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Energie & Klima

Standpunkte Deutschland muss ein Angebot für transatlantische Kooperation machen

Jule Könneke, Expertin für Klimadiplomatie am Thinktank E3G
Jule Könneke, Expertin für Klimadiplomatie am Thinktank E3G Foto: E3G

Zahlreiche Staaten sollten den internationalen Klimagipfel diese Woche zum Anlass nehmen, ihre Klimapläne zu schärfen, meinen die beiden Expertinnen für internationale Klimadiplomatie Jennifer Tollmann und Jule Könneke vom Thinktank E3G. Deutschland könnte dafür wichtige Signale setzen.

von Jule Könneke

veröffentlicht am 21.04.2021

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Vom 22. Bis 23. April veranstaltet US-Präsident Biden den Leaders Summit on Climate. Der virtuelle Gipfel ist ein entscheidender Meilenstein um Klimaschutzmaßnahmen durch die G7, G20 und weitere Gipfeltreffen auf dem Weg zur Weltklimakonferenz (COP26) im November voranzutreiben. Wer ist eingeladen? Insgesamt 40 Staats- und Regierungschefs, darunter die G20-Länder, die zusammen 80 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verursachen. Teilnehmen werden darüber hinaus Länder, die besonders anfällig für die Auswirkungen des Klimawandels oder führende Klimaschützer sind. Einige klimapolitische Bremser wie Brasilien sind ebenfalls eingeladen – ob es die richtige Strategie ist, ihnen die Bühne zu bieten, wird sich zeigen.

Der Gipfel bietet Raum für die Ankündigung neuer Klima-Verpflichtungen und beinhaltet Diskussionen zu den Themen technologische Innovationen, finanzielle Unterstützung, grüner Wiederaufbau von der COVID-19 Pandemie und die Schaffung von „grünen“ Arbeitsplätzen.   

Ausgangslage: Unzureichende Ambitionen

Insbesondere die G20-Länder werden auf dem heißen Stuhl sitzen, wenn es darum geht, die Ambitionen vor der COP26 zu erhöhen um eine 1,5 Grad-Zukunft in Reichweite zu halten. Das ist bitter nötig, wie der jüngste NDC-Synthesebericht deutlich zeigt: Die bisher eingereichten aktualisierten NDCs reichen bei Weitem nicht aus, um eine 1,5 Grad-Zukunft in Reichweite zu halten.

Die von Japan, Südkorea, Russland, Neuseeland, der Schweiz und Australien eingereichten NDCs sind nicht wesentlich ehrgeiziger als die vorherigen. Die überarbeiteten Ziele von Mexiko und Brasilien stellen effektiv einen Rückschritt dar, Kanada lässt auf sich warten. Auch der Gastgeber selbst hat bisher kein überarbeitetes und verbessertes NDC vorgelegt, jedoch wird das neue NDC der USA kurz vor dem, spätestens aber während des Gipfels erwartet. Die US-Zivilgesellschaft, wirtschaftliche und wissenschaftliche Akteure sind sich einig: Die Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 ist das Mindestmaß.

In Vorbereitung auf den bevorstehenden Leaders Summit hat der US-Klimabeauftragte John Kerry unzählige Video-Konferenzen und persönliche Treffen absolviert - unter anderem mit China, Indien, Südkorea und Japan - um Beziehungen zu erneuern und andere Länder dazu zu ermutigen, ihre Klimaambitionen zu erhöhen. Neben dem neuen NDC der USA werden auf dem Gipfel Klimazusagen der restlichen G7 erwartet. Insbesondere von Südkorea und Japan könnten ehrgeizigere 2030-Treibhausgasreduktionsziele oder die Ankündigung kommen, die internationale Kohlefinanzierung zu beenden.

Wie wird Kanzlerin Merkel die Bühne nutzen?

Für Bundeskanzlerin Merkel bietet der Gipfel eine der letzten Chancen, um das Klima-Erbe ihrer Regierung im Vorfeld des Wahlkampfs aufzupolieren. Die erneute Ankündigung des 2030-Ziels der EU – eine Minderung der Emissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 – wird wohl kaum ausreichen, nicht zuletzt da Kollegen von der Leyen und Michel auch geladen sind. Gelingen könnte es, wenn sie auf dem Gipfel endlich den Zeitplan für das Ende internationaler Finanzierung für fossile Brennstoffe konkretisieren würde. Sieben europäische Länder, darunter Deutschland, haben sich letzte Woche der von Frankreich angestoßenen Initiative Export Finance for Future (E3F) angeschlossen. Ziel ist, staatliche Exportkredite für fossile Brennstoffe zu beenden und stattdessen nachhaltige Projekte besser zu fördern. Die Initiative muss jetzt mit konkreten Zeitplänen untermauert werden.

Ein weiteres Themenfeld, zu dem Merkel sprechen sollte, ist der nachhaltige Wiederaufbau der Wirtschaft. Die Recovery and Resilience Facility (RRF) der EU sieht vor, dass mindestens 37 Prozent der Gelder, die in den nationalen Konjunkturplänen ausgegeben werden, die Klimaziele unterstützen. Merkel sollte konkret darlegen, wie sie plant hier nachzubessern, denn der deutsche Entwurf erreicht lediglich einen grünen Anteil von 34 Prozent. Wie wird sie sicherstellen, dass der deutsche Konjunkturplan die Klimaquote erfüllt und das „Do-No-Harm-Prinzip“, nach dem keine für den Klimaschutz schädlichen Maßnahmen finanziert werden dürfen, eingehalten wird?

Koordinierte Angebote an Schwellenländer?

Die Biden-Harris-Administration hat den Klimaschutz von Beginn an zu einem zentralen Organisationsprinzip ihrer Regierung macht. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an eine neue transatlantische Allianz und ihre Anstrengungen zur Bewältigung des Klimawandels. Doch um die transatlantische Klimabrücke glaubhaft wiederzubeleben und Risiken – die sich zum Beispiel aus Streitigkeiten um das umstrittene Gaspipeline-Projekt Nord Stream 2 ergeben – vorzubeugen, muss Deutschland das Kooperationsnarrativ nun mit einem konkreten und ehrgeizigen Angebot an die USA untermauern.

Als großer Shareholder in multilateralen Entwicklungsbanken könnte die Bundesregierung den USA anbieten, die Unterstützungsmaßnahmen für die großen Emittenten, die noch Entwicklungsländer sind und durch von COVID-19 bedingten Haushaltskrisen vor enormen Herausforderungen stehen  – wie Indien, Südafrika und Indonesien – transatlantisch zu koordinieren. Ein multilaterales Vorgehen hätte mehr politisches Gewicht und wäre erfolgsversprechender als bilaterale Deals. Nur wenn die EU und die USA – in Zusammenarbeit mit der britischen G7- und der italienischen G20-Präsidentschaft – konkrete gemeinsame klimadiplomatische Anstrengungen unternehmen, können sie der neue Motor für globalen Klimaschutz werden.

Merkel muss daher auf dem Leaders Summit Bereitschaft zur multilateralen Zusammenarbeit mit den USA und anderen Partnern signalisieren, um die benötigten finanziellen Mittel – auch von multilateralen Entwicklungsbanken - für die grüne Erholung und die Transition hin zu Treibhausgasneutralität freizusetzen. Diese Mittel sind, gepaart mit spezifischer sektoraler Unterstützung, für die Schwellenländer notwendig, um ihre eigenen Klimaziele im Vorfeld der COP26 zu erhöhen. Über transatlantische Kooperation wurde viel gesprochen – jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam zu planen und konzertierte Führung zu entwickeln. 

Petersberg muss Lücken schließen

Selbst wenn der der Leaders Summit on Climate die Messlatte hoch setzt, kann er alleine nicht ausreichen. Insbesondere die Themen Klima-Anpassung und die Finanzierungslücke – Schlüsselthemen für Entwicklungsländer – stehen weder auf der Agenda des Gipfels, noch auf der US-Agenda weit oben. Fortschritt in diesen Bereichen ist für den Erfolg der COP26 jedoch essentiell. Der nächste wichtige Moment wird der Petersberger Klimadialog sein, der am 06. und 07. Mai von der Bundesregierung ausgerichtet wird.

Insbesondere die Themen Anpassung und Resilienz sowie Finanzierung müssen dann im politischen Teil des Dialogs aufgegriffen werden – auch durch neue, ambitionierte Anpassungs- und Finanzierungsverpflichtungen. Dies kann dann auch der Moment sein, um „High Ambition Coalitions“ glaubwürdig wiederzubeleben. Gelingt das nicht, werden sich Schwellenländer wie China und Brasilien weiterhin erfolgreich als Champions des Globalen Südens positionieren - und dabei von eigenen Missständen ablenken können.

Jennifer Tollmann ist Senior Policy Advisor im Berliner Büro des Klima-Thinktanks E3G. Dort ist auch Jule Könneke mit dem Schwerpunkt internationale Klimadiplomatie befasst. 

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