Ventilatorgestützte Wohnungslüftung stellt die notwendige Ergänzung zur angestrebten immer größeren Luftdichtheit unserer Wohngebäude aufgrund der Effizienzvorgaben des GEG dar. Kurz: Wärmedämmen erfordert maschinelles Lüften. Sie sichert den Mindestluftaustausch und beugt dadurch Schimmel vor, erhält die Substanz des Gebäudes und eine für die Nutzenden gesunde Innenraumluft.
In der Variante mit Wärmerückgewinnung (WRG) stellt sie außerdem eine wichtige Energieeffizienztechnologie dar, die bis zu 25 Prozent der Heizenergie (im Passivhaus bis zu 50 Prozent, mit den besten Geräten sogar mehr) und entsprechend CO2 einspart. Die Anlagen sind sowohl im Neubau als auch in der Sanierung in den Varianten zentral (leitungsgebunden) und dezentral (raumweise) verfügbar. Mit Zuschüssen aus der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), teilweise kumulierbar mit entsprechenden Programmen von Ländern oder Kommunen, amortisieren sich die Anlagen in etwa fünf bis zehn Jahren. Auch wirtschaftlich machen Sie also Sinn. Sie sind eine Schlüsseltechnologie der Wärmewende.
Der VfW hält es daher für eine verpasste Gelegenheit für eben jene Wärmewende, dass im GEG-Entwurf kein Wort zur Lüftung mit WRG auftaucht, außer einem ausschließenden Passus in der Gesetzesbegründung. Demnach „… zählt Abwärme aus nicht-prozessbezogener Abluft (zum Beispiel über Abluft- oder RLT-Anlagen) nicht als unvermeidbare Abwärme.“ RLT steht für „raumlufttechnisch“. In den Leitplanken der Ampel wird das Thema Lüftung ebenfalls nicht behandelt.
EE oder Reduktion vermeidbarer Lüftungswärmeverluste
Gesetzestechnisch gäbe es ein ganzes Bündel sinnvoller Optionen, die WRG noch in das GEG aufzunehmen. Wir sprechen uns dafür aus, die WRG wie erneuerbare Energie zu behandeln, da jede rückgewonnene Kilowattstunde nicht neu erzeugt werden muss und damit sogar der erneuerbaren Energie, die erst erzeugt und zum Verbraucher transportiert werden muss, vorzuziehen ist. Damit wäre Paragraf 71 Absatz 1 des Entwurfes direkt anwendbar.
Manche, zum Beispiel der Energieverband BDEW, plädieren dafür, die WRG in die Definition der unvermeidbaren Abwärme einzubeziehen, gegebenenfalls mit einem Prozentsatz für den Neubau versehen, sodass X Prozent der EE-Quote bei Einbau einer Lüftung mit WRG als erfüllt gelten. Wir halten dabei 20 bis 25 Prozent für angemessen.
Sollte auch dies nicht zur Anwendung kommen, spricht sich der VfW dafür aus, eine neue Erfüllungsoption in den Paragrafen aufzunehmen, nämlich „vermeidbare Lüftungswärmeverluste“, also diejenigen, die durch WRG vermieden werden können; denn es sollte der erste Schritt sein, vermeidbare Verluste zu reduzieren. Sie sind eine klassische „low hanging fruit“.
Es erschließt sich uns nicht, warum eine technisch bewährte sowie wirtschaftlich sinnvolle Technologie nicht zum Einsatz kommen sollte, die zur Zielerreichung des Gesetzes wesentlich beitragen kann. Dies umso mehr, als durch immer weitergehende Ausnahmen (unter anderem H2-Readyness) und nach hinten verschobene Fristen die Erreichung der Ziele des Entwurfes in seiner gegenwärtigen Form infrage steht.
Denkbar wäre schließlich, bestimmten Erfüllungsoptionen, etwa der H2-ready-Gasheizung oder der Stromdirektheizung, eine Zusatzanforderung zur Nutzung von Lüftung mit WRG beizufügen, um den Heizwärmebedarf zu senken. Für eine Kombination mit der Solarthermie hatte sich auch die Solarbranche eingesetzt.
Für Einbeziehung in die jetzige GEG-Novelle
Wie wird die verpasste Chance begründet? Der Bundesregierung geht es bei der jetzigen GEG-Novelle um die Umstellung der Wärmeerzeugung. Die WRG wird dabei zwar als sinnvolle energiesparende Option eingestuft, aber nicht als Heizungstechnologie. Mit Effizienztechnologien wolle man sich bei der nächsten GEG-Novelle befassen, die unter anderem die EPBD-Novelle umsetzen soll.
Der VfW hält dem entgegen, dass die WRG mit der Heizung und der Wärmeerzeugung durch die direkte Reduktion des Heizwärmebedarfs aufs Engste verbunden ist. Deshalb ist es zwingend notwendig, sich jetzt und bei dieser GEG-Novelle darum zu kümmern. Zumal der Verweis auf zukünftige Regulierung immer ein Umsetzungsrisiko bedeutet. Das hat übrigens nicht nur der VfW erkannt, sondern zahlreiche Verbände, darunter BDEW, BDI, ZIA, ZDH, ZVSHK, ZVEI, BDH und FGK.
Schlüsseltechnologie der Wärmewende – beeindruckende Performance
Die besten Argumente liefert aber die Performance der Lüftung mit WRG selbst: Eine Kurzstudie, die das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden (ITG) et al. in 2022 für den VfW erstellt haben, zeigt:
Ventilatorgestützte Wohnraumlüftung mit WRG ist extrem effizient. Sie erzielt Leistungszahlen (eingesetzte elektrische Energie zu rückgewonnener Heizenergie) von circa 11 bis 25, die besten neuesten Anlagen noch mehr. Die höchsten Leistungszahlen werden bei niedrigen Außentemperaturen erreicht, was die WRG zu einer hervorragenden Komplementärtechnologie der Wärmepumpe macht, die bei höheren Außentemperaturen effizienter ist. Sie trägt zur Entlastung des Stromnetzes bei, das so um bis zu 10 Gigawatt kleiner dimensioniert werden kann – vorausgesetzt die Hälfte der Wohneinheiten in Deutschland wird mit der Technologie ausgestattet. Auch Heiztechnik und Wärmenetze können aufgrund der Effizienz der Wärmerückgewinnung kleiner ausfallen.
Im Mai 2023 hat das ITG eine Nachfolgestudie veröffentlicht, wonach das Potenzial für Einsparungen von Heizenergie und Treibhausgasen (THG) je Wohneinheit bis zu 69 Prozent gegenüber der Fensterlüftung beträgt. Das gilt für den Neubau, wobei das Einsparpotenzial im Gebäudebestand immer noch bei bis zu 19 Prozent liegt. Dafür können dort die absoluten Einsparungen sehr hoch sein.
Fünf Prozent des Klimaziels sind als Beitrag möglich
Wie groß ist der Gesamthebel? Erheblich: Er ist für die nationale Klimapolitik relevant. Zum Treibhausgasreduktionsziel bis 2030 des Klimaschutzgesetzes von 35 Millionen Tonnen pro Jahr könnte die Lüftung mit WRG allein fünf Prozent beitragen, wenn bis 2030 jährlich 500.000 Systeme eingebaut werden.
Bei einer 45-prozentigen Ausstattung des Bestandes bis 2045 (erfordert jährlichen Einbau in 775.000 Wohneinheiten) steigt das Reduktionspotenzial stark an. Das wären bis zu elf Millionen Tonnen CO2 jährlich und zehn Prozent des Gebäudesektor-Einsparziels. Die Heizkosten würden um 3,4 bis 5,7 Milliarden Euro pro Jahr sinken.
Um diese Einsparpotenziale zu erreichen, ist jedoch eine sofortige Stärkung der Rolle der Wohnungslüftung mit WRG im GEG unerlässlich. Daher plädiert der VfW dringend dafür, die Lüftung mit Wärmerückgewinnung in die aktuelle GEG-Novelle einzubeziehen.
Ralf Lottes ist
Geschäftsführer des Bundesverbands für Wohnungslüftung.