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Standpunkte Es fehlt nicht am Transformationswillen, sondern am Umsetzungs-Know-how

Seth Elliott, Chief Operating Officer beim US-Management-Softwareanbieter Quantive
Seth Elliott, Chief Operating Officer beim US-Management-Softwareanbieter Quantive Foto: Quantive

Politik, Kapitalgeber und Verbraucher fordern mehr Nachhaltigkeit in allen Aspekten der Wirtschaft. Viele Unternehmen, vom Start-up bis zum Konzern, haben zwar großartige Ideen und entsprechende Initiativen – scheitern dann aber am Roll-out ihrer Strategien. Alternative Management-Methoden können dabei helfen, komplexen Veränderungen wie ESG-Transformationen Leben einzuhauchen, schreibt Seth Elliott, fürs Tagesgeschäft zuständiger Manager beim US-Management-Software-Plattformanbieter Quantive.

von Seth Elliott

veröffentlicht am 25.05.2023

aktualisiert am 26.05.2023

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ESG-Konformität („Environmental, Social, Governance“, Umwelt, Sozialfaktoren und unternehmerische Verantwortung) ist wichtiger denn je – Lippenbekenntnisse reichen nicht mehr. Transparenz wird die künftig erforderlichen ESG- und Finanzberichterstattungspflichten prägen. Das führt zu einem Vertrauensbonus bei internen und externen Stakeholdern. Eine nachhaltigere Geschäftsführung stärkt die Talentbindung, macht den Betrieb interessanter für Spitzenkräfte und prägt die Unternehmenskultur positiv.

Und: Bessere ESG-Metriken bieten einfacheren und günstigeren Zugang zu Eigen- und Fremdkapital. Es überrascht nicht, dass umwelttechnisch problematische Unternehmen grundsätzlich ein finanzielles Risiko für Investoren darstellen, auch am öffentlichen Kapitalmarkt: Man erinnere sich beispielsweise an die BP-Ölkatastrophe im Jahr 2010, die den Aktienkurs von BP in den darauffolgenden 40 Tagen um 51 Prozent in die Tiefe stürzen ließ. Unternehmen sind interessanter für Investoren, wenn ihr Betrieb zukunftsfähig ist. Und auch die Geldgeber selbst müssen ihrerseits Rechenschaft über Investitionen und Beteiligungen ablegen. Schon heute werden Unternehmen, die nicht ESG-konform sind, von einigen Fonds kategorisch abgelehnt. Stichwort: EU-Taxonomie-Verordnung.

ESG ist mehr als Klimaschutz

Obwohl ESG-Konformität also längst kein Nice-to-have mehr ist, hadern Unternehmen in allen Größenordnungen noch mit einem Verständnis dafür, wie sie entsprechende Strategien umsetzen können insbesondere wenn es darum geht, alle Aspekte von ESG mit einzubeziehen:

  • „Environmental“ bezieht sich auf die Biossphäre und Ökosysteme unseres Planeten. Er reflektiert, wie menschliche Aktivitäten die natürliche Welt durch zum Beispiel Luftverschmutzung, Energie-, Wasser- und Ressourcenverbrauch sowie Müll- und Schadstofferzeugung beeinflussen.

  • „Social“ spiegelt wider, wie Unternehmen ihre menschlichen Stakeholder behandeln – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens. Dies umfasst etwa den Schutz von Menschenrechten und die Vermeidung von Kinderarbeit ebenso wie Engagement im Bereich Diversität und Inklusion, oder die Verringerung des sogenannten Gender Pay Gap.

  • „Governance“ meint eine ethisch einwandfreie Unternehmensführung. Dabei geht es darum, wie ein Unternehmen auf höchster Ebene agiert, einschließlich Entscheidungsfindung, politisches Engagement und Ethik.

Komplexe Strategien effizienter anpacken

Obwohl es heute auch im Mittelstand bereits viele gute Initiativen gibt, scheint es in der Breite nach wie vor eine Lücke zu geben zwischen der Formulierung strategischer, abstrakter Unternehmensziele im Bereich ESG und deren praktischer Umsetzung. Leider mangelt es vielen Firmen nicht nur an Ressourcen, sondern auch am methodischen Know-how, komplexe Transformationsprojekte strategisch zu planen, umzusetzen und gleichzeitig das Alltagsgeschäft aufrecht zu erhalten. Im traditionellen Business Performance Management wird im Mittelstand bislang noch häufig mit rückwärtsgewandten KPIs (Key Performance Indicators) gearbeitet. Viel zu oft steht die Frage im Vordergrund: „Waren wir erfolgreich?“ Und nicht: „Wie werden wir eigentlich zukünftig erfolgreich?“

Der Aufbau von Kapazitäten im Bereich Change-Management ist heute unerlässlich. Die KPI-Mentalität muss nicht über Bord geworfen, aber neu gedacht werden. Unternehmen müssen sich für neue Managementmethoden öffnen, um ihren operativen Betrieb zukunftsfähig zu machen. Eine Möglichkeit ist, die operativen Prozesse des Unternehmens entlang der OKR-Methode (Objectives and Key Results) auszurichten, die bereits Konzerne wie Intel und Google nutzen. Bei OKR liegt der Fokus auf dem gemeinsamen Setzen ambitionierter und klar formulierter Schlüsselziele, um die Definition messbarer Schlüsselerfolge und die kontinuierliche Prüfung des Projektfortschritts. Die Fragen: „Was wollen wir erreichen?“ und „Wie wollen wir es erreichen?“ werden im OKR-Kontext zum zentralen Element der Quartals- und Jahresplanung.

Unternehmen, die ESG-Transformationsvorhaben entlang von OKRs umsetzen, können völlig neue Einsichten in dafür erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen – ohne das Alltagsgeschäft aus dem Blick zu verlieren.

„Business as usual“ ist abgelaufen

ESG wird für Unternehmen auf der ganzen Welt zu einer Top-Priorität. Deutsche Firmen müssen sich darauf konzentrieren, wie sie ESG-Initiativen umsetzen und die zugehörigen Ziele erreichen können. Organisatorische Herausforderungen dürfen dabei einer effektiven langfristigen Strategie nicht im Weg stehen. Vielmehr sollten Unternehmen neue Managementmethoden, wie zum Beispiel OKRs, einführen, um ihre strukturierter zu erreichen.

Eine solche Weiterentwicklung geht Hand in Hand mit einem Wandel der Unternehmenskultur, denn sie schafft maximale Transparenz über Projekte, Kapazitäten und Verantwortungsbereiche hinweg. Gleichzeitig hilft ein OKR-Rahmen auch den einzelnen Mitarbeitern, sich besser und engagierter mit ihrer Rolle im Unternehmen zu identifizieren und besser zu verstehen, wie ihre individuelle Leistung zur Gesamtentwicklung des Unternehmens beiträgt. Da ein OKR-Rahmen umso effektiver ist, je mehr Abteilungen die Methodik nutzen und je mehr Datenpunkte dadurch an das OKR-System gekoppelt sind, treibt eine entsprechende Organisation gleichzeitig ein weiteres Schlüsselelement künftiger Unternehmenserfolge voran: die Digitalisierung.

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