Deutschland muss moderner werden. Das gelingt nur mit Investitionen. Der BDI beziffert den Finanzierungsbedarf für die kommenden zehn Jahre auf 400 Milliarden Euro, das Institut der Deutschen Wirtschaft spricht von 600 Milliarden Euro. Eine immense Investitionsoffensive ist nötig, um Deutschland fit für die Zukunft zu machen.
Doch statt mit der Gießkanne vorzugehen, müssen CDU/CSU und SPD für die kommende Legislatur entscheidende zielgerichtete Grundsteine legen. Die neue Dimension von Sicherheit und der dringende Handlungsbedarf bei Investitionen in die Infrastruktur beflügeln die Debatte über die Einrichtung dieser Sondervermögen.
Rohstoffsicherung ein Hauptthema
Wenn nun darüber diskutiert wird, wie Investitionen angereizt werden können, muss von Beginn an auch das Thema Rohstoffsicherung berücksichtigt werden. Die öffentliche Hand kann mit ihrem Investitionsvolumen gezielt nachhaltige Beschaffung fördern – etwa durch die Berücksichtigung von Rezyklaten und der Recyclingfähigkeit als Ausschreibungskriterium.
Dies erleichtert nicht nur die ökologische Beschaffung, sondern kurbelt zusätzlich die Kreislaufwirtschaft im Industriestandort Deutschland an.
Mit gezieltem Green Public Procurement (GPP) kann der Bund langfristig Kosten senken, die CO2-Bilanz verbessern und nachhaltige sowie umweltfreundliche Technologien stärken. Die Einhaltung der GPP-Kriterien entspricht vollumfänglich den EU-Vorgaben und zeigt, dass sich eine ressourcenschonende und zukunftsfähige Wirtschaft durchsetzt.
Das langfristige Ziel ist klar: ein klimaneutrales Deutschland bis 2045. CDU/CSU und SPD haben sich zu dem Ziel bekannt – und auch die Wirtschaft unterstützt das Vorhaben. Zusammen mit 20 Verbänden, unter anderem dem Deutschen Sparkassen und Giroverband sowie dem Deutschen Start-Up-Verband, haben wir uns für mehr Investitionen in Wirtschaft und Infrastruktur unter dem Klimaziel 2045 ausgesprochen. Denn eine klimaneutrale Wirtschaft ist keine Utopie – sie ist der Schlüssel für zukunftsfähiges Wirtschaften.
Klimaschutz als Konjunkturprogramm
Eine Zukunft, die kostet. Durchschnittlich elf Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes müssen laut Agora Energiewende bis 2045 in Modernisierung und Klimaneutralität fließen. Aber: 75 Prozent dieser Investitionen betreffen vorrangig die Infrastruktur – sie stehen somit auch ohne Klimaziel an. Beide Ziele in Einklang zu bringen, schafft entscheidende Mitnahmeeffekte. Bis zu 80 Prozent der notwendigen Investments könnten aus der Wirtschaft kommen. Doch damit die Wirtschaft investiert und den Haushalt entlastet, muss die Politik die Richtung vorgeben.
Eine der Richtungen ist der Hochlauf der Kreislaufwirtschaft, der nur mit langfristigen Vorgaben möglich ist, indem Planungs- und damit Investitionssicherheit geschaffen werden. In den kommenden fünf Jahren braucht es Vorgaben zum Design for Recycling, die dafür sorgen, dass bereits in der Produktentwicklung die spätere Recyclingfähigkeit berücksichtigt wird. Ebenso nötig und gewinnbringend: ein neuer Übergang vom Abfall- zum Produktrecht. Besonders für Altpapier, Altkunststoffe und Ersatzbaustoffe müssen Möglichkeiten geschaffen werden, Abfallströme zu verlassen und in neue Produktströme überzugehen. Für die Wirtschaft bieten sich so Effizienzgewinne und weniger internationale Abhängigkeiten.
Das betrifft auch den Bereich Kunststoff. Statt fossilem, importierten Plastik, müssen im Bereich Kunststoff mehr Rezyklate verarbeitet werden. Lösungen hierfür existieren bereits: sei es eine Mindestrezyklateinsatzquote, wie sie der BDE fordert, oder eine Einspeisevergütung für Rezyklate, wie sie der BNW in die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie eingebracht hat. Die neue Regierung sollte diesen und weiteren Lösungen der Kreislaufwirtschaft offen gegenüberstehen und sie, wo nötig, entsprechend fördern. Nur so entsteht ein Level-Playing-Field, auf dem neue Industriezweige im Hochlauf bestehen und sich langfristig zum neuen Mainstream mit entsprechender Wertschöpfung entwickeln können. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherheit des Standorts.
Nationale Sicherheit in Zeiten der Klimakrise
Die Umstellung auf klimaneutrale, kreislauffähige Lösungen betrifft nicht nur die Umwelt, sondern ist auch ein wesentlicher Beitrag zur nationalen und europäischen Sicherheit. Mit Blick auf geopolitische Krisen, wie den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, wird deutlich, dass fossile Abhängigkeiten die Wettbewerbsfähigkeit erheblich beeinträchtigen. BNW und BDE betonen daher, dass gezielte Investitionen in moderne Recyclingtechnologien und erneuerbare Energien unabdingbar sind, um fossile Primärrohstoffe zu reduzieren. Der BDE unterstreicht, dass solche strategischen Investitionen nicht allein im Bereich der Klimapolitik liegen, sondern auch einen entscheidenden Beitrag zur Abwehr externer Risiken und zur Stärkung des deutschen Mittelstands leisten.
Von klimaneutralen, kreislauffähigen Lösungen profitieren dürfte auch die nationale und europäische Sicherheit – eine der aktuellen Kernaufgaben. Erst kürzlich hat der Bundesnachrichtendienst zusammen mit weiteren Partnern die Folgen der Klimakrise als unmittelbares Risiko für die nationale Sicherheit definiert. Spätestens damit wird klar, dass ein Investment in Kreislaufwirtschaft, Klimaschutz und Klimaneutralität zwar nicht in den Kernbereich der Verteidigung und damit in den Bereich des aktuell diskutierten Sondervermögens fallen, aber ein entscheidendes Investment sind: für die nationale Sicherheit und für die Wirtschaft.
Ein kluges Investment
Gemeinsam fordern wir daher von der kommenden Regierung ein klares Bekenntnis zu gezielten Investitionen, die den deutschen Mittelstand auf dem Weg zu Modernisierung und Zukunftstechnologien begleiten und fördern. Wir sind überzeugt, dass die nötigen Investitionen die Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung der Wirtschaft steigern. Ein klimaneutrales Deutschland 2045 ist kein nationaler Alleingang, sondern ein kluges Investment.