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Sustainable Finance

Standpunkte Die Ressource Wasser wird knapp

Alina Donets, Portfoliomanagerin bei Lombard Odier Investment Managers
Alina Donets, Portfoliomanagerin bei Lombard Odier Investment Managers Foto: LOIM

Angesichts des bis 2050 voraussichtlich um jährlich 20 bis 30 Prozent steigenden weltweiten Wasserbedarfs kommt es jetzt auf umfangreiche Investitionen, Effizienz, Qualität und den Schutz von Ökosystemen an, meint Alina Donets, Portfoliomanagerin bei Lombard Odier Investment Managers.

von Alina Donets

veröffentlicht am 12.01.2023

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Weltweit ist die Nutzung von Wasser in den vergangenen hundert Jahren um ein Sechsfaches gestiegen. Und sie nimmt jedes Jahr stetig um rund ein Prozent zu. Verantwortlich hierfür sind der Bevölkerungsanstieg, ein zunehmender Wohlstand und damit höherer Konsum, die Industrialisierung, die landwirtschaftliche Bewässerung sowie die Urbanisierung und daraus resultierende höhere Wasserintensität.

Der weltweite Wasserbedarf wird derzeit auf etwa 4600 Kubikkilometer (km³) pro Jahr geschätzt und dürfte bis 2050 um jährlich bis zu 30 Prozent auf bis zu 6000 km³ ansteigen. Doch die maximale nachhaltige, also naturverträgliche Entnahmemenge ist bereits heute schon fast erreicht. Ohne innovative Lösungen geht uns also das Wasser aus.

Aquatische Ökosysteme, das heißt Seen, Flüsse, Ozeane und Feuchtgebiete, bieten Lebensräume für eine große Vielfalt an Organismen. Zwar nehmen Binnengewässer nur ein Prozent der Erdoberfläche ein, sind aber Lebensraum für mehr als zehn Prozent der auf unserem Planeten lebenden Arten. Jedoch ist die dortige Artenvielfalt seit 1970 um 84 Prozent zurückgegangen! Das ist vor allem das Resultat einer übermäßigen Wasserentnahme und Wasserverschmutzung.

Verschlechterung der Wasserqualität

Seit den 1990er-Jahren hat die Wasserverschmutzung in fast allen Flüssen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas zugenommen. In den kommenden Jahrzehnten dürfte die Wasserqualität weiter abnehmen und somit die aquatischen Ökosysteme, die von ihnen ermöglichten oder unterstützten Wirtschaftsaktivitäten und die Gesundheit der Menschen beeinträchtigen.

Schätzungsweise 80 Prozent aller industriellen und kommunalen Abwässer werden trotzdem ohne Behandlung wieder in die Umwelt eingeleitet, mit verheerenden Auswirkungen für Ökosysteme und die menschliche Gesundheit. Die Beeinträchtigung von Gewässern durch Düngemittel und Chemikalien, vor allem aus Landwirtschaft, Arzneimitteln und Körperpflegeprodukten, ist die größte Herausforderung in Bezug auf die Wasserqualität und geht in einigen Regionen häufig mit der Belastung durch Krankheitserreger einher. Das muss dringend geändert werden.

Riesiger Investitionsbedarf

Weltweit beträgt der Investitionsbedarf in die Wasserinfrastruktur über circa 20 Jahre 11,7 Billionen US-Dollar, um den Anforderungen an die Wasserversorgung und -entsorgung gerecht zu werden. Dieser Investitionsbedarf beschränkt sich nicht nur auf Rohre, Pumpen und Kläranlagen: Mittlerweile werden auch die Vorteile natürlicher Systeme bei der Verlangsamung des Regenwasserflusses, der Wasserspeicherung und der Abflussreinigung erkannt.

Die ökologische und wirtschaftliche Notwendigkeit einer nachhaltigen Wassernutzung und ihre Rolle in der Bio-Kreislaufwirtschaft machen Wasserlösungen zu einer strategischen Herausforderung, bei der sich drei Schwerpunkte abzeichnen:

  • Effizienz. Heutzutage entfallen 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs auf die Landwirtschaft, 20 Prozent auf die Industrie und zehn Prozent auf die Haushalte. Angesichts des zunehmenden Bedarfs in allen drei Bereichen ist eine geringere Wasserintensität in der Industrie, der Landwirtschaft und in Privathaushalten ausschlaggebend.
  • Qualität. Bevor es in die Kläranlagen gelangt, sollte verunreinigtes Wasser bereits an der Quelle der Verschmutzung – zum Beispiel in Produktionsanlagen – behandelt werden. Der Einsatz von weniger oder gar keinen Chemikalien, etwa bei der Düngung in der Landwirtschaft, und die Beseitigung von Plastik würden die Wasserqualität deutlich verbessern.
  • Schutz. Der Schutz von Wassereinzugsgebieten, die für gesunde Wasserwege von entscheidender Bedeutung sind, stellt sicher, dass die aquatischen Ökosysteme nicht von menschlichen Aktivitäten beeinträchtigt werden.

Erste Unternehmen bieten Lösungen an

Nötig sind Unternehmen, die auf Produkte und Dienstleistungen wie intelligente Bewässerungssysteme, nachhaltiges Regenwassermanagement und die Wiederherstellung von Ökosystemen spezialisiert sind. Sie brauchen Kapital, um zu expandieren, und werden sicher eine starke Nachfrage verzeichnen. Zugleich bieten sie für Anlegende attraktive Anlagemöglichkeiten, wie Beispiele zeigen

Evoqua Water Technologies etwa bietet Wasseraufbereitungsanlagen und -dienstleistungen für kommunale, gewerbliche und industrielle Kunden an. Das Unternehmen verfügt über hochinnovative technologische Fähigkeiten zur Wasseraufbereitung für ein breites Spektrum von Anwendungen, von Versorgungsunternehmen bis hin zu Industrieabwässern mit unterschiedlichem Verschmutzungsgrad und -typ. Dabei geht es um Wasser- und Abwasserversorgungen, etwa bei der Lebensmittelherstellung oder anderen industriellen Fertigungen. Zudem konnte sich das Unternehmen eine starke Position bei Innovationen für die Behandlung von Verunreinigungen und Schadstoffen erarbeiten.

Ein weiteres Beispiel ist United Utilities, einer der größten und effektivsten Wasserversorger Großbritanniens. Er muss bestimmte Ziele einhalten hinsichtlich Wasserqualität, Wassernutzung, Umweltschutz, Ressourcenverteilung und effizientem Netzbetrieb zugunsten niedriger Wasserrechnungen. Das sind wirtschaftliche Erfolgsfaktoren, von denen der Gewinn des Unternehmens abhängt.

Das Problem unterfinanzierter Wasserversorgungssysteme lösen

Es gibt global eine Reihe von Vorschriften, die die Arbeit in diesen oben genannten drei Bereichen Effizienz, Qualität und Schutz unterstützen, und sie werden weiter verschärft. Einer der größten Gebiete ist die Erforschung und Bekämpfung neu auftretender Schadstoffe. Dabei handelt es sich um chemische Stoffe, deren Verwendung in der Vergangenheit in der Produktion erlaubt war und deren Freisetzung in die Umwelt nicht kontrolliert wurde. Doch Jahre später stellt sich heraus, dass sie giftig sind, beispielsweise vor einigen Jahren die Kontaminierung von Böden durch Perfluoroctansäure (PFAS) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOA), beides Industriechemikalien, die in der Natur nicht oder nur über sehr lange Zeiträume vollständig abbaubar sind.

Diese Kontaminierung zu beenden und zu beseitigen, wurde zur politischen Priorität erklärt. In der Folge führte das zu einer erneuten Verschärfung der Vorschriften für die Industrie bezüglich der Verwendung von Chemikalien einschließlich ihres Vorkommens in Industrieabwässern sowie für die Dekontaminierung von Böden und Gewässern.

Ein weiteres Gebiet, in dem regulierend eingegriffen wird und werden muss, sind schärfere Standards für die Widerstandsfähigkeit und Effizienz der Wasserinfrastruktur. Großbritannien hat hier einigen Nachholbedarf, den auch französische Politiker im Sommer anmahnten. Sie warfen Großbritannien zu Recht vor, seine Umweltverpflichtungen zu vernachlässigen, indem es zulässt, dass Rohabwässer in den Ärmelkanal und die Nordsee geleitet werden. In vielen anderen Industrieländern werden ebenfalls die Abwässer aus den Toiletten durch die gleichen veralteten Rohre wie Regenwasser zu den Kläranlagen geleitet.

Diese eklatante jahrelange Unterinvestition in die Wassersysteme in der ganzen Welt muss zum Schutz der biologischen Vielfalt behoben werden. Dringend! Darum ist zu begrüßen, dass die britische Regierung gerade einen Investitionsplan in Höhe von 56 Milliarden britischen Pfund bis 2050 angekündigt hat. Andere Länder sollten ebenfalls stark in naturverträgliche und effektive Wassersysteme investieren, mit öffentlichen und privaten Geldern, um Ökosysteme zu schützen, die unabdingbar sind, um sauberes Trinkwasser zu gewinnen.

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