Das bundespolitische Rampenlicht hat der CDU-Politiker Alexander Krauß bisher nicht unbedingt gesucht. Nach 13 Jahren im Sächsischen Landtag zog er 2017 erstmals in den Deutschen Bundestag ein, bekam als Neuling in der Berliner Politik seinen Platz im Gesundheitsausschuss zugewiesen und blieb zunächst im Hintergrund. Nach dem angekündigten Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer sorgte er jedoch für Aufsehen, als er den Bundesgesundheitsminister als Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten ins Spiel brachte. „Jens Spahn hat als Minister einen tollen Job gemacht und allen gezeigt, dass er es kann", so Krauß. Er verkörpere für ihn den Neuaufbruch. Mit ihm hätte die CDU nicht nur einen mutigen Parteivorsitzenden, sondern auch einen schlagkräftigen Kanzlerkandidaten.
Der Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für ärztliche Versorgung, Vertragsarztrecht, Integrationsversorgung, medizinische Versorgungszentren und neue Disease-Management-Programme musste sich kürzlich viel Kritik anhören, weil er erklärte, dass es kein drittes Geschlecht gebe. Vom Statistischen Bundesamt wollte er wissen, wie viele Menschen in Deutschland mit der Geschlechtsangabe „divers“ geboren wurden. Demnach kamen 2018 auf 878.500 Lebendgeborenen 15 Kinder, die weder männlich noch weiblich sind. Via Facebook teilte er mit: „Wenn Toiletten für das dritte Geschlecht gefordert werden, dann sollte man sich zuerst einmal mit den Fakten beschäftigen. Bei jeder 50.000 Geburt wird ,divers' angegeben – und dabei dürfte es sich um Fehlbildungen handeln, was man an der hohen Sterblichkeit dieser Gruppe ablesen kann. Ein drittes Geschlecht gibt es nicht!“ Was die queere Szene zum lautstarken Protest bewegt hat, ist für Krauß auch Ausdruck seiner konservativen Haltung. Kontroverse Diskussionen scheut er dabei nicht, er hält sie für sehr wichtig: „Man muss nicht alles totstreicheln, sondern auch Kritik aushalten.“
Bereits mit 14 Jahren trat Krauß der Jungen Union bei und blieb der CDU bis heute treu. Seine Parteizugehörigkeit habe etwas „mit dem C im Parteinamen zu tun“. Aufgewachsen ist Krauß in Erlabrunn im Erzgebirge. Seine Kindheit und Jugend waren früh politisch geprägt. Die evangelische Familie wurde in der DDR kritisch beäugt. Die Aufbruchsstimmung zur Wendezeit tat ihr Übriges. Krauß war schon bei den friedlichen Demonstrationen im Vorfeld der Wiedervereinigung dabei. Die Politik von Helmut Kohl habe ihn bis heute geprägt.
Krauß studierte Politik- und Kommunikationswissenschaften sowie evangelische Theologie in Leipzig und ging für ein Semester nach Prag. Zu dieser Zeit hatte er den Sport schon länger aufgegeben. Dabei liebte er Langlauf und trainierte damals sogar mit Sven Hannawald, der später im Skispringen größte Erfolge erzielte. Heute verbringt Krauß seine Freizeit vor allem mit der Familie, insbesondere der Sonntag gehöre seiner Frau und den Kindern.
Doch oft sei es schwierig, von der Politik loszukommen. In seinem Wahlkreis, dem Erzgebirge, verloren die Christdemokraten bei der letzten Bundestagswahl fast jeden dritten Wähler. Krauß glaubt, dass viele die AfD wählten, weil die CDU die Stimmung nicht richtig erkannt habe. „2015 wird nicht wiederkommen“, sagt er entschlossen. Er wolle alles geben, um zwischen Sachsen und Berlin zu vermitteln. „Es gibt nicht das eine Deutschland. Jede Region tickt anders“, sagt er.
Im sächsischen Landtag war Krauß sozialpolitischer Sprecher und hat sich in Berlin viel stärker spezialisiert. Einen Bezug zur Gesundheit gab es in seinem Leben aber schon früh. Während Krauß‘ Vater in der Textilindustrie tätig war, arbeitete seine Mutter als Krankenschwester. „Der Ort lebte von dem Krankenhaus“, so Krauß. Der große Unterschied zwischen Berlin und Dresden? „Auf Bundesebene wird weniger Kaffee miteinander getrunken und mit allen Beteiligten diskutiert.“ Dana Bethkenhagen