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Gesundheit & E-Health

Psychologie Main Huong Nguyen

Main Huong Nguyen, Psychologin in Ausbildung zur Psychotherapeutin
Psychologin in Ausbildung zur Psychotherapeutin Foto: Foto: Vanessa Vu

von Birthe Berghöfer

veröffentlicht am 11.05.2020

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Die kultursensible Arbeit im deutschen Gesundheitswesen befindet sich im Wandel, auch wenn es durchaus noch große Defizite gibt, meint Main Huong Nguyen. Sie ist Psychologin, derzeit in ihrer Ausbildung zur Psychotherapeutin und hat bis Juni 2019 in einer Spezialambulanz für vietnamesische Migranten an der Charité Berlin gearbeitet.  

„Gerade Informationsmaterial muss auf mehreren Sprachen verfügbar sein und in lokalen Communities verteilt werden“, sagt Nguyen. Für türkische Migranten gäbe es mehrere Angebote, einfach weil die türkische Community in Deutschland sehr groß sei. Für andere Gruppen sei dies jedoch ausbaufähig, so die Deutsch-Vietnamesin. Aber die kultursensible Arbeit sei weit mehr als nur sprachliche Inklusion. „Kultursensibles Arbeiten ist eine Haltung.“ Dabei gehe es darum, die eigene Sozialisation und geltende Werte zu reflektieren. In ihrer psychotherapeutischen Ausbildung sieht sie diesbezüglich noch einen Mangel. „Ausgebildete Psychotherapeuten haben, wenn sie Glück haben, ein Seminar zu interkulturellen Kompetenzen besucht. Das reicht überhaupt nicht.“ 

In Frankfurt am Main zur Welt gekommen verdankt Main Huong Nguyen ihren Vornamen tatsächlich dem Fluss. Ihren Bachelor machte die heute 29-Jährige in Mannheim, 2016 schloss sie ihren Master in Heidelberg ab. Gut drei Jahre arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Charité und damit in erster Linie in der Forschung und an ihrer Promotion. „Dass ich auch noch eine Ausbildung zur Psychotherapeutin mache, war für mich immer klar. Ich wollte eigentlich immer mit Patienten arbeiten“, erzählt sie. 

Versorgungslücke geschlossen

Die Ärztin und Leiterin der Berliner Ambulanz, Thi-Minh-Tam Ta, hat mit der Gründung 2010 tatsächlich eine Versorgungslücke in der psychotherapeutischen Behandlung von Vietnamesen und Deutsch-Vietnamesen geschlossen. Ihre Patienten kommen aus der ganzen Bundesrepublik und teilweise sogar dem europäischen Ausland. Dabei gebe es durchaus kritische Stimmen, erzählt Nguyen. Das sei doch eine kleine Nische, warum brauche man eine Spezialambulanz und ob Vietnamesen irgendwie anders seien, seien dann häufige Fragen. Doch neben Sprachbarrieren der sogenannten ersten Generationen, also jener, die als Gastarbeiter, Boat People oder später nach Deutschland migriert sind, gibt es auch Berührungsängste mit dem deutschen Psychiatriesystem. Gleichzeitig falle es vielen Vietnamesen und Deutsch-Vietnamesen schwer, über psychische Belastungen zu reden. „Erkrankte werden schnell als Verrückte abgestempelt und viele haben nie gelernt, ihre eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen.“ »đời khổ«, was so viel bedeutet wie »das Leben ist leidvoll« sei ein verbreiteter Glaubenssatz, erzählt Nguyen. Dieser Glaube führe auch dazu, dass viele zu lange warten würden, bevor sie sich professionelle Hilfe suchten. 

Als praktizierende Buddhistin setzte sich Nguyen viel mit Mediation und Achtsamkeitsübungen auseinander. Das sei mehr als ein Hobby, betont sie. „Buddhistin zu sein bedeutet für mich, sehr klare Werte zu haben, wie ich mein Leben leben möchte. Zum Beispiel, dass ich immer wieder versuche, im gegenwärtigen Augenblick zu sein und mich nicht von Sorgen wegtragen zu lassen.“ Gerade in ihrer Arbeit als Psychologin sei es für sie enorm wichtig, sich in Achtsamkeit zu schulen und im Kontakt mit den Patienten auch wirklich präsent zu sein. Sie mache jedoch auch Mediationsübungen mit ihren Patienten.

Derzeit arbeitet sie daran, einige Mediationsübungen einzusprechen und digital zur Verfügung zu stellen. Auch die Gespräche mit ihren Patienten gestaltet Nguyen aufgrund der Corona-Pandemie derzeit online. „Ich war sehr skeptisch am Anfang, aber der digitale Kontakt funktioniert erstaunlicherweise gut.“ Diese Form der Digitalisierung medizinischer Behandlungen finde sie mittlerweile tatsächlich sehr attraktiv. Birthe Berghöfer 

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