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Smart City

Werkstattbericht Think smart: Silos aufbrechen, aber wie?

Lena Sargalski schreibt über Strategie & Change Management.
Lena Sargalski schreibt über Strategie & Change Management. Foto: Bad Salzuflen

Silodenken gehört in vielen Verwaltungen zum Alltag. Doch wie können veraltete Strukturen aufgebrochen werden? Lena Sargalski rät zu mehr Pragmatismus, zur Suche nach Verbündeten, Treffen außerhalb der gewohnten Arbeitsräume und zu Kopfständen, um neue Perspektiven zu bekommen.

von Lena Sargalski

veröffentlicht am 25.04.2023

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„Städte müssen Silos einreißen“, schreibt der geschätzte Kollege David Weber aus Zürich kürzlich in seinem Werkstattbericht – und er hat recht. Die Suchmaschine spuckt bei der Kombination aus „Silodenken“ und „Kommune“ unzählige Treffer aus, die uns Tipps zum Auf- und Durchbrechen bestehender oder veralteter Strukturen in Behörden und Betrieben geben.

In fachlichen Austauschformaten im Kontext von Smart Cities hat sich der Begriff des Silos ebenso – beinahe schon inflationär – gefestigt. Und dennoch scheint es eine Lücke zwischen Erkenntnisgewinn und Umsetzung zu geben. Wie also wird die Theorie zur Praxis? Und wie kann es gelingen, nachhaltig kollaborative Netzwerke zu etablieren? Hier kommen praktische Tipps aus meinem Berufsalltag in der Stadtverwaltung Bad Salzuflen.

1) Sucht euch eure „Best Buddys“!

Zur Basisarbeit zählt, ein gemeinsames Ziel zu definieren, damit der Zweck der Zusammenarbeit klar ist. Das können übergeordnete Ziele sein, wie im Fall der Stadt Bad Salzuflen eine Stadt- und/oder Digitalstrategie. Es können genauso eigene Anliegen sein wie beispielsweise die Etablierung mobilen Arbeitens.

In unserer Stadtverwaltung ist in dieser Form innerhalb von fünf Monaten ein organisatorisches, rechtliches und technisches Konzept entstanden – mit Mitarbeitenden aus verschiedenen Fachbereichen, Führungskräften, Gleichstellungsstelle, Personalrat, IT-Kolleg:innen sowie einer unterstützenden strategischen Begleitung durch unseren Stab. Es ist wichtig, das eigene Arbeitsumfeld zu analysieren und Gleichgesinnte zu identifizieren.

Empfehlenswert ist je nach Anliegen auch die Ausdehnung der Zusammenarbeit im Stadtkonzern mit Tochtergesellschaften. Bei der Entwicklung unserer Digitalstrategie waren unsere Stadtwerke und unser Staatsbad genauso Bestandteil der Projektgruppe wie Mitarbeitende der Verwaltung. Genauso können Kooperationspartner:innen über den Stadtkonzern hinaus einbezogen werden – ob Stadtgesellschaft, Wissenschaft, Unternehmen oder im interkommunalen Kontext.

Die verschiedenen Perspektiven bereichern die Zusammenarbeit und schaffen zugleich Innovation. Entscheidend ist von Anfang an auf Augenhöhe zu agieren und eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu etablieren.

2) Geht raus und stellt euch auf den Kopf!

Um Silodenken zu durchbrechen, sollten Zusammenkünfte häufiger außerhalb von Verwaltungsgebäuden stattfinden. Städte sind und werden für Menschen entwickelt, sie sind unser natürlicher Lebensraum und sollen unsere Lebensqualität steigern. Ob im Wald, in der Innenstadt, im Coworking-Space oder im Quartier – es gibt genügend Orte, die es uns ermöglichen, Routinen zu durchbrechen und neue Impulse zu sammeln.

Im vergangenen Monat haben wir einen Workshop für eine interne Organisationseinheit geplant, bewusst außerhalb der eigenen Büroräumlichkeiten. Im Fokus des Workshops standen strategische Fragen und die Agenda war insgesamt ziemlich ambitioniert. Bei der Feedbackrunde haben unsere Mitarbeitenden bestätigt, dass sie aufgrund des Ortwechsels viel freier denken konnten und auf diese Weise neue Ideen entstanden sind.

Ebenso bietet es sich an, kreative Arbeitsmethoden bei Zusammenkünften einfließen zu lassen. Ich selbst bin großer Fan von der Kopfstandmethode. Dabei führen sich die Teilnehmenden vor Augen, was sie tun müssten, damit ein Vorhaben ganz sicher scheitert. Daraus lässt sich im Umkehrschluss gut ableiten, was unbedingt vermieden werden sollte. Was wiederum dazu führen kann, dass das Vorhaben zum Erfolg wird.

3) Redet über eure (Nicht-)Erfolge!

Erfolg ist ein gutes Stichwort. Neue Ansätze und Formen der Zusammenarbeit müssen von der Verwaltungsspitze mitgetragen werden, damit sie in die „Unternehmens-DNA“ einfließen können. Deswegen sollten wir mutig sein und häufiger vorschlagen, auf das bestehende Wissen und die vorhandene Kompetenz in der Verwaltung oder darüber hinaus zurückzugreifen.

Noch besser ist die proaktive Einbindung verschiedener Hierarchieebenen bei Kooperationen. Das kann auch nur sequenziell sein, beispielsweise wenn ein Meilenstein erreicht wurde. Natürlich gibt es keine bessere Werbung als über gelungene Zusammenarbeit zu sprechen, Transparenz zu schaffen und Rückenwind für ähnliche Vorhaben zu erhalten. Erfolge dürfen gefeiert werden!

Die Kür ist es, wenn vor versammelter Mannschaft offen darüber gesprochen wird, was nicht gut gelaufen ist. Scheitern ist der beste Weg, um die optimale Lösung für ein Problem zu finden.

4) Vernetzt euch!

Es lohnt sich immer, einen Blick über die eigene Organisationseinheit hinauszuwerfen. Durch die Coronapandemie sind Flurgespräche und Geburtstagsfrühstücke zu kurz gekommen, Gemeinschaftsveranstaltungen teilweise komplett ausgefallen. Silos zu durchbrechen bedeutet lieb gewonnene Formate zu reaktivieren oder gar neue Möglichkeiten der Vernetzung zu etablieren.

Dabei geht es vor allem um die zwischenmenschliche Komponente, die Zusammenkunft und das Miteinander. Wir haben Ende März ein „Get-together“ auf unserem städtischen Baubetriebshof für unsere Mitarbeitenden organisiert und waren beeindruckt, wie viele Kolleg:innen aus verschiedenen Bereichen der Stadtverwaltung zusammengekommen sind und Lust hatten, sich untereinander zu vernetzen.

Noch schöner war es, in die Gesichter der Baubetriebshofmitarbeitenden zu schauen, die ihre Arbeits- und Wirkungsstätte voller Stolz präsentierten und sich über jede einzelne Rückfrage während der Führung freuten. Es braucht nicht immer perfekt konzipierte Austauschformate und ausgefallene Locations. Es braucht vor allem Pragmatismus.

5) Etabliert eine neue Kultur der Zusammenarbeit!

Letztendlich braucht es eine neue Kultur der Zusammenarbeit, um kollaborative Netzwerke nachhaltig zu etablieren. Die angeführten Praxistipps können Einfluss auf bestehende Denk- und Verhaltensweisen in der Verwaltung nehmen. Sie werden aber nicht dazu führen, dass schlagartig alle Silos in Verwaltungen durchbrochen werden.

Sie werden auch nicht dazu führen, dass alle Hierarchieebenen verschwinden oder verschwimmen. Sie werden auch nicht vermeiden, dass sich in Zukunft keine neuen Silos bilden. Silos zu durchbrechen erfordert vor allem eine persönliche Haltung, ein besonderes Mindset – und einen langen Atem. Wenn dieses Mindset bei Entscheidungsprozessen und Lösungsansätzen vorgelebt und im Arbeitsalltag routiniert zugrunde gelegt wird, gibt es mehr Gestaltungsspielraum für Innovation in unseren Smart Cities.

Lena Sargalski arbeitet als Chief Digital Officer im Stab für Strategie, Innovation und Digitalisierung bei der Stadtverwaltung Bad Salzuflen in Ostwestfalen-Lippe. Neben den Aufgabenbereichen Strategieentwicklung, interne Digitalisierung und interkommunale Zusammenarbeit liegt ein Fokus auf der aktiven Ausgestaltung des digitalen Wandels in der Stadtgesellschaft. Die Grundlage bildet die in 2022 verabschiedete Digitalstrategie „#wohlfühlen – Bad Salzuflen gemeinsam gesund und digital“

Von ihr bisher in dieser Rubrik erschienen: „Mehr Mutausbrüche in der Verwaltung“

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