Smart Meter sind für das Gelingen der Energiewende entscheidend: Immer mehr dezentrale Einspeiser machen die Energieflüsse im Netz volatiler – und nur mit Smart Metern können wir sehen, was im Niederspannungsnetz passiert. Smart Meter helfen dabei, im Sinne der Netzstabilität effizient zu steuern und Lasten sinnvoll zu managen. Und mit Smart Metern können wir Tarife flexibel machen.
Anders als in den meisten europäischen Ländern haben wir uns in Deutschland dafür entschieden, nicht einfach nur fernauslesbare Zähler zu verbauen, sondern das intelligente Messsystem als hochsichere digitale Schnittstelle für alle Mess- und Steuerungsanwendungen der Energiewende beim Kunden zu etablieren.
Nach nunmehr über 350.000 intelligenten Messsystemen, die die deutschen E.ON- Messstellenbetreiber in den letzten Jahren in Betrieb genommen haben, wissen wir: Das Zielbild, das wir in Deutschland andenken, ist sehr gut. Es hapert aber an der Umsetzung. Im Zeitalter von Internet of Things und vernetzten Haushaltsgeräten löst ein Smart-Meter-Einbau bei unseren Endkunden kein Herzrasen mehr aus. Die Nachfrage derer, die proaktiv ein intelligentes Messsystem wünschen, um beispielsweise von flexiblen Tarifen zu profitieren, steigt erfreulicherweise stetig. Entscheidend ist, dass die Technik zuverlässig funktioniert.
Mit den heutigen Anforderungen und Rahmensetzungen ist der Smart-Meter-Rollout jedoch zu langsam, zu teuer und an vielen Stellen unnötig kompliziert. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) in 2023 zwar einige wichtige Kurskorrekturen vorgenommen, ein echter Neuanfang und eine echte Vereinfachung des Regelungsrahmens ist jedoch ausgeblieben. Daher ist es nur verständlich, dass die Erwartungen an den Evaluierungsbericht, der bis zum 30. Juni durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) veröffentlicht wird, hoch sind. Woran krankt also der Smart-Meter-Rollout heute und welche Maßnahmen braucht es, damit Deutschland hier endlich aufholt?
Außergewöhnlich hohe Anforderungen
Die Anforderung, über die Smart Meter auch steuern zu wollen, erfordert eine hohe IT-Sicherheit. Jedoch ist Deutschland in der Umsetzung und Ausgestaltung der EU-weiten Sicherheitsstandards über das Ziel hinausgeschossen und hat in den vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgegebenen Schutzprofilen und technischen Richtlinien schwerfällige und aufwendige Standards geschaffen. Diese sind nach wie vor zu lückenhaft für eine richtige Interoperabilität, zu teuer für einen wirtschaftlichen Rollout und erlauben nicht den Einsatz von Smart Metern, wie sie in anderen Ländern bereits millionenfach erprobt sind.
Die absurden Anforderungen der sogenannten Sicheren Lieferkette („SiLKe“) erfordern, dass Smart Meter Gateways in umständlichen und teuren Hochsicherheitsboxen transportiert werden und nur durch speziell geschultes Personal eingebaut werden dürfen. Dies verhindert nach wie vor, dass Messsysteme auch vom Elektrohandwerk und -Installationsbetrieben montiert werden. Die von Robert Habeck im Oktober 2022 geforderte Möglichkeit zum Postversand von Messsystemen ist weiterhin leider Utopie.
Für weitere wichtige Komponenten wie zum Beispiel intelligente Industriezähler stehen wichtige Rahmenbedingungen nach wie vor aus. Auch ist noch immer keine einzige zertifizierte Steuerbox am Markt verfügbar, obwohl Messstellenbetreiber diese verpflichtend ab 2025 einbauen sollen. Die regulatorischen Vorgaben entfernen sich deutlich von der technischen und praktischen Machbarkeit.
Freie Wahl des Messstellenbetreibers erhöht Komplexität
Auch die freie Wahl des Messstellenbetreibers ist einzigartig in Europa – sie erscheint auf den ersten Blick vorteilhaft für den Kunden, erfordert aber, dass alle Messstellenbetreiber die Prozesse vollumfänglich beherrschen und jeder Marktakteur seinen Pflichten nachkommt. Oft funktioniert das in der Praxis leider mehr schlecht als recht – und die Fehlersuche gleicht einem Pingpong-Spiel zwischen Messstellenbetreibern, Verteilnetzbetreibern und Vertrieben. Dazu steigen im Zuge der Energiewende die Anforderungen an die wettbewerblichen Messstellenbetreiber weiter. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt: Der Wettbewerb im Messwesen ist gescheitert.
Der Entfall der Marktrolle wettbewerblicher Messstellenbetreiber würde stattdessen viele Marktprozesse grundlegend vereinfachen, klare Verantwortlichkeiten schaffen und die Kosten für alle Beteiligten senken. Der Kunde könnte weiterhin bestimmen, ob seine Messdaten auch anderen Serviceanbietern zur Verfügung gestellt werden sollen.
Hohe Kosten und Risiken ohne ausreichende Wirtschaftlichkeit
Trotz des gesetzlich verankerten Wettbewerbs im Messwesen verbieten gesetzlich festgeschriebene Preisobergrenzen für nahezu alle Einzelleistungen eine wettbewerbliche Preisgestaltung.
Die im Auftrag des BMWK durch die Beratungshäuser EY und BET erstellte aktuelle Studie zu Kosten und Nutzen intelligenter Messsysteme zeigt klar, dass selbst die Kosten für die effizientesten grundzuständigen Messstellenbetreiber durch die aktuell gesetzlich gedeckelten Preise nicht ausreichend gedeckt sind. Dies erklärt vielleicht auch, warum andere Messstellenbetreiber den Rollout der Smart Meter bislang sehr zögerlich angegangen sind. Zusätzlich haben ab 2025 Kunden gegenüber ihrem grundzuständigen Messstellenbetreiber das Recht, ein intelligentes Messsystem innerhalb von vier Monaten einbauen zu lassen.
Schon jetzt ist absehbar: Die Masse an Bestellungen wird den für die Energiewende so wichtigen Pflichtrollout zum Erliegen bringen. Im Markt erweckt die Regelung zudem den Eindruck, ein solcher Einbauwunsch sei für ein Einmalentgelt von 30 Euro zu haben, obwohl jeder von uns weiß, dass selbst der kleinste Handwerkereinsatz heute ein Vielfaches davon kostet.
Mehr Geld im System − also höhere Preisobergrenzen − ist aber nur ein Teil der Lösung. Klares Ziel muss bleiben, den Smart-Meter-Rollout volkswirtschaftlich so kostengünstig wie möglich umzusetzen. Da Montagekapazitäten schon heute knapp sind, müssen sich die gesetzlichen Vorgaben stärker an der technischen Machbarkeit ausrichten. Eine gesetzliche Verpflichtung zu einem Einbau auf Kundenwunsch, die im Extremfall ein Full-Rollout innerhalb von vier Monaten zu nicht kostendeckenden Preisen bedeuten könnte, ist durch keinen Messtellenbetreiber erfüllbar und stellt eine eklatante Fehlsteuerung dar, die zu massenhaften Kundenbeschwerden führen wird.
Fokus auf die wesentlichen Einbaufälle
Die Autoren der bereits genannten Studie erwarten, dass sich in den nächsten acht Jahren die Zahl der im Pflichtrollout einzubauenden Smart Meter vervierfachen wird. Deshalb müssen wir uns auf die Einbauten konzentrieren, die für die Energiewende wirklich relevant sind. Insbesondere bei den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen gemäß Paragraph 14a EnWG sollten die Anlagen ausgenommen werden, die der Eigenverbrauchsoptimierung dienen − wie beispielsweise kleine Batteriespeichersysteme. Dort ist keine Steuerung gemäß Paragraph 14a notwendig.
Abschließend ist klar: Der Smart-Meter-Rollout in Deutschland muss dringend vereinfacht und beschleunigt werden – dies ist ohne Abstriche für die Kunden möglich. Nur durch entschlossenes Handeln und eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft können wir den Umbau unseres Energiesystems vorantreiben.