Große kapitalmarktorientierte Unternehmen arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Bereitstellung wichtiger Nachhaltigkeitsdaten für eines der großen Projekte zum Green Deal der Europäischen Union. Eine nachhaltig ausgerichtete Finanzwirtschaft soll Kapitalströme in nachhaltige Investitionen lenken, was mittels der EU-Gesetzgebung zu Sustainable Finance gefördert werden soll. Notwendiges Schmiermittel für eine effektive Umsetzung der Kapitallenkung sind jedoch Transparenz und ein einheitliches Verständnis von nachhaltigen Unternehmensaktivitäten.
Ordnendes Element ist die Mitte 2020 vom EU-Gesetzgeber verabschiedete Taxonomie-Verordnung, die ein EU-einheitliches Klassifikationssystem für grüne Wirtschaftsaktivitäten schaffen will. Zur Informationsbereitstellung sieht diese EU-Verordnung vor, dass Unternehmen von Anfang 2022 an für die zwei klimabezogenen Umweltziele erstmals sogenannte Taxonomie-Quoten im Rahmen ihrer nichtfinanziellen Erklärung für das Geschäftsjahr 2021 berichten müssen. Die Taxonomie-Quoten betreffen die Anteile grüner Wirtschaftsaktivitäten am Umsatz, den Investitions- und den Betriebsausgaben der berichtspflichtigen Unternehmen.
Ein holpriger Start und hohe Komplexität bei Berichtsanforderungen
Den in Deutschland rund 550 berichtspflichtigen Unternehmen – vornehmlich große kapitalmarktorientierte Unternehmen der Realwirtschaft, aber auch zahlreiche große Banken und Versicherungsunternehmen – bot sich erst relativ spät ein umfassendes Bild ihrer konkreten Berichtspflichten. Ein entsprechender delegierter Rechtsakt zu den Berechnungsregelungen wurde erst im Sommer 2021 von der Europäischen Kommission veröffentlicht und im Dezember 2021 endgültig verabschiedet.
Es zeigt sich, dass durch die starke Bezugnahme auf einzelne Unternehmensaktivitäten eine komplexe, tabellarische Angabe für die Taxonomie-Quoten notwendig ist. Dass die Erfüllung der Berichtspflicht nicht einfach würde, zeigte auch eine Erhebung des DRSC zum Stand der Umsetzung der Dax-30-Unternehmen im vergangenen Frühjahr. Den Bedenken der deutschen Unternehmen kam die Europäische Kommission zumindest in der Weise entgegen, dass im ersten Berichtsjahr 2022 nur vereinfachte Berichtspflichten gelten. Erst in 2023 greifen die Berichtspflichten mit ausführlichen Anforderungen an die Qualifikation von taxonomiekonformen grünen Aktivitäten voll.
Aufwändige Umsetzungsprojekte; unzureichende Abdeckung
Neben der Compliance treibt die berichtenden Unternehmen insbesondere die Frage nach ihrer zukünftigen Finanzierungsfähigkeit um. Es ist zu erwarten, dass die Taxonomie-Quoten zunehmend Investitions-, aber auch Kreditvergabeentscheidungen beeinflussen werden. Dies sichert eine hohe Aufmerksamkeit der Thematik in den Unternehmensleitungen und als Folge wurden mit entsprechender Sorgfalt aufwändige Umsetzungsprojekte zur Berichterstattung der Taxonomie-Quoten angestoßen. Die Umsetzungsprojekte brachten grundsätzliche Konzeptionsdefizite der EU-Taxonomie zutage. Da die EU-Taxonomie hinsichtlich der klimabezogenen Umweltziele zunächst darauf gerichtet ist, jene Unternehmensaktivitäten zu behandeln, die hohe Treibhausgasreduktionen versprechen, werden die Aktivitäten zahlreicher Industrien – insbesondere auch des Dienstleistungssektors – nicht in der EU-Taxonomie berücksichtigt. Dementsprechend gibt es auch keine Möglichkeit, entsprechende grüne Aktivitäten auszuweisen.
Zudem verbleiben alle als nicht-grün definierten Aktivitäten unbestimmt und bilden aus Sicht der Investoren und Kreditgeber eine nicht differenzierbare Restgröße. Im Ergebnis werden bei deutschen Unternehmen Anteile grüner Wirtschaftsaktivitäten am Umsatz, den Investitions- und den Betriebsausgaben von maximal fünf Prozent erwartet. Dies ist weder für berichtende Unternehmen als potenziell attraktive nachhaltige Investitionsobjekte noch für Investoren und Kreditgeber als zukünftige Kapitalgeber ein gangbarer Weg.
Zukünftige Ausdifferenzierung nicht-grüner Aktivitäten wünschenswert
Es bleibt abzuwarten, wie die Unternehmensberichterstattung im Detail aussehen wird. Zwei Dinge dürften bereits heute klar sein. Erstens gibt es die Notwendigkeit, weiterhin bestehende Unsicherheiten bei den Unternehmen und konzeptionelle Unklarheiten bei der Berechnung der Taxonomie-Quoten abzubauen. Das DRSC hatte hierzu in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Anwenderforen abgehalten und daraus Eingaben an die Europäische Kommission und an die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen (eine Expertengruppe, die die Europäische Kommission zur EU-Taxonomie berät) formuliert. Die Europäische Kommission hatte noch im Dezember 2021 begonnen, ein erstes Fragen-und-Antworten-Dokument in Sachen der Anwendungsfragen zu veröffentlichen. Sie hat gleichzeitig weitere Veröffentlichungen in Form von Fragen-und-Antworten-Dokumenten angekündigt.
Zweitens spielt eine geeignete Weiterentwicklung der EU-Taxonomie eine wichtige Rolle. Neben Projekten zur Aufnahme weiterer Unternehmensaktivitäten in die EU-Taxonomie für andere Umweltziele und zur Entwicklung einer Sozial-Taxonomie ist dies insbesondere das im Juli 2021 von der Plattform angestoßene Projekt einer Ausdifferenzierung, bei der Aktivitäten mit einem breiteren Spektrum von Umweltauswirkungen für die EU-Taxonomie versehen werden könnten.
Vielleicht bietet auch der gegenwärtig in der Verhandlungsphase steckende EU-Richtlinienvorschlag einer Nachhaltigkeitsberichterstattungs-Richtlinie für Unternehmen – die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) – eine Chance, die Transformation von Geschäftsmodellen besser im Lagebericht zu kommunizieren. Das ergibt sich nur schwerlich aus den bisher anzugebenden Taxonomie-Quoten.