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Standpunkte Israels Justizreform: Gedanken eines Unternehmers

Shlomo Kramer, Mitbegründer und CEO von Cato Networks
Shlomo Kramer, Mitbegründer und CEO von Cato Networks Foto: Cato Networks

Die israelische Zeitung „Haaretz“ nannte ihn einmal den „Paten der israelischen Cybersicherheit“: Shlomo Kramer hat verschiedene Unternehmen gegründet und in zahlreiche investiert. Nun sorgt sich der Unternehmer um das Ökosystem. Ein Kommentar.

von Shlomo Kramer

veröffentlicht am 08.05.2023

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In den vergangenen 30 Jahren hat Israel mehr Firmenneugründungen pro Kopf der Bevölkerung hervorgebracht als jedes andere Land außerhalb der USA. Und es steht für Innovationen wie die Firewall mit zustandorientierter Paketüberprüfung, das USB-Flash-Laufwerk, das VoIP-Protokoll, das vielen unserer heutigen Telefongespräche zugrunde liegt, Waze, FaceID und zu vielen weiteren hat es beigetragen. Genau dieser Innovationsmotor droht nun durch die von der Regierung vorgeschlagene „Justizreform“ ins Stottern zu geraten, wenn nicht schlimmer.

Die Gesetzgebung schafft Bedingungen, unter denen Investoren den notwendigen Schutz vor staatlichem Missbrauch verlieren. Fehlt dieser Schutzschirm, werden Investoren zurückhaltender sein, wenn es darum geht, ihr Geld in Israel anzulegen. Als Folge davon wird israelischen Start-ups der nötige Treibstoff für ihren Erfolg entzogen. Kurz gesagt, wird uns diese Reform dorthin zurückbringen, wo wir in den frühen Neunziger Jahren waren.

Zu dieser Zeit war ich Mitbegründer meines ersten Cybersicherheitsunternehmens, Check Point Software Technologies. Es war zudem eines der ersten Cybersicherheitsunternehmen der Welt und ein Pionier im Bereich der Netzwerksicherheit. Damals gab es in Israel praktisch keine Neugründungen oder gar Finanzierungsoptionen. Unser erstes Büro befand sich in der Wohnung meiner verstorbenen Großmutter.

Wenig Vertrauen in den Standort

Wir haben hart gearbeitet, um die Finanzierung für die Entwicklung unseres Produkts, der ersten kommerziellen SPI-Firewall, überhaupt zusammenzubekommen. Es gelang uns schließlich, das Produkt in den USA in die Beta-Phase zu bringen. Allerdings wurde uns geraten, lieber nicht Hebräisch zu sprechen und besser so zu tun, als wären wir ein amerikanisches Unternehmen. Dabei herrschte eine erschreckende Nervosität, was unseren Akzent betraf.

Im Wesentlichen betrachtete man Israel zu dieser Zeit als technisches Zentrum für US-amerikanische Technologieunternehmen. Wenn ein entsprechendes Unternehmen in Israel gegründet wurde, riet man der Firma, einen in den USA ansässigen CEO einzusetzen. Es existierte absolut kein Vertrauen in Israel als ein Umfeld, in dem man erfolgreich investieren könnte. Das galt sowohl für Investitionen direkt in Unternehmen als auch indirekt über Fonds.

In Israel selbst haben damals nur sehr wenige verstanden, wie man ein Unternehmen über den technischen Bereich hinaus wachsen lässt. Das heißt, wir waren in technischen Belangen sehr gut, hatten aber wenig Ahnung von Dingen wie Strategien zur Markteinführung, zur Kommerzialisierung und zur rechtlichen Struktur. Alles Voraussetzungen, wenn ein Unternehmen wachsen soll.

Zeiten ändern sich

Anfang 2000 gründete ich dann Unternehmen Nummer zwei, Imperva. Wir waren die Ersten auf diesem Markt und hatten eine bahnbrechende Technologie entwickelt. Dennoch wurde uns geraten, das Unternehmen in den USA zu registrieren und alle Rechte am geistigen Eigentumsrechte in den USA zu belassen. Auch hier war das israelische Unternehmen zunächst nur die technische Tochtergesellschaft des US-Unternehmens.

Aber zu diesem Zeitpunkt änderte sich etwas, denn es waren bereits israelische Risikokapitalgeber interessiert. Bei einigen handelte es sich um kleine lokale Firmen, bei anderen um Niederlassungen globaler Unternehmen, so dass es gewisse Fortschritte gab. Sie bestanden jetzt nicht mehr auf einem in den USA ansässigen CEO, sondern darauf, dass ich in die USA umziehe.

Das hieß, die Finanzierungsalternativen für israelische Start-ups wurden mehr, aber es wurde erwartet, dass der Hauptsitz des Unternehmens mit all seinen Geschäftstätigkeiten und inklusive der Rechte am geistigen Eigentum in die USA verlegt würde. Israel profitiert tatsächlich nach wie vor nur in begrenztem Maße von seiner Startup-Community.

Als ich 2015 mein drittes Startup, Cato Networks, mitbegründete, beschlossen wir kühn, das Unternehmen in Israel aufzubauen und alle Funktionen im Land anzusiedeln. Das war eine bahnbrechende Entscheidung, die so weit ging, dass ich sogar schwor, nicht umzuziehen und mein gesamtes Führungsteam sollte aus Israel stammen. Wir hätten zwar ein weltweit agierendes Außenteam, aber alles andere hätte seine Basis in Israel. Acht Jahre später befinden sich die Geschäftsleitung, das Rechtsteam, die Buchhaltung und so weiter alle in Israel – und das funktioniert sehr gut.

Israel als Marke

Wir haben diese Entscheidung getroffen, weil die Welt mittlerweile Vertrauen in die israelische High-Tech-Industrie hat. Wir müssen uns nicht mehr verstecken. In meinem Bereich, der Cybersicherheit, ist Israel selbst eine Marke, welche die weltweit führenden Unternehmen hervorbringt. All das ist das Ergebnis von 30 Jahren harter, unternehmerischer Arbeit. Aber es war auch vom Vertrauen ausländischer Investoren in die Fähigkeiten, das Rechtssystem, die Steuerstruktur und die Stabilität des Landes abhängig. Was allerdings aktuell in diesem Land geschieht, droht diese harte Arbeit und den damit verbundenen Erfolg zunichtezumachen.

Es ist immer gefährlich, einer Regierung die volle Kontrolle über das Justizsystem zu geben. Aber in einem Land wie Israel, das keine Verfassung hat, ist es noch weit gefährlicher. Ohne eine Verfassung und ein starkes, unabhängiges Justizsystem wird Israel keine Demokratie mehr sein. Und schon die Aussicht auf diese harte Entwicklung allein untergräbt das Grundvertrauen, das notwendig ist, um Investoren anzuziehen. Denn das setzt voraus, dass Anleger darauf vertrauen können, dass ihr Geld und ihr geistiges Eigentum sicher sind und nichts Unerwünschtes mit ihren Investitionen passiert.

Ich selbst und Tausende von Unternehmern haben 30 Jahre gebraucht, um eine der stärksten High-Tech-Industrien der Welt aufzubauen. Aber jetzt müssen wir zusehen, wie unser Lebenswerk am Rand einer Katastrophe entlang taumelt. Auch wenn es in den Nachrichten den Anschein hat, als sei eine Pause eingelegt worden, beweisen die einseitigen Aktionen der Koalition das genaue Gegenteil.

Wir befinden uns immer noch in einem aktiven Kampf zur Rettung der Demokratie und der Zukunft Israels. Wir befinden uns in einer gefährlichen Lage, in der wir sehr schnell alles verlieren könnten, wofür wir gearbeitet haben. Und das wird innerhalb von Wochen – nicht Jahren – geschehen, wenn wir nicht schnell und verantwortungsbewusst handeln.

Ein Meinungsbeitrag von Shlomo Kramer, Mitbegründer und CEO von Cato Networks

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