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Standpunkte Beschaffung revolutionieren: Jetzt erst recht!

Jana Janze (r.) und Laura Detels (l.) von Govmarket
Jana Janze (r.) und Laura Detels (l.) von Govmarket Foto: Govmarket

Die Beschaffung braucht ein Update. Doch neue Verfahren und ein angepasster rechtlicher Rahmen müssen nicht zwingend der Anfangspunkt sein, glauben Jana Janze und Laura Detels von Govmarket. Es gebe bereits viele effiziente und vor allem effektive Möglichkeiten, Produkte und Dienstleistungen für die Verwaltung einzukaufen und nutzbar zu machen. Der Innovationsspielraum sollte genutzt werden.

von Jana Janze und Laura Detels

veröffentlicht am 18.04.2023

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Die Bundesregierung hat sich mit ihrem Koalitionsvertrag und spätestens mit der Digitalstrategie zur Förderung von Start-ups verpflichtet und will sie auf dem Weg zu einem modernisierten und digitalen Staat einbinden. Der klare Anspruch zum Handeln existiert und die Wichtigkeit, eines Wirtschafts- und Start-up-Standortes Deutschland wird laufend artikuliert.

Zudem hat keine andere Branche in den letzten Jahren eine vergleichbar rasante Entwicklung erlebt wie Govtechs, also Start-ups und KMUs, die Lösungen für die öffentliche Hand anbieten. Sowohl Start-ups als auch die Verwaltung wollen künftig zusammenarbeiten.

Strukturelle Hürden zwischen Start-ups und der Verwaltung

Die Herausforderungen in der Zusammenarbeit sind Komplexität, Intransparenz und Risiko. Diese drei Faktoren sind sowohl für Govtechs als auch für die öffentliche Hand identisch. Bei Betrachtung der jeweiligen Perspektive sind sie allerdings unterschiedlich ausgeprägt.

Start-ups und KMUs auf der einen Seite sehen sich mit der Komplexität von Ausschreibungsstrukturen und langfristigen Vergabeverfahren konfrontiert. Sie zu bewältigen scheint unmöglich, wenn es an zugänglichem Wissen, Ressourcen und Personal fehlt. Die Anforderungen im Vergabeprozess selbst sind nicht immer klar ersichtlich. Zudem stellen die langen Beschaffungszyklen und Wachstumshindernisse ein Problem dar: Um ihre Existenz zu sichern, benötigen Start-ups, aber auch KMUs, schlichtweg schnelle Entscheidungen und Zahlungen.

Zusätzlich ist das Risiko für die Verwaltung nicht minder hoch, wenn das Bestehen von Start-ups von Investor:innen und verschiedenen Finanzierungszyklen abhängig ist. Auch wenn immer mehr Govtechs an den Markt kommen und Innovation salonfähig werden, ist es für die Verwaltung nicht immer einfach zu verstehen, welche Leistungen die Unternehmen tatsächlich anbieten und über welche Reife ihre Produkte verfügen.

Viele Ansätze, die Beschaffung zu modernisieren

In Expert:innenkreisen wird eine Vielzahl an Ideen und Konzepten diskutiert, um solche Barrieren abzubauen und die Nutzung innovativer Vergabemethoden in den Fokus zu rücken. In der praktischen Umsetzung gestaltet sich das allerdings oft schwierig.

Man könnte meinen, die bestehenden Vorschriften und Regeln seien das größte Problem. Allerdings fehlt es oft an der Bereitschaft, ausgetretene Pfade zu verlassen und Risiken einzugehen. Das gilt sowohl für die Entscheidungsträger:innen in Organisationen als auch für Jurist:innen und andere Mitarbeitende. Mut, Transparenz, Offenheit und Kommunikation spielen eine entscheidende Rolle für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Die Diskussion zur Modernisierung des Beschaffungswesens verfolgt verschiedene Ansätze: Einer davon ist, die Standardeignungskriterien in Ausschreibungen kritisch zu überprüfen und anzupassen, um Govtechs zu fördern und etablierte Akteure nicht zu bevorzugen. Andere fokussieren sich auf moderne Instrumente und Verfahren zur Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen. Diese sollen eine Zielrichtung ermöglichen, die Innovation in der Verwaltung zulässt. Folglich braucht es Entschlossenheit, die bestehenden Vergabeverfahren wie die Innovationspartnerschaft, das dynamische Beschaffungssystem oder wettbewerbliche Dialoge in Betracht zu ziehen. Es ist wichtig, diese Instrumente mutig auszuprobieren und kontinuierlich weiterzuentwickeln, um wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Brauchen KI, um die Verwaltung zu automatisieren

Um die Revolution der Beschaffung voranzutreiben, müssen wir neue Technologien verwenden. So können Prozesse nachhaltig und effektiv automatisiert werden und KI-basierte Systeme Menschen unterstützen. Entscheidungen können schneller und besser getroffen werden, zeitliche und finanzielle Ressourcen eingespart und Qualitätsstandards gesteigert werden.

Wie die PwC-Studie zum Fachkräftemangel aus dem Jahr 2022 zeigt, werden uns bis 2030 mehr als eine Million Fachkräfte im öffentlichen Sektor fehlen (Tagesspigel Background berichtete). Erfinderisches Handeln, Kooperation und Digitalisierung, aber auch der Einsatz von Technologie, sind somit gefragter denn je: Mit lernenden Systemen können wir Beschaffungsprozesse vereinfachen oder eingereichte Angebote unvoreingenommen prüfen. Außerdem lassen sich Fragen von Bieter:innen automatisiert und direkt über Chatbots beantworten und mit anderen Bieter:innen teilen. KI-Lösungen können zudem beim Ausfüllen von Vergabedokumenten unterstützen sowie rechtsgültig und vergabekonform die Bedürfnisse der Verwaltung zusammenfassen.

Die dringend anzustrebende Verwaltungsdigitalisierung profitiert von den Innovationsansätzen und der Flexibilität junger Start-ups und KMUs, neue Technologien zu nutzen und disruptive Produkte zu entwickeln – gerade im Hinblick auf dauerhaft souveränes und digitales staatliches Handeln. Wir können uns nicht mehr leisten, in alten Denkmustern zu agieren, sondern müssen adaptiv handeln und mutig die Einbindung von Govtechs vorantreiben. Wenn dies erfolgreich gelingen soll, müssen wir die Beschaffung revolutionieren – jetzt erst recht!

Jana Janze ist Geschäftsführerin von Govmarket, einem gemeinsamen Unternehmen der Beratungsgesellschaft PwC und des Govtech-Unternehmens Public. Auf dem Marktplatz von Govmarket wird der Verwaltung ein direkter Zugang zu verschiedenen Produkten von Govtechs ermöglicht und werden die Lösungsansätze der Start-ups strukturiert dargestellt. Laura Detels ist seit Beginn des Jahres für das strategische Business Development bei Govmarket zuständig. 

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