Seit der öffentlichen Verfügbarkeit großer generativer Sprachmodelle hat das Thema Künstliche Intelligenz (KI) viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. In der öffentlichen Diskussion erklären KI-Expertinnen und -Experten aus Wirtschaft und Forschung dabei regelmäßig, dass Verwaltungen erst in 10 Jahren in der Lage sein werden, mit KI-Anwendungen zu arbeiten.
Dem ist glücklicherweise nicht so. Im kommunalen Umfeld – natürlich auch in Leipzig – wird an mehreren Stellschrauben gedreht, um die Verwaltung KI-fit zu machen. Warum ist KI besonders für Verwaltungen relevant? Verwaltungen stehen vor komplexen Herausforderungen, bei denen KI-Lösungen effektiv unterstützen können. Sie automatisieren manuelle Aufgaben, verbessern den Service für Bürgerinnen und Bürger und ermöglichen die Analyse großer Datenmengen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Eine strategische Grundlage legen
Unsere Digitale Agenda, als ganzheitliche Strategie, betont die Bedeutung der Digitalisierung für das Gemeinwohl und eine nachhaltige Stadtentwicklung. Wir setzen mit unseren Leitprinzipien, Zielen und Agenda-Projekten auf Nachhaltigkeit, Transparenz und die sinnvolle Nutzung von Daten. Diese Grundsätze sind auch für den Einsatz von KI von hoher Relevanz.
In dieser Diskussion über KI dürfen wir jedoch wichtige ethische Fragen und die Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht übersehen. Die Debatte über die ethische Nutzung von KI und die Absicherung, dass KI-Systeme diskriminierungsfrei und transparent sind, ist im Gange. Dabei findet unserer Meinung nach die Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern noch nicht im ausreichenden Maße statt.
In Leipzig werden wir deshalb Beteiligungs- und Informationsprozesse erproben, bei denen wir sie einladen, KI-Entwicklungsprozesse zu begleiten, um ihre Meinungen und Anregungen aufnehmen zu können. Erste Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen fließen aktuell in ein strategisches Papier und eine Handreichung für Führungskräfte sowie Mitarbeitende in der Stadtverwaltung Leipzig ein.
KI in Pilotprojekten entwickeln und testen
In Leipzig sammeln wir außerdem bereits Erfahrungen mit KI-Anwendungen, die in verschiedenen Bereichen wie der Prozessautomatisierung, Bürgerdiensten und Datenanalyse eingesetzt werden. Aktuelle Anwendungsfälle sind beispielsweise die KI-gestützte Auswertung von Straßenbefahrungsdaten zur schnelleren Analyse des Gebäudebestandes der gesamten Stadt, zum Beispiel für die Energiewendeplanung.
Dabei spielt die Zusammenarbeit mit KI-Expertinnen und Experten aus der Forschung und Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Um KI-Anwendungen zu entwickeln und zu testen, sind Kooperationsprojekte wie das Projekt Connected Urban Twins im Förderprogramm Modellprojekte Smart Cities (MPSC) des Bauministeriums im Interesse aller, besonders der beteiligten Städte Hamburg, München und Leipzig und auch der Forschungseinrichtungen wie dem „Center for Scalable Data Analytics and Artificial Intelligence“ (ScaDS.AI) der Universität Leipzig.
Wie verändert KI die Arbeit in einer Verwaltung?
Die Integration von KI in die Stadtverwaltung wirft oft die Frage auf, ob KI den Menschen die Arbeit in der Verwaltung wegnehmen wird. Dies erfordert eine differenzierte Betrachtung. KI kann repetitive und zeitaufwändige Aufgaben automatisieren, was die Effizienz steigern kann. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen dadurch Zeit für komplexere Aufgaben, die menschliches Urteilsvermögen erfordern. KI-Systeme sollen jedoch nicht ersetzen, sondern unterstützen. Sie dienen der besseren Informationsgrundlage, schnelleren Datenanalyse und effizienteren Bürgerservices.
Der Einsatz von KI entwickelt die Verwaltungsarbeit weiter, bewahrt aber die menschliche Expertise und Interaktion. KI ist ein Werkzeug zur Stärkung der Verwaltungsfähigkeiten und Verbesserung der Servicequalität. Ziel ist, KI im Dienst der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen und die Verwaltungsarbeit sinnvoll zu optimieren.
Zusammengefasst zeigt die Integration von KI in die Stadtverwaltung von Leipzig und anderen Städten das enorme Potenzial dieser Technologie für die Verbesserung von Prozessen, Bürgerdiensten und Datenanalysen. Eine offene Diskussion, klare Richtlinien und die Berücksichtigung ethischer und datenschutzbezogener Aspekte sind entscheidend, um sicherzustellen, dass KI im Dienste der Gesellschaft eingesetzt wird. Leipzig geht hier mit seiner Digitalen Agenda bereits in die richtige Richtung und kann als Vorbild für andere Städte dienen.
Dieser Text entstand im Team mit Christoph Schubert vom Referat Digitale Stadt Leipzig. Beate Ginzel leitet das Referat seit dem Jahr 2019. Zuvor war sie Abteilungsleiterin im Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbau. Ginzel war zehn Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft an der Universität Leipzig und als Architektin in Deutschland, den Niederlanden und Tansania tätig.
Bisher von ihr in dieser Rubrik erschienen: „Wie wir das digitale Leipzig organisieren“, „Wettbewerbe als Win-Win-Situation“, „Die Zivilgesellschaft als Fundament der resistenten Stadt“ und „Klimaschutz und Digitalisierung: ein (fast) perfektes Tandem“, „Eine Woche voller Daten“, „Digitale Identitäten: Leuchtturmprojekt des Bundes und Pilotprojekt in Kommunen“, „Digitale Identitäten: Wie Leipzig testet“ sowie „Digitalstrategien und Stadtplanung bedingen einander“, „Energiewende ohne hitzige Diskussionen?“