Die Herausforderungen des Klimawandels erfordern sofortiges und umfassendes Handeln in Berlin und Brandenburg. Die Nutzung hochauflösender Daten, Datenaustausch und das Monitoring klimaschutzrelevanter Metriken sind entscheidend für effektive Maßnahmen. Doch wie steht es um die Klima-Data-Governance in Berlin und Brandenburg? In zwei Analysen haben wir den Stand der Dinge im Digitalisierungs-Klimaschutz-Nexus untersucht. Die Erkenntnis: Stadt und Land müssen von isolierten Ansätzen und Projekten zur Skalierung übergehen.
Sowohl in Berlin als auch in Brandenburg ist die Verbindung von Data-Governance mit Klimaschutz und -anpassung eine Seltenheit. Einzelne Veranstaltungen und Pilotprojekte existieren, wie beispielsweise „Gieß den Kiez“ oder „Smart E-Fleets“. Die Plattform Gieß den Kiez zeigt über 800.000 Berliner Stadtbäume und deren Wasserbedarf. Nutzer*innen könnnen sich entsprechend informieren und nach Bedarf Bäume mit gießen. Das Pilotprojekt Smart E-Fleets hilft großen Berliner Ver- und Entsorgungsunternehmen mit Elektroflotte maßgeblich bei der Disposition der Fahrzeuge und dem Management von Ladeinfrastruktur durch die Entwicklung eines unternehmensübergreifenden Sharing-Portals. So könnten Elektrofahrzeuge in Synergie genutzt werden. Akteure wie das City Lab in Berlin und die Digital Agentur Brandenburg sind entscheidend, aber eine klare Koordination, Zusammenarbeit sowie Skalierbarkeit fehlen bisher.
Die Projekte sind da, die Strategie fehlt
Die Einbindung der Wissenschaft in Data-Governance-Projekte zeigt sich besonders in Brandenburg. Beispielsweise demonstriert die Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam im Forschungsprojekt „Ex Trass“, wie Wissenschaft und Praxis voneinander profitieren können. „Ex Trass“ beschäftigt sich damit, wie sich Städte besser an Hitzewellen und Starkregenereignisse anpassen können. Kernbestandteil ist die digitale, datengetriebene Stadtklimakarte in Potsdam, welche eine Klimaanalyse samt Hitzebelastung, Vergleichsszenarien und Verbesserungshinweis umfasst. Diese soll als Grundlage für eine klimasensible, an den Klimawandel angepasste Stadtentwicklung dienen, und die Stadtverwaltungen dazu befähigen, eigenständig die städtische Resilienz zu bewerten und darauf aufbauend passgenaue Maßnahmen zur Verbesserung durchzuführen.
Die Nutzung von Datenportalen und -plattformen bietet eine Möglichkeit, Klimabezug in die Data Governance zu integrieren. Berlin und Brandenburg haben bereits verschiedene Portale, aber es fehlt an strategischer Priorität. Beispiele sind das digitale Monitoring- und Informationssystem des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (Dibek), Berlin Open Data, oder das Brandenburger Solar- und Gründachportal. Dibek dient der Überprüfung und Darstellung der Umsetzung sowie der Wirksamkeit der Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Darüber hinaus umfasst die Plattform das Monitoring unmittelbarer Folgen des Klimawandels im Land Berlin. Unserer Analyse nach, gibt das Online-Portal durchaus Einblicke in die Ziele, Aktivitäten und Erfolge. Allerdings sind die Eintragungen und Datensätze unregelmäßig, mittlerweile oft veraltet und nicht als Rohdaten für weitere Analysen verfügbar oder mit dem Open Data Berlin Portal gekoppelt.
Die Region braucht eine zentrale Daten Governance
Hochaufgelöste und überregionale Datensätze, wie beispielsweise Eubucco, bieten großes Potenzial Kommunenspezifische aber skalierbare Lösungen anzubieten. Eubucco ist eine wissenschaftliche Datenbank mit individuellen Gebäudegrundrissen für mehr als 200 Millionen Gebäude in den 27 Ländern der Europäischen Union und der Schweiz, zusammen mit drei Hauptmerkmalen – Gebäudetyp, Höhe und Baujahr. Ein unabhängiges Datenportal könnte hier Aufgaben der öffentlichen Daseinsfürsorge im Bereich Datengovernance übernehmen. Ein solches Portal könnte Datensätze mit klarem Fokus auf Klimaschutz und -anpassung standardisieren und Anwendungsbereiche aufarbeiten.
Die Metropolregion Berlin-Brandenburg agiert bisher dezentral und fragmentiert in der Umsetzung von Data Governance. Die Idee: ein holistisches Ökosystem aufbauen, in dem Wissenschaft, Netzwerke und lokale Initiativen interagieren, um Potentiale auszuschöpfen. Die Daten Governance muss als zentrales Tool für effektive Umsetzung von Klimamaßnahmen und Klimaschutz-Monitoring betrachtet werden. Es ist höchste Zeit, gemeinsam zu handeln und die digitalen Weichen für eine lebenswerte Zukunft zu stellen.
Marie Josefine Hintz ist Doktorandin an der Technischen Universität Berlin zum Thema Governance von Künstlicher Intelligenz im städtischen Klimaschutz. Sie ist Gastwissenschaftlerin an der Hertie School sowie Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change und Stipendiatin der Heinrich-Böll Stiftung.
Felix Creutzig ist Professor für Nachhaltigkeitsökonomie an der Technischen Universität Berlin und leitet die Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change. Zudem ist Professor Creutzig wissenschaftlicher Koordinator des Climate Change Center Berlin-Brandenburg. Felix Creutzig war auch maßgeblich beteiligt, die Rolle der Digitalisierung für den Klimaschutz im letzten Sachstandberichts des Weltklimarats hervorzuheben.