Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist das bislang größte Digitalisierungsprogramm der öffentlichen Hand in Deutschland. Erstmalig wirken Bund, Länder und Kommunen in einem derart großen Maßstab bei der digitalen Transformation der Verwaltung zusammen. Dabei kommt den Kommunen eine Schlüsselrolle zu. Denn sie erbringen den weitaus größten Teil der Verwaltungsleistungen, die nun den Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen auch digital angeboten werden sollen.
Kommunen werden an vielen Stellen beteiligt
Kritik, wie sie kürzlich im Tagesspiegel Background zu lesen war, wonach die Kommunen bei der OZG-Umsetzung schlecht informiert werden, kann somit nicht leichthin abgetan werden. Denn sie betrifft den Kern dieses ambitionierten Vorhabens. Einer Überprüfung hält sie ohnehin nicht stand: Jedenfalls auf der Ebene der Bund-Länder-Kooperation sowie in den Flächenländern Bayern und Nordrhein-Westfalen besteht eine gelebte Informations- und Arbeits-Partnerschaft zwischen Ländern und Kommunen. Eine – an die Länder gerichtete – pauschalisierte Kritik geht aus unserer Sicht an der Realität vorbei. Wenn sich jemand um die Kommunen kümmert, dann sind es die Länder.
Auf der Ebene der Bund-Länder-Kooperation sind die kommunalen Spitzenverbände beratende Mitglieder in den Sitzungen des IT-Planungsrats zum „Digitalisierungsprogramm Föderal“. Zusätzlich sind sie bei den Arbeitstreffen der für die OZG-Umsetzung zuständigen Abteilungsleiter von Bund und Ländern vertreten. Die Kommunen werden darüber hinaus durch die Länder selbst in den Gremien vertreten. Insbesondere Flächenländer wie NRW und Bayern bringen die kommunale Stimme fortwährend mit an den Tisch. Im Freistaat arbeiten das Land und die kommunalen Spitzenverbände etwa seit fast 20 Jahren im „E‑Government-Pakt“ eng zusammen und sorgen für einen kontinuierlichen Informationsfluss. Daneben gibt es eine ganze Reihe konkreter Maßnahmen, die wir hier nachfolgend anführen wollen.
Was in Bayern schon umgesetzt wird
Schon seit 2015 können die bayerischen Kommunen betriebskostenfrei BayernID und E-Payment in ihre digitalen Angebote einbinden. Ein Antragsmanager, mit dem zentral Online-Dienste umgesetzt werden, der BayernStore, über den Kommunen diese Angebote abonnieren können, sowie das BayernPortal und die BayernApp für kommunale und staatliche Verwaltungsleistungen, runden das Angebot ab.
Die Kommunen haben Zugriff auf das OZG-Monitoring-System, in welchem der Freistaat Bayern aktuelle Informationen zu den OZG-Projekten bereitstellt. Zusätzlich wurden den Kommunen Checklisten an die Hand gegeben, welche gezielt über kommunale OZG-Leistungen informieren – beispielsweise, ob eine „Eine für Alle“-Leistung zu erwarten ist, ob der Freistaat Bayern einen kostenlosen Online-Dienste bereitstellt oder ob bereits eine Marktlösung existiert. Darüber werden den Kommunen im Leitfaden zur Umsetzung des OZG auf kommunaler Ebene (BayernLOZE) häufig gestellte OZG-Fragen beantwortet.
Finanziell unterstützt der Freistaat seine Kommunen beim OZG mit rund 42 Millionen Euro im Förderprogramm „Digitales Rathaus“. Flankierend bietet die Bayerische Verwaltungsschule in Zusammenarbeit mit Freistaat und kommunalen Spitzenverbänden den „Grundkurs Digitallotse“ für Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter an.
Zusätzlich versorgt Bayern in einem Online-Vortragsprogramm die Kommunen mit OZG-Informationen. Besonders digitale Kommunen können die Auszeichnung Digitales Amt erhalten.
Wie NRW die Kommunen unterstützt
Das Land NRW hat nicht nur eine OZG-Koordinierungsstelle eingerichtet, die den Informationsaustausch bei den Umsetzungsplanungen zwischen Bund, Land und Kommunen begleitet. Es finanziert auch ein umfangreiches Beratungsangebot für Kommunen über das Competence Center Digitalisierung (CCD) beim Dachverband der kommunalen IT-Dienstleister (KDN). Dort stehen 14 Themenfeldkoordinatoren als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bereit. Regelmäßig führt der KDN zudem Regionalkonferenzen zur Information der Kommunen durch.
Das Land NRW suchte bei der OZG-Umsetzung von Beginn an den Schulterschluss mit den Kommunen. Schon im OZG-Aufbaustab waren die kommunalen Spitzenverbände eingebunden. Seitdem stellen die stetigen Arbeitsbeziehungen zwischen Land und Kommunen einen kontinuierlichen Informationsaustausch sicher.
NRW unterstützt die Kommunen mit vielfältigen finanziellen Leistungen sowie IT-Services, die von den Kommunen kostenlos genutzt werden können. Der NRW-CIO finanziert OZG-Portale für Kommunen (zum Beispiel das Kommunalportal.NRW) sowie die kommunale Dienste-Entwicklung. Die Landesregierung fördert die Digitalen Modellregionen Aachen, Gelsenkirchen, Paderborn, Soest und Wuppertal, die in 28 Projekten insgesamt Anforderungen zu 44 OZG-Leistungen abdecken. Das Land stellt auch sicher, dass die vom Bund bereitgestellten OZG-Mittel den Kommunen zu Gute kommen.
Seitdem die OZG-Umsetzung an Tempo gewinnt, weitet NRW das Informationsangebot für die Kommunen aus. Seit Ende August 2021 ist das OZG-Dashboard Online-Dienste NRW produktiv, das Auskunft über die in den NRW-Kommunen verfügbaren Online-Dienste gibt. Mitte November 2021 starteten das Land und die kommunalen Spitzenverbände eine umfassende Informationsplattform zur OZG-Umsetzung, die sich insbesondere an Kommunen und deren Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamte sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wendet: digital-direkt.nrw.
Zusammenfassend liegt in Nordrhein-Westfalen damit eine durchgängige „Informationskaskade“ vor: Die Plattform digital-direkt.nrw zeigt, welche OZG-Leistungen in die Vollzugsverantwortung der einzelnen Kommunen fallen. Das OZG-Dashboard NRW informiert dezidiert über bereits verfügbare Services in den Kommunen. OZG-Koordinierungsstelle und CCD geben zu laufenden Umsetzungsprojekten Auskunft. Das CCD berät die Kommunen zudem mit Blick auf Strategien für den Portalbetrieb.
Das Land NRW unterstützt die Kommunen auch in den angrenzenden Bereichen der Verwaltungsdigitalisierung. Kommunen können ihre offenen Verwaltungsdaten (Open Data) über das zentral vorgehaltene Open.NRW Portal zur Verfügung stellen. Mitte Dezember 2021 hat der landesweite Rollout des Beteiligungsportals begonnen, welches die Kommunen ab sofort kostenfrei zur Durchführung von Beteiligungsverfahren nutzen können. Bei der IT-Sicherheit bietet das Land die zeit- und inhaltsgleiche Zusendung aller eigenen Meldungen zur Informationssicherheit an. Stand Anfang Dezember 2021 nutzen bereits 63 kommunale Partner dieses Angebot.
Kommunen und der Bund sind ebenfalls gefordert
Nur die enge Partnerschaft mit den Kommunen kann erklären, warum Bayern und NRW nach dem OZG-Dashboard des Bundes im bundesweiten Vergleich so gut abschneiden. Die OZG-Umsetzung lebt vom Miteinander der unterschiedlichen föderalen Ebenen. Pauschale Schuldzuweisungen helfen hier nicht weiter. NRW und der Freistaat Bayern unterstützen deshalb ihre Kommunen mit zahlreichen Maßnahmen. Diese sind nun gefragt, die Angebote zu nutzen. Natürlich muss aber auch der Bund seine Hausaufgaben machen und zum Beispiel beim „Einer für Alle“-Prinzip die Praxistauglichkeit und Finanzierung für die Nutzung vor Ort in den Kommunen sicherstellen.
Andreas Meyer-Falcke ist seit September 2020 Chief Information Officer (CIO) der Landesregierung NRW. Zuvor war der Mediziner und FDP-Politiker Beigeordneter der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf für die Geschäftsbereiche Personal, Organisation, IT, Gesundheit und Bürgerservice sowie Verbandsvorsteher der IT-Tochter der Kommunen im Rheinland.
Hans Michael Strepp ist seit Februar 2019 Amtschef des neu gegründeten bayerischen Staatsministeriums für Digitales. Von 2013 bis 2019 bekleidete der Jurist den Posten als Hauptgeschäftsführer der CSU. Davor war Strepp war als Rechtsanwalt, Staatsanwalt und Richter sowie in der Bayerischen Staatskanzlei tätig.