Schlechte Planung, ewig lange Bauzeiten: Geschichten wie die des Flughafens Berlin-Brandenburg sorgen dafür, dass die Idee der Planungsbeschleunigung auf fruchtbaren Boden fällt. Gleichwohl brächte eine schnellere Planung wenig, wenn am Ende nicht ordentlich geplant wird. Viel zu viele Projekte in Deutschland dauern zu lange und wären schneller zu realisieren, wenn qualitativ besser geplant würde.
Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet verpackt die Erkenntnis nach Planungsbeschleunigung als Wunsch nach „Entfesselung“, die SPD benennt einen „Infrastrukturkonsens“ und bei der FDP wird ein „Planungsbeschleunigungsgesetz 2.0“ gefordert. Auch der Grüne Anton Hofreiter skizziert im „Handelsblatt“ pro forma einen „Deal“, den er im Falle eines Wahlerfolgs mit den Umweltverbänden aushandeln möchte. Ihnen den Schwarzen Peter für verzögerte Planung zuzuweisen, ist allerdings deutlich zu kurz gesprungen. Tatsächlich liegt der Anteil der durch Verbandsklagen veranlassten Entscheidungen gegen Infrastrukturvorhaben in Deutschland zuletzt bei nicht einmal einem Prozent.
Es fehlt vor allem Personal
Die Suche nach Lösungen für schnellere Planung startet reichlich spät. Schließlich hat es durch die Regierenden in Bund und Ländern in den vergangenen 16 Jahren keine Fortschritte bei der Beschleunigung von Verfahren gegeben. Die Gründe für Verzögerungen bei Planungs- und Genehmigungsverfahren werden häufig an der falschen Stelle gesucht oder – schlimmer noch – ihnen wird überhaupt nicht nachgegangen.
Vorstöße, wie jener von Verkehrs-Staatssekretär Enak Ferlemann im Gespräch mit Tagesspiegel Background, sind wenig zielführend. Sie verkennen den Kern des Problems, nämlich die mangelhafte, personelle Ausstattung der Behörden und gehen einseitig zu Lasten des Natur- und Artenschutzes. Dies könnte die Planungsqualität weiter erheblich reduzieren und Verfahren damit in der Konsequenz zusätzlich in die Länge ziehen.
Frühe Einbindung der Zivelgesellschaft
Die nächste Bundesregierung ist gut beraten, die Verfahrensdauer über eine gezielte Einbindung von Umweltverbänden und Betroffenen vor Ort sowie eine gezielte Stärkung der unteren Naturschutzbehörden zu verkürzen. Hinweise aus der Bevölkerung oder von Umwelt- und Naturschutzverbänden tragen sehr häufig zu substanziellen Verbesserungen der Planung bei. Würden diese Gruppen früher eingebunden, ließen sich vorab viele Einwendungen und die daraus hervorgehenden Verzögerungen vermeiden.
Ganz sicher ist: Die Beschneidung der Mitwirkungsrechte von Gesellschaft und Verbänden wird nicht dabei helfen, zu besseren und damit im Ergebnis auch schnelleren Verfahren zu kommen. Im Gegenteil, die Durchsetzung geltenden Rechts wird so gefährdet – und das zum Schaden von Allgemeinheit und Natur.
Es ist unzweifelhaft, dass Infrastruktur- und Energieprojekte in Deutschland zu viel Zeit benötigen, bis sie endlich realisiert werden. Das letzte Teilstück der ICE-Strecke Berlin – München wurde 2017 nach sage und schreibe 26 Jahren Bauzeit fertiggestellt. Ein extremes Beispiel.
Auch eine E-Auto-Fabrik muss genau geprüft werden
Von langen Bauzeiten sind auch Projekte betroffen, bei denen wir aus Gründen des Klimaschutzes vorankommen wollen. Etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien oder dem Umbau unserer Verkehrsinfrastruktur zugunsten umweltfreundlicherer Verkehrsträger. Hier wird die Tesla-Fabrik in Grünheide derzeit oft benannt.
Richtig ist, batterielektrische Fahrzeuge sind besser fürs Klima als welche mit fossilem Verbrennungsmotor. Diese Entwicklung ist zu fördern. Falsch ist es jedoch, beim Bau einer E-Auto-Fabrik aus diesem Grund nicht genau hinzusehen und Interessen des Naturschutzes oder der Trinkwassergewinnung zu ignorieren – auch dabei geht es um den Schutz unserer Lebensräume.
Vor uns liegt eine deutliche Kapazitätserweiterung bei der Bahn, wir brauchen überregionale Radwege und viele andere Projekte, um die Mobilitätswende energisch voranzutreiben. Die Energiegewinnung geht mit vielen neuen Projekten Hand in Hand. Zum Schutz vor Extremwetterereignissen muss der Umbau bestehender Infrastruktur forciert werden. Trotz höchster Eile und Entschlossenheit bewegen wir uns weiterhin mit Trippelschritten voran.
Entscheidend ist die Planungsqualität
Eine schnellere und bessere Planung ist essentiell für den anstehenden Umbau unserer Lebens- und Wirtschaftsweise. Entsprechend erfordert das Thema einen Wettbewerb der Ideen darüber, wie unser Land künftig gestaltet werden soll. Entscheidend für substanzielle Verbesserungen bei der Planung ist die Frage nach der Planungsqualität.
Bei Genehmigungsverfahren und Änderungen im Prozess wirkt sich die dünne Personaldecke in Gerichten und Behörden unmittelbar auf die Planungsdauer aus. Ohne eine personell und technisch adäquate Ausstattung der Behörden wird es nicht gelingen, die Organisation von Planungs- und Genehmigungsprozessen substanziell zu verbessern. Hier sind unter anderem die Bundesländer in der Pflicht.
Echte Ursachenforschung, statt Populismus
Es sind aber auch politische Versäumnisse. Nehmen wir den Bundesverkehrswegeplan. Der ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Darin sind weiterhin Autobahnen und Straßen geplant, als wüsste die Politik nicht, dass das Wachstum des motorisierten Individualverkehrs und der Bau neuer Straßen ein Holzweg ist. Versäumnisse der Vergangenheit holen uns so in der Gegenwart ein und erschweren den Weg in die klimaneutrale Zukunft.
Die Probleme liegen an anderer Stelle, als von der Politik beschrieben. Deshalb appelliere ich an alle Parteien, echte Ursachenforschung zu betreiben, statt mit Populismus zu agieren. Die nächste Bundesregierung sollte gleich zum Beginn der Legislatur nach echten Lösungen für diese Probleme suchen. Wir alle haben ein großes Interesse daran, relevante Projekte schnell und zuverlässig zu realisieren.