Eine groß angelegte Initiative von Staaten und Unternehmen hat sich im Rahmen der COP26 vor wenigen Tagen zu einem verbindlichen Ende für die Verbrennungsmotortechnik im Pkw-Bereich bekannt. Ein solcher Impuls ist, mit Blick auf die Entwicklung der Verkehrs-Emissionen in Deutschland, dringend notwendig. Denn: Der Mobilitätssektor ist hierzulande das Sorgenkind beim Herunterfahren der CO2-Emissionen. Zwischen 1990 und 2019 ist es in diesem Bereich laut Umweltbundesamt nicht gelungen, Treibhausgase nennenswert einzusparen.
Technische Effizienzgewinne verpufften in dieser Zeit allesamt mit dem stetig steigenden Verbrauch immer „durstigerer“ Aggregate unter den Automotorhauben. Das Ziel der Bundesregierung sieht aber vor, dass im Verkehr im Vergleich zum Bezugsjahr 1990 bis 2030 insgesamt eine Minderung des Treibhausgasausstoßes um 55 Prozent erreicht wird. Ein Verweis auf etwaige Einsatzmöglichkeiten für synthetische Kraftstoffe in klassischen Pkw-Motoren führt dabei leider in die Irre.
Grüner Strom ist ein rares Gut, das wir effizient nutzen müssen
Gegenstimmen zur eingangs genannten COP-Initiative haben diese angeblich wegen einer Fußnote abgelehnt, die explizit auch den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen für die Zukunft ausschließt. Als Argumentationshilfe für die Kritiker*innen eines klar bezifferten Verbrenner-Endes musste wieder einmal das Gebot der Technologieoffenheit herhalten.
Dieses Prinzip hat natürlich oftmals seine Berechtigung. Aber wir brauchen es nur dort, wo noch weitere Erkenntnisse zu sammeln sind, bevor es zu einer validen wissenschaftlichen Bewertung kommen kann. Derartige offene Fragen gibt es im Bereich der synthetischen Kraftstoffe aber nicht. Die Fakten liegen auf dem Tisch; die Beurteilung ist vorgenommen. Sie ergibt sich schlicht aus den Gesetzen der Physik. Und diese lassen keinen Spielraum für Interpretationen.
Die Energiemenge, die wir benötigen, um einen Pkw mit synthetischen Kraftstoffen für eine bestimmte Strecke anzutreiben, ist mindestens fünfmal größer als beim Einsatz von batteriebetriebenen Elektromotoren. Auch wenn wir den Energieaufwand für die Batterien hinzurechnen, ändert dies nichts an dem grundlegenden Missverhältnis. Wir würden für E-Fuels also den grünen Strom aus erneuerbaren Energien, der hierzulande wie in anderen Regionen noch immer ein vergleichsweise rares Gut ist, fahrlässig verschwenden müssen, obwohl es effizientere Lösungen gibt. Und nicht nur das. Es ist zu befürchten, dass die Marktdurchdringung von batteriebetriebenen E-Autos verlangsamt wird, weil ein Festhalten am Verbrennungsmotor irgendwie doch noch möglich erscheint. Wenn wir das Klima schnell und effektiv schützen wollen, müssen wir solchen Fehlentwicklungen unbedingt eine Absage erteilen.
Großes Potenzial in Luft- und Seefahrt für synthetische Kraftstoffe
Die Wissenschaft ist sich einig in ihrer Bewertung der E-Fuels. Zu dieser fachlichen Einschätzung gehört die Gewissheit, dass wir synthetische Kraftstoffe für den Klimaschutz unbedingt brauchen. Aber eben nicht im Pkw-Tank, sondern für die Nutzung in Luft- und Seefahrt sowie in der chemischen Industrie. Auch diese Bereiche benötigen viel Energie beziehungsweise emittieren große Mengen an Treibhausgasen. Mit grünem Strom betriebene batterieelektrische Antriebe können aber nicht in großen Flugzeugen oder Containerschiffen zum Einsatz kommen. In der Luft und auf hoher See sind synthetische Kraftstoffe derzeitig die einzige klimaschonende Alternative.
Als PtX Lab Lausitz haben wir den Auftrag, den Markthochlauf der zugrundeliegenden Power-to-X-Technologien zu ermöglichen. Wir stehen dabei vor einer Reihe von Herausforderungen. Die technischen Grundlagen für die Herstellung von E-Fuels sind zwar gut bekannt. Noch fehlen aber die Möglichkeiten, synthetische Kraftstoffe auch wirklich in großer Menge zu produzieren. Ausgerechnet die notwendige Abscheidung von CO2 – als eines der Ausgangsprodukte für E-Fuels – gestaltet sich beispielsweise als schwierig und erfordert große Mengen Energie.
Zudem steht die Frage im Raum, wie möglichst schnell die Kapazitäten für die Gewinnung von – ausdrücklich – zusätzlichem Strom aus erneuerbaren Energiequellen gesteigert werden können. Denn wir müssen verhindern, dass die Herstellung von E-Fuels andere effizientere Einsatzmöglichkeiten für grünen Strom ersetzt.
Die Liste der Aufgaben, die wir auf dem Weg zum Markthochlauf von PtX-Technologien zu erledigen haben, ist also noch lang. Der Einsatz lohnt sich aber. Wir als PtX Lab wollen in der Lausitz in den kommenden Jahren hart daran arbeiten, die Voraussetzungen für einen nachhaltigen Einsatz von synthetischen Kraftstoffen im Sinne von Klima- und Ressourcenschutz zu verbessern. Der Einsatz von E-Fuels im Pkw-Verkehr würde diesem Ziel im Weg stehen.