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Verkehr & Smart Mobility

Standpunkte Wissing als Verkehrsminister ungeeignet

Bernd Riexinger, Sprecher für nachhaltige Mobilität der Bundestagsfraktion Die Linke
Bernd Riexinger, Sprecher für nachhaltige Mobilität der Bundestagsfraktion Die Linke Foto: Roland Hägele

Volker Wissing liefert nicht, was die Klimaziele im Verkehr betrifft: Das Deutschlandticket setzt er nur zögerlich um, er weigert sich, ein Tempolimit auf Autobahnen und in Städten einzuführen und baut den öffentlichen Nah- und Fernverkehr nur zögerlich aus. Der Koalitionspartner, die Grünen, setzen dem zu wenig entgegen.

von Bernd Riexinger

veröffentlicht am 09.02.2023

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Die bisherige Bilanz der Arbeit von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist verheerend. Er hat kein Interesse daran, die selbst gesteckten Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen. Ganz im Gegenteil, er erweckt den Eindruck, eine klimagerechte Mobilitätswende mit seiner Passivität zu boykottieren.

Beispiele für sein politisches Versagen haben sich in den letzten Monaten viele angesammelt. Die zögerliche Umsetzung und Finanzierung des Deutschlandtickets, seine Weigerung, ein Tempolimit auf Autobahnen und in Städten einzuführen und der völlig unzureichende Ausbau des schienengebundenen öffentlichen Nah- und Fernverkehrs.

Stattdessen forciert das Verkehrsministerium ein Beschleunigungsgesetz zum schnelleren Ausbau von Autobahnen. Dieses Projekt ist völlig aus der Zeit gefallen. Eine Beschleunigung braucht es viel mehr bei der Reduzierung des privat genutzten Autos. Das möchte Wissing nicht, und so steckt die Ampelregierung seit Monaten in der Sackgasse. 

Grünen fehlt es an Durchsetzungsvermögen

Die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor müssen laut Klimaschutzgesetz des Bundes bis zum Jahr 2030 auf 85 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sinken. Das wäre im Vergleich zum Jahr 2019 fast eine Halbierung des aktuellen Ausstoßes. Nach Prognosen des Umweltbundesamts reichen die bisherigen politischen Maßnahmen nicht aus, um dieses Ziel zu erreichen. Bereits 2021 wurden die gesteckten Ziele verpasst. Statt nachzusteuern, geht Verkehrsminister Wissing in die entgegengesetzte Richtung. Er treibt lieber den Bau der Autobahn A100 voran, obwohl die Berliner Landesregierung dieses Projekt ablehnt, inklusive Berliner SPD und Grüne.

Viele Menschen haben bei der letzten Bundestagswahl die Grünen auch wegen ihrer Programmatik in der Klima- und Verkehrspolitik gewählt. Wir können gespannt sein, ob die Grünen in der Bundesregierung beim Ausbau der A100 „Nein“ sagen. Nach ihren Beschlüssen zu Lützerath zugunsten des Kohleabbaus und beim Fechenheimer Wald zugunsten des Ausbaus einer Autobahn muss das bezweifelt werden. Bisher war ihr Stehvermögen nicht besonders ausgeprägt. Nicht einmal bei einem Tempolimit können sie sich in der Ampel-Koalition und gegen die FDP durchsetzen.

Die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen führt laut aktuellen Zahlen bei 120 Km/h zu einer jährlichen Einsparung von über sechs Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Hunderte deutsche Städte fordern eine Anpassung des Straßenverkehrsgesetzes, um selbstständig auf Bundesstraßen ihrer Gemarkung Tempo 30 einzuführen. Auch in dieser Frage bewegt sich das Verkehrsministerium nicht.

Der Schienenausbau stockt seit Jahren, und in dieser Legislaturperiode wird sich auch wenig daran ändern. Von den über 30.000 Kilometer Schienennetz kamen letztes Jahr nur 74 Kilometer dazu, obwohl ein sehr großer Bedarf am Schienenausbau in der Fläche besteht. Diese Bilanz ist blamabel.

Aus dem Neun-Euro-Ticket nichts gelernt

Insbesondere für den Güterverkehr ist eine Verlagerung vom Lkw-Verkehr auf die Schiene dringend notwendig. Ein Drittel des bisherigen CO2-Ausstoßes kann durch eine solche Verlagerung eingespart werden. Wissing unternimmt kaum etwas gegen den latenten Personalmangel. Zwar hat die Bahn 25.000 Stellen ausgeschrieben, das reicht jedoch gerade mal aus, um die Fluktuation auszugleichen. Zur weiteren Personalgewinnung von Bahnpersonal müssen Löhne angehoben und Arbeitsbedingungen deutlich verbessert werden. Die Gewerkschaft EVG fordert für die anstehenden Tarifverhandlungen für ihre Kolleg:innen zu Recht 12,5 Prozent mehr Lohn und mindestens 650 Euro mehr im Monat.

Und letztlich hat Verkehrsminister Wissing aus dem erfolgreichen und bundesweit gültigen Neun-Euro-Ticket wenig bis nichts gelernt. Wissing weigert sich bis heute, den Ländern ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Aus dem Neun-Euro-Ticket soll nun das Deutschlandticket mit einem Preis von 49 Euro pro Ticket und im Abo werden. Auch gelingt die Umsetzung nur schleppend, da Wissing mit den Ländern wie auf dem Basar um die Modalitäten und Höhe der Finanzierung feilscht.

Mit der Weigerung, eine direkte Nachfolgeregelung für das erfolgreiche Neun-Euro-Ticket zu finden, wurde eine große Chance vertan. Das 49-Euro-Ticket ist ein Fortschritt für die Benutzer:innen des ÖPNV und der Bahn, ist jedoch zu weit vom Neun-Euro-Ticket weg, um Autofahrer:innen zum Umsteigen zu motivieren. Ärgerlich ist auch, dass eine soziale Komponente fehlt. Ein billigeres Ticket oder gar ein kostenfreies für Menschen ohne Einkommen, für Schüler:innen und Student:innen, Azubis oder Erwerbslose muss für ein reiches Land wie Deutschland drin sein.

Wenn Verkehrsminister Wissing weiter wie bisher kein Interesse an der Umsetzung der Klimaschutzziele im Verkehrssektor hat, dann soll er seinen Platz räumen.

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