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Agrar & Ernährung

Standpunkte Wärme aus Holz – Heizungstausch zulasten von Umwelt und Klima?

Sebastian Breer, Policy Advisor Climate and Energy
Sebastian Breer, Policy Advisor Climate and Energy Foto: Studio Monbijou Berlin/WWF

Mit Holz wird die Wärmewende verheizt, warnen Sebastian Breer und Susanne Winter vom WWF. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude setze Fehlanreize beim Klimaschutz und würde Steuermittel in Zeiten der Knappheit vergeuden.

von Sebastian Breer

veröffentlicht am 28.11.2023

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Die Wärmewende hat in diesem Jahr wahrscheinlich so viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie selten zuvor. Als die lähmende Debatte rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) nach der Sommerpause in eine politische Entscheidung mündete, wurde gleichzeitig eine Anpassung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) vereinbart. Damit sollen Investitionen in Effizienzmaßnahmen unterstützt und gleichzeitig die Reduzierung von Treibhausgasemissionen gefördert werden. Der Haushaltsausschuss hat vorletzte Woche in der Bereinigungssitzung eine neue BEG beschlossen, die ab Januar 2024 in Kraft treten soll – vorbehaltlich der Entwicklungen in der aktuellen Haushaltsdiskussion.

Eine kurze Bewertung vorweg: Die BEG könnte einen kräftigen Impuls für eine umweltfreundliche Wärmewende geben. Sie schafft es aber nicht, zentrale Schwächen im GEG oder der Wärmeplanung zu korrigieren. Durch einige deutliche Fehlanreize besteht nun zudem die Gefahr, nicht nur den Klimaschutz zu unterlaufen, sondern auch den Umweltschutz zunehmend zu gefährden. Denn die Förderkulisse für den Heizungstausch ändert sich durch die neue BEG grundlegend.

Was und wie wird ab Januar gefördert?

Kurzgefasst: In der BEG werden zunächst drei zentrale Fördersäulen eingeführt. Eine Grundförderung in Höhe von 30 Prozent der Investitionskosten beim Heizungstausch. Diese gilt für klimafreundliche Technologien wie Solarthermie und Wärmepumpen, aber auch für die Umrüstung auf Wasserstoff sowie Biomasseheizungen. Ausnahme: Fossile Heizungen.

Dazu kommt der „Klimageschwindigkeits-Bonus“ mit weiteren maximal 25 Prozent. Dieser gilt für fossile Heizungen, die älter als 20 Jahre sind, und reduziert sich schrittweise in den kommenden Jahren.

Die dritte Säule bildet der neue „Einkommens-Bonus“ in Höhe von 30 Prozent, der Haushalten mit weniger als 40.000 Euro zu versteuerndem Haushaltsjahreseinkommen zusteht. Für Wärmepumpen kann in bestimmten Fällen ein weiterer Sonderbonus in Höhe von fünf Prozent in Anspruch genommen werden. Die Fördersätze sind kombinierbar, allerdings sind sie auf maximal 70 Prozent sowie einer Höchstgrenze von 30.000 Euro Investitionskosten gedeckelt. Bisher waren maximal 40 Prozent bei einer Grenze von 60.000 Euro förderfähig.

Was steckt drin für den Klimaschutz?

Zur Erinnerung: Die Wärmewende verfolgt das Ziel, die Energieeffizienz zu steigern, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und auf nachhaltigere Energiequellen umzusteigen. Das GEG und das Wärmeplanungsgesetz (WPG) erweisen sich in diesem Zusammenhang als unzureichend. Die Wärmewende wird zunehmend in die Zukunft und Verantwortung zum Handeln vor allem auf Verbraucher:innen sowie Kommunen verlagert. Grund dafür ist beispielsweise, dass die kommunale Wärmeplanung in Deutschland größtenteils erst ab Mitte 2028 eingeführt sein soll und darüber hinaus großzügige Ausnahmeregelungen für die Transformation der Wärmenetze geschaffen wurden.

Dahingehend ist die neue Förderung beim Heizungstausch ein regelrechter Erfolg. Sie wirkt zeitnah und macht klimafreundliche Heizungen wettbewerbsfähiger. Wie hoch die Emissionsreduktion aus dem Zusammenspiel der drei Politikinstrumente tatsächlich sein wird, bleibt jedoch abzuwarten.

Die neue BEG hätte Potenzial, die Wärmewende gerade für einkommensschwache Haushalte anzufeuern und die Verwendung von effizienten sowie klimafreundlichen Technologien wie Wärmepumpen zu fördern. Die große Schwachstelle der BEG aber sind die Regelungen zum Einsatz von Biomasse, die klimapolitisch nicht zu verantworten sind.

Mit Holz wird die Wärmewende verheizt

Nachdem bereits das Gebäudeenergiegesetz und auch das Wärmeplanungsgesetz großen Spielraum für den Einsatz von Holz als Biomasse in der Wärmeversorgung geschaffen hatten, wird dies nun auch durch die BEG weiter forciert. Bereits im Juni warnte der WWF vor dem großflächigen Einsatz von Holz in der Wärmewende.

Die Wälder in Deutschland und weltweit sind bereits übernutzt, was erhebliche Auswirkungen auf die Biodiversität hat. Die steigende Nutzung von Holz in allen Bereichen beschleunigt die Waldschädigung und Entwaldung weiter – dies gefährdet Klima-, Umwelt- und Artenschutz zunehmend. Deutschland importiert bereits jetzt große Mengen Holz. Auch der Anteil der EU-Holzernte, der verbrannt wird, ist von 40 Prozent im Jahr 2005 auf 55 Prozent im Jahr 2017 gestiegen.

Holzverbrennung setzt das zuvor gebundene CO2 frei. Ein weitverbreiteter Irrglaube, auch in den Reihen der Bundesregierung, ist jedoch, dass die Verbrennung von Holz klimaneutral sei.

Da die Energieausbeute zudem geringer ist als bei gängigen anderen Heiztechnologien, wird wesentlich mehr CO2 freigesetzt, um dieselbe Wärmemenge zu erzeugen. So hat eine Pelletheizung pro gewonnene Kilowattstunde höhere CO2-Emissionen als eine Gasheizung. Das freigesetzte CO2 aus Holzverbrennung (wie auch anderen Emissionsquellen) könnte rechnerisch wieder gebunden werden. Dies geht aber im Wald in der schon laufenden Klimakrise viel zu langsam und findet durch die zunehmenden Waldschäden immer unzureichender statt.

Der Wald ist weltweit eine große Kohlendioxidquelle und auch in Deutschland entwickelt er sich in diese Richtung: Die Emissionen aus der Holzverfeuerung reichern sich also in der Atmosphäre an. Das wird bilanziell nicht ausreichend abgebildet.

Der vielleicht wichtigste Grund gegen die Holzverbrennung ist, dass der Wald als Kohlenstoffsenke auch zur Kompensation von anderen Sektoren und unvermeidbaren Emissionen vorgehalten werden muss. Die Emissionen aus Holzverbrennung sind hingegen vermeidbar – Alternativen sind vorhanden.

Auch Gesundheit durch Holzverbrennung gefährdet

Holzverbrennung setzt zudem gesundheitsschädliche Stoffe frei, darunter Feinstaub, PAK und Stickoxide. Zwar setzt die neue BEG durch einen Bonus in Höhe von 2500 Euro einen Anreiz zum Kauf von Biomasseheizungen, die nachweislich den Emissionsgrenzwert für Staub von 2,5 Milligramm Feinstaub pro Kubikmeter einhalten. Allerdings sind diese Vorgaben nicht bindend.

Holz ist ein wertvoller Rohstoff, der nur sehr begrenzt zur Verfügung steht. Er sollte daher nur in Ausnahmefällen für Heizzwecke herangezogen werden, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen. Wenn die Nachfrage nach Holzbiomasse – auch im Zuge der kommunalen Wärmeplanung – weiter steigt, muss verstärkt auf Rundholz aus unseren Wäldern und auf weitere Importe zurückgegriffen werden. Dies könnte gravierende Konsequenzen für die Holzbereitstellung für die stoffliche Holznutzung etwa in der Bauwirtschaft und ökologische Folgen für die Exportländer haben.

Verfeuern von Steuermitteln in Zeiten der Knappheit

Die staatliche Förderung der Verbrennung von Biomasse wie Holz schafft aus Sicht des WWF daher eine neue und zusätzliche klima- und umweltschädliche Subvention. In der alten Fassung der BEG war eine Biomasseförderung lediglich in der Kombination mit Solarthermie vorgesehen. Diese Vorgabe wurde gestrichen und greift nur noch für den Klimageschwindigkeits-Bonus.

Generell müssen klima- und umweltschädliche Subventionen zur Erreichung der Klimaziele ab- und umgebaut werden. Gerade in Zeiten, in denen die Haushaltssituation des Bundes mehr als schwierig ist, sollte die BEG daher nur tatsächlich klima- und umweltfreundliche Technologien fördern und auf diese beschränkt sein. Durch die nun beschlossene BEG setzt der Bund Fehlanreize, die den Klimaschutz teilweise konterkarieren.

Sebastian Breer ist Policy Advisor Climate and Energy beim WWF Deutschland. Dr. Susanne Winter arbeitet dort als Director Forest Policy.

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