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Digitalisierung & KI

Standpunkte Corona-Schock: Was die Verwaltung aus der Krise gelernt hat

Rubina Zern-Breuer von der Universität Speyer
Rubina Zern-Breuer von der Universität Speyer Foto: Privat

Mit der Coronakrise ist die Bedeutung der Digitalisierung auch in der Verwaltung endgültig angekommen. Jetzt heißt es, aus der Krise zu lernen, schreiben Jana Otto und Rubina Zern-Breuer von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Denn nur mit einer klugen Strategie lässt sich die nächste Krise bewältigen.

von Rubina Zern-Breuer

veröffentlicht am 12.08.2020

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Das digitale Zeitalter setzt der öffentlichen Verwaltung massiv zu: Ob es um die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes geht oder um Forderungen nach mehr Partizipation und Agilität in den Kommunen – die Verwaltungen stehen schon seit einiger Zeit vor großen Herausforderungen. Und nun bringt die Covid-19-Pandemie noch mehr „Druck auf den Kessel“ – beschleunigt sie den kulturellen und digitalen Wandel der Verwaltungen? Und wenn ja, wie kann ein „Rollback“ zu Vor-Corona-Zeiten verhindert werden?

Die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen und der Arbeit in den Kommunen hat unter dem Eindruck von Covid-19 besonders für die Verwaltungsmitarbeiterinnen- und -mitarbeiter an Wichtigkeit gewonnen. Zu dieser Erkenntnis kommen zwei aktuelle Studien des WITI-Projekts an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer, die sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeit in deutschen Verwaltungen beschäftigt haben (WITI – „Wissens- und Ideentransfer für Innovation in der Verwaltung“). Bei beiden Studien, bei denen im April und Mai 2020 jeweils etwa 400 Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter befragt wurden, bildeten die Erfahrungen der Teilnehmenden in ihrem Arbeitsalltag mit Covid-19 die Schwerpunkte. Methodisch war eine Studie als bundesweite Befragung konzipiert, die zweite Studie fokussierte sich auf die Stadtverwaltungen der Mittelstädte Speyer (Rheinland-Pfalz) und Soest (Nordrhein-Westfalen). 

Netzwerk als Trumpf im Transformationsprozess

Die Ergebnisse beider Studien übereinandergelegt, ergibt sich ein spannendes Bild: Besonders im Bereich der Digitalisierung entwickelte sich die Pandemie zum Katalysator. Die Kommunen reagierten kurzfristig mit flexiblen Strukturveränderungen und neuen Lösungsansätzen, die zu einem erheblichen Vertrauensgewinn der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit ihrer Kommunalverwaltungen führten. Kommunen bildeten Krisenstäbe, passten Arbeitsprozesse an und regelten Zuständigkeiten für bestimmte Arbeitsbereiche neu. Auch wenn sich das zunächst nicht nach besonders neuartigen Entwicklungen anhört – für die Öffentliche Verwaltung ist das Innovationspotenzial nicht zu unterschätzen. 

Es hat sich hierbei gezeigt, dass insbesondere jene Verwaltungen die Krise bislang gut überstanden haben, die bereits ein starkes Netzwerk zu anderen Behörden, Unternehmen und zur Zivilgesellschaft geknüpft hatten: Rund die Hälfte aller Verwaltungen intensivierte diese Kooperationsbeziehungen während der ersten Wochen der Pandemie. 

Magere Krisenressourcen in Behörden

Die Krise traf viele Verwaltungen auch in Bezug auf internes digitales Arbeiten unvermittelt. Bundesweit setzten die Verwaltungen kurzfristig Homeoffice für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um. Im regionalen Fokus wurde jedoch deutlich, dass hierfür sowohl IT-Ressourcen, etwa Hard- und Software, als auch Knowhow an vielen Stellen fehlen: Viele Befragte gaben an, dass das Wissen über neue Kommunikationswege und digitale Tools in den Verwaltungen noch nicht ausreichend vorhanden sei. Zudem scheint das interne Krisenmanagement noch verbesserungswürdig zu sein – zwei Drittel der Befragten der bundesweiten Studie arbeiten in Verwaltungen, in denen entweder keine Krisenstrategien vorhanden waren oder diese nicht kommuniziert wurden.

Während die Ressourcenlage in den Kommunen ein Dauerproblem ist, das dringend Gehör finden sollte, sollte in punkto Wissen und Kommunikation schneller reagiert werden: Eine klare Kommunikationsstrategie für den internen und externen Bereich, die gemeinsam erarbeitet und für Bereiche wie etwa Wissensaustausch und Krisenhandeln eingesetzt wird, könnte hier Abhilfe schaffen und letztendlich auch das Homeoffice erleichtern. Denn ein entscheidender Faktor für ein glaubwürdiges Krisenhandeln der Verwaltungen ist eben genau das: Eine transparente und kompetente Kommunikation der Führungsebene nach innen und außen. Nicht nur, um Sachlichkeit, Transparenz und Konsistenz in der Sache zu gewährleisten, sondern auch, um Vertrauen zu schaffen und das Engagement der Mitarbeitenden zu fördern.

Strategien für die nächste Krise schmieden

Dies kann der Startpunkt für einen nachhaltigen Kulturwandel sein, der einerseits Raum lässt für Eigeninitiative und andererseits klare Verantwortlichkeiten kenntlich macht. Durch die stärkere Transparenz und Kommunikation der Verwaltungstätigkeiten nach außen würde auch dem Wunsch vieler Befragter entsprochen werden, ein positives, modernes Bild der öffentlichen Verwaltung in der Gesellschaft zu verankern. Das ist umso wichtiger, wenn man sich vergegenwärtigt, dass derzeit die Stimmung mancherorts auf kommunaler Ebene wieder zu kippen droht.

Für die Verwaltungen ist es nun entscheidend, den Blick auf die Veränderungen während der Covid-19-Pandemie zu richten und gleichzeitig zu überlegen, welche neuen Errungenschaften beibehalten werden sollen. So kann eine Prophylaxe für zukünftige Krisensituationen geschaffen werden. Den Schlüssel für eine solche Strategie bilden die Bereitstellung von Ressourcen für Digitalisierung, starke Netzwerke, transparente interne und externe Kommunikation sowie ein klares Bekenntnis der Entscheiderinnen und Entscheider zum Wandel. 

Dr. Rubina Zern-Breuer leitet das Innovationslabor des WITI-Projekts und forscht in diesem Zusammenhang zu Innovation, Partizipation und Transfer zwischen Verwaltung, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Gemeinsam mit dem Stadtlabor Soest hat sie eine Studie zum Arbeitsalltag unter Covid-19 in den Städten Speyer und Soest erstellt. 

Jana Otto ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im WITI-Projekt und forscht zu Wissensmanagement und Innovationen in der Verwaltung in Krisensituationen. Die von ihr betreute bundesweite Studie fokussiert sich auf die Krisenfestigkeit deutscher Kommunalverwaltungen.

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